Butler Parker Staffel 6 – Kriminalroman. Günter Dönges
erhob.
„Ich würde dies als eine solche betrachten, Sir!“ Parker fand noch ausreichend Zeit, eine kleine Bürste aus einer Tasche hervorzuzaubern. Damit pflegte er das Jackett seines jungen Herrn, der erst mit einer Spätzündung von einigen Sekunden begriff, was sein Butler da tat.
„An Ihrer Stelle hätte ich jetzt andere Sorgen“, meinte er etwas unwillig und schüttelte seinen Butler ab, „rechnen Sie damit, daß auch die nächste Bombe ihr Ziel verfehlen wird?“
„Mit Sicherheit, Sir!“
„Seit wann betätigen Sie sich als Prophet?“
„Ich werde mir die Freiheit nehmen, mich als Scharfschütze zu betätigen, Sir.“ Parker hob das sehr kurzläufige Gewehr hoch, das er gegen den Kofferraum gelehnt hatte.
„Noch nie gesehen“, stellte Rander erstaunt fest, „seit wann befindet es sich in Ihrem Besitz?“
„Eine Spezialkonstruktion, Sir, die ich mir zugelegt habe“, erläuterte der Butler, „ich hoffe, der Pilot wird meine Bemühungen anerkennen!“
*
Der Pilot ahnte noch nichts von seinem Glück.
Er befand sich im Anflug und visierte die Hügelkette an. Diesmal wollte er es schaffen. Es war seine Absicht, über die Miniberge zu springen, die Maschine scharf anzudrücken und dann die nächste Splitterbombe zu werfen.
Aus Gründen der Tarnung und Sicherheit trug er einen Jet-Helm, wie er von Piloten für Düsenmaschinen benutzt wird. Eine getönte Pilotenbrille vervollständigte die Maskerade. Der Pilot wollte auf keinen Fall selbst durch einen blinden Zufall erkannt werden.
Er war übrigens sehr ärgerlich auf sich.
Er wußte genau, mit wem er es zu tun hatte. Die beiden Männer da unten neben dem hochbeinigen Wagen unterschätzte er auf keinen Fall. Gewisse Dinge über sie hatten sich in einschlägigen Fachkreisen längst herumgesprochen. Es war dem Piloten eine Freude, diese beiden Männer nun ins Jenseits zu schicken. Schaffte er es, konnte er sich persönlich etwas darauf einbilden. Darüber hinaus aber konnte er mit dem Beifall vieler Freunde rechnen.
Er hatte die Hügelkette passiert und orientierte sich blitzschnell.
Da war noch dieses hochbeinige Monstrum! Es stand nach wie vor unter dem breiten Baum. Und da waren auch die beiden Schnüffler wie er sie nannte.
Sie hatten die Deckung des Baumes verlassen und sich neben einigen Felsklötzen auf gebaut. Wahrscheinlich wollten sie dort Schutz suchen, sobald der eigentliche Angriff begann.
Der Pilot, der sein Gesicht sorgfältig getarnt hatte, korrigierte ein wenig die Richtung und drückte noch schärfer an. Er brauchte sich nun nicht mehr um den hinderlichen Baum zu kümmern. Das Gelände war jetzt frei und zugänglich.
Er sah deutlich, daß dieser schwarzgekleidete Parker plötzlich so etwas wie ein Gewehr anhob.
Der Pilot fletschte lächelnd seine Zähne. Ein Gewehr! Lächerlich! Damit war nichts auszurichten. Er visierte jetzt gerade den Butler an und wartete darauf, die Splitterbombe lösen zu können.
Er mußte damit länger warten, als er gedacht hatte!
Plötzlich sah er nämlich nichts mehr.
Seine Maschine befand sich in einem gelb-weißen Nebel, der ihm jede Sicht nahm. Die Frontscheibe der Maschine war wie mit einem dünnen, aber undurchdringlichen Film bedeckt.
In panischer Angst, völlig überrascht und in Sorge, in Bodenberührung zu kommen, riß der Pilot die Maschine hoch und vergaß darüber, die Splitterbombe zu lösen.
Er legte die Maschine in eine enge Kurve und hoffte, dem weißgelben Nebel entkommen zu können.
Der Nebel blieb! Der Nebel war identisch mit dem hauchdünnen Film auf der Frontscheibe des Cockpits.
Dem Attentäter in der Maschine brach kalter Schweiß aus. Er dachte verständlicherweise an die Landung, die ja irgendwann einmal stattfinden mußte. Und er sah keine Möglichkeit, diesen undurchsichtigen Film vorn auf der Scheibe zu beseitigen.
Er sah verzweifelt seitlich zum Cockpit hinaus. Aber auch dort haftete bereits ein Film, der zwar noch vage Umrisse erkennen ließ, dann aber von Sekunde zu Sekunde immer dichter und undurchsichtiger wurde.
Der kalte Schweiß, den der Pilot verspürte, hitzte sich nun auf. Die ersten Schweißperlen der Angst tropften von der Stirn, rannen über seine Nasenspitze und verloren sich im hochgezogenen Schal, der die Mundpartie unkenntlich machte!
*
„Was war denn das?“ fragte Rander verblüfft, als die Maschine sich in steiler Kurve entfernte.
„Das Gegenmittel, wenn ich mich so ausdrücken darf, von dem zu sprechen ich mir vor wenigen Minuten erlaubte.“
„Einfach sagenhaft, was Sie da wieder ausgeheckt haben, Parker. Und wie wirkt das Zeug?“
„Auf Säurebasis, Sir! Die Ladung besteht aus Säureschrot, der Plexiglas aggressiv angreift und blind werden läßt! Da die Cockpits kleiner und größerer Sportmaschinen mit Plexiglas versehen sind, durfte ich der Wirkung gewiß sein!“
„Sollten Sie zum Patent anmelden“, erwiderte Rander lächelnd, aber immer noch beeindruckt, „und was geschieht jetzt mit dem Mann in der Flugzeugkanzel?“
„Er wird in einige Schwierigkeiten geraten, falls ihm nichts einfällt, Sir. In diesem Zusammenhang darf ich vielleicht den Vorschlag machen, sich umgehend mit der Luftüberwachung in Verbindung zu setzen.“
„Und warum?“
„Weil dort in der Regel zentral gemeldet wird, wenn ein Flugzeug irregulär landet oder zu Boden kommt!“
„Rechnen Sie mit einem Absturz?“
„Keineswegs, Sir, das hieße, den Piloten der Sportmaschine erheblich unterschätzen.“
*
Mike Rander wollte zurück in den Wagen steigen. Für ihn war der Zwischenfall bereits vergessen. Seitdem er einen gewissen Josuah Parker in seine Dienste genommen hatte, war sein Leben grundlegend verändert worden. Seit dieser Zeit schlitterte er im wahrsten Sinne des Wortes von einem Abenteuer ins andere. Seit dieser Zeit lebte er kein ruhiges Leben mehr. Seit dieser Zeit hatte er es sich abgewöhnt, sich über aufregende Zwischenfälle Gedanken zu machen.
Parker hatte zwar keineswegs etwas dagegen, daß sein junger Herr in den Wagen stieg und sich bereits sicherheitshalber anschnallte, da er die Fahrkünste seines Butlers nur zu gut kannte, aber Josuah Parker setzte sich nicht ans Steuer.
Er warf einige Papphülsen rechts und links vom Wagen auf den steinigen Boden, um erst dann am Steuer Platz zu nehmen.
„Was war denn das?“ fragte Mike Rander mißtrauisch und zuckte unwillkürlich zusammen, als die Papphülsen mit dumpfem Knall auseinanderbarsten und dunkle Rauchwolken freigaben.
„Ich hoffe die Illusion eines Wagenbrandes erwecken zu können“, erläuterte der Butler ungerührt, „um es mit anderen Worten auszudrücken, ich hoffe sehr, daß der Pilot mit Komplicen zusammenarbeitet, die auf diesen Brand warten.“
„Von einer Verständigung über Funk haben Sie wohl noch nie etwas gehört, wie?“ Randers Stimme klang ironisch.
„Selbst dann, Sir, wenn der Pilot per Funk seinen Mißerfolg durchgegeben hat, werden die Rauchwolken eine gewisse Neugier hervorrufen. Ich baue und vertraue darauf!“
„Hoffentlich haben Sie nicht auf Sand gebaut! Ich muß allerdings zugeben, daß die Rauchwolken verdammt echt wirken! Kaum noch was zu sehen!“
Mike Rander sah durch die Seitenscheiben hinaus auf die wallenden Rauchwolken, die jetzt vom leichten Wind erfaßt wurden und hinüber zur nahen Straße wehten.
Es dauerte nur wenige Minuten, bis ein kleiner Lastwagen mit Kastenaufbau auf der nahen Straße erschien. Er hielt an. Der Fahrer