Butler Parker Staffel 6 – Kriminalroman. Günter Dönges
Verdacht hegen, wer dieser Täter sein könnte?“
Parker hatte sich an den General-Manager gewendet und sah ihn kühl und forschend an.
„Keine Ahnung, wer uns diesen bösen Streich gespielt haben könnte“, antwortete Draken, der diesmal besser verstanden hatte, „glauben Sie, daß die Konkurrenz dahinterstecken könnte?“
„Ausgeschlossen.“ Mike Rander schüttelte den Kopf. „Ich denke, diese Möglichkeit brauchen wir nicht näher zu beleuchten. Der Konkurrenzkampf mag noch so hart sein, Draken, zu solchen Mitteln würde man aber niemals greifen.“
„Hier in Texas herrschen rauhe Methoden“, gab Draken zu überlegen. Er wollte noch weiterreden, doch in diesem Moment erschien ein zweiter Jeep, der heftig und hart bremste.
Ein drahtiger, junger Mann von etwa dreißig Jahren stieg aus. Er schien zu den leitenden Angestellten zu gehören. Er trug den in diesen Kreisen obligaten, dunklen Anzug. Der Schutzhelm aus Plastik, den auch er hier draußen im Gelände trug, verlieh diesem Mann einen fast verwegenen Ausdruck.
„Ein Eilbrief für Sie, Sir“, rief er Draken zu, „wurde eben beim Pförtner in der Hauptverwaltung abgegeben!“
„Hat das nicht Zeit, Elsner?“ fragte Draken unwirsch. Dann stellte er vor: „Das ist Walt Elsner, mein Assistent … Mister Rander … Butler Parker!“
Die Männer nickten sich zu, während Draken den Brief förmlich auffetzte.
Er überlas die wenigen Zeilen und reichte das Schreiben dann kommentarlos an Mike Rander weiter. Der Anwalt las ebenfalls und ließ es in Parkers Hände weitergehen.
„Als der Eilbrief abgegeben wurde, wurde ich angerufen“, erläuterte Walt Elsner, der Assistent von Draken. „Eine sehr undeutliche Stimme forderte mich auf, diesen Brief sofort an Sie weiterzuleiten … Ich wollte eigentlich schon auflegen … Da sprach diese Stimme aber von den ausgebrannten Öltanks.“
„Und übertrieb gewiß nicht“, schaltete Parker sich ein und reichte den Brief an Draken zurück. „Sie haben ja gelesen, was der Verfasser dieses Schreibens mitteilt. Er verlangt nicht weniger als eine Million Dollar und erklärt sich bereit, nach Zahlung an ihn auf weitere Tiefflugangriffe auf die Raffinerie zu verzichten.“
„Dieser Bursche muß wahnsinnig sein“, stöhnte Draken, der sich inzwischen von seiner Überraschung erholt hatte. „Eine Million Dollar! Wie stellt er sich das vor?“
„Nähere Einzelheiten werden Ihnen laut Schreiben noch zugehen“, redete der Butler gemessen und würdevoll weiter. „Die Frage ist nun, ob Sie sich an die Polizei wenden wollen. Für diesen Fall nämlich droht der Attentäter mit weiteren Luftangriffen.“
„Dieser Kerl muß wahnsinnig sein“, wiederholte sich Draken.
„Möglich, daß ein gewisser Wahnsinn im Spiel ist“, schloß der Butler, „aber dann ist zu bemerken, daß dieser Wahnsinnige ein zielstrebiger Geschäftsmann sein muß, der genau weiß, was er will.“
*
„Glauben Sie an einen geistesgestörten Täter?“ erkundigte sich Mike Rander, als er zusammen mit seinem Butler zurück nach Midland fuhr. Sie hatten sich in dieser Stadt von rund sechzigtausend Einwohnern, die fast ausschließlich in der Ölindustrie arbeiteten, in einem kleinen Motel eingemietet.
„Mitnichten, Sir“, gab Parker zurück, der am Steuer seines hochbeinigen Monstrums saß, „der Täter, falls er sich nur um eine Einzelperson handelt, weiß sehr genau, was er will.“
„Eine Million Dollar!“ Rander schüttelte den Kopf. „Der Mann ist nicht gerade bescheiden. Ob er wohl weiß, wie schwer es ist, soviel Geld zu übernehmen, ohne dabei erwischt zu werden?“
„Mit Sicherheit, Sir, hier dürfte es sich meiner bescheidenen Ansicht nach um einen genau durchdachten Plan handeln, in den jede Eventualität einkalkuliert ist.“
„Wo setzen wir den Hebel an?!“
„Ich muß zu meinem unendlichen Bedauern gestehen, daß ich in der Luft hänge, wie der Volksmund es so treffend ausdrücken würde. Man muß wohl vorerst auf weitere Äußerungen oder Handlungen des Täters warten, Sir!“
Während der Butler noch sprach, richtete er sich noch steiler auf, als es ohnehin der Fall war.
„Was ist los?“ Rander wurde unruhig.
„Darf ich mir erlauben, Sir, Sie auf das Geräusch eines Flugzeugmotors aufmerksam zu machen?“
„Stimmt … Eine Maschine. Scheint eine kleine Kiste zu sein!“
„In der Tat, Sir!“
„Na, und?“
„Auch die Raffinerie wurde von einem kleinen Sportflugzeug angegriffen. Darf ich den Vorschlag machen, die Fahrt für wenige Augenblicke zu unterbrechen?“
„Rechnen Sie etwa mit einem Angriff?“
Mike Rander hatte den Satz noch nicht ganz beendet, als das Geräusch des Flugzeugmotors erschreckend laut wurde. Ein schrilles Pfeifen, das auf einen Sturzflug hindeutete, kam hinzu.
Parker reagierte augenblicklich. Er ließ sich nicht das Gesetz des Handelns nehmen. Er steuerte sein hochbeiniges Monstrum, wie sein Privatwagen genannt wurde, geschickt und schnell von der Straße herunter und brachte es unter dem Blätterdach einer riesigen Akazie erst einmal in Deckung.
Nun war das Sportflugzeug zu sehen.
Der Pilot schien durch Parkers Manöver etwas aus der Fassung geraten zu sein. Er riß die wendige, schnelle Maschine hoch und kurvte nach links weg. Das Flugzeug verschwand hinter den Hügeln, die die Straße säumten.
„Das galt uns“, sagte Rander, der den Wagen verließ.
„Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, Sir!“
„Rechnen Sie mit kleinen Überraschungen?“
„In der Tat, Sir. Durch Umstände, die Ihnen und meiner Wenigkeit im Moment noch unbekannt sein dürften, hat sich das Interesse des Attentäters auf uns konzentriert. Er fürchtet wahrscheinlich um seine ungestörte, zukünftige Arbeit!“
„Können wir diesem komischen Piloten keinen Denkzettel verpassen?“
„Ich habe mir erlaubt, Sir, bereits einige Vorbereitungen zu treffen“, antwortete Parker, der den Kofferraum seines Monstrums geöffnet hatte und darin herumkramte. Das heißt, der Ausdruck ,kramen‘ paßte keineswegs. Im hinteren Teil des Kofferraums befanden sich fest eingebaute Schubladen, die Überraschungen aller Art enthielten, über die Parker stets souverän verfügte.
So auch in diesem Fall.
„Die Maschine!“ rief Mike Rander, der sich auf reine Luftbeobachtung konzentriert hatte. Er deutete hinüber zur nahen Hügelkette und kennzeichnete damit das einmotorige Flugzeug, das einen zweiten Anflug unternahm.
„Worauf warten Sie noch?“ rief Mike Rander nervös und sah verwundert zu seinem Butler hinüber, der tatenlos neben dem Kofferraum stand.
„Ich möchte vorschlagen, Sir, die Regeln des Fair play einzuhalten“, erwiderte Parker gemessen, „noch hat der Pilot die Feindseligkeiten nicht eingeleitet.“
„Aber jetzt!“ erwiderte Rander trocken und deutete hinauf zur Maschine, von deren Rumpf sich eine Art Wassereimer löste, der durch die Luft segelte und dann mit einem dumpfen Aufschlag auf dem Boden landete.
Rander und Parker nahmen volle Deckung.
Bruchteile von Sekunden später platzte dieser wassereimerähnliche Gegenstand mit einer harten Detonation auseinander und schleuderte etwa einen halben Kubikmeter Erdboden und Steinbrocken durch die Luft.
Rander, Parker und das hochbeinige Monstrum konnten von Glück sagen, daß dieser Gegenstand so schlecht und wahrscheinlich überhastet plaziert worden war. Er hatte sein Ziel gründlich verfehlt, was aber nicht besagte, daß der