H. G. Wells – Gesammelte Werke. Herbert George Wells

H. G. Wells – Gesammelte Werke - Herbert George Wells


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ein­an­der schwei­gend an, und dann auf die fan­tas­ti­sche Ve­ge­ta­ti­on, die rings schwank­te und sicht­lich und ge­räusch­los wuchs. Und im­mer noch dau­er­te das schril­le Pfei­fen fort.

      Mir be­gan­nen die Blut­ge­fäße in den Ohren zu po­chen, und das Geräusch von Ca­vors Be­we­gun­gen wur­de schwä­cher. Ich be­merk­te, wie still durch die Ver­dün­nung der Luft al­les ge­wor­den war.

      Wie un­se­re Luft aus den Schrau­ben­gän­gen aus­zisch­te, kon­den­sier­te sich ihre Feuch­tig­keit in klei­nen Wol­ken.

      Als­bald emp­fand ich eine ei­gen­tüm­li­che Kurzat­mig­keit, die auch die gan­ze Zeit an­dau­er­te, wäh­rend der wir der äu­ße­ren At­mo­sphä­re des Mon­des aus­ge­setzt wa­ren; und eine ziem­lich un­an­ge­neh­me Emp­fin­dung an den Ohren und Fin­ger­nä­geln und dem Hals­rücken dräng­te sich mei­ner Auf­merk­sam­keit auf und ver­ging wie­der.

      Aber dann ka­men Schwin­del und Übel­keit, die mei­nen Mut so­fort än­der­ten. Ich dreh­te den Ver­schluss des Ein­stei­ge­lochs eine hal­be Wen­dung hin­ein und gab Ca­vor eine has­ti­ge Er­klä­rung; aber jetzt war er der san­gui­ni­sche­re. Er ant­wor­te­te mir mit ei­ner Stim­me, die au­ßer­or­dent­lich lei­se und fern klang, weil die Luft, die den Schall trug, so dünn war. Er emp­fahl einen Schluck Brannt­wein und gab mir das Bei­spiel, und als­bald fühl­te ich mich bes­ser. Ich dreh­te den Ver­schluss des Lo­ches wie­der auf. Das Po­chen in mei­nen Ohren wur­de lau­ter, und dann merk­te ich, dass der pfei­fen­de Ton des Auss­trö­mens auf­ge­hört hat­te. Eine Zeit lang konn­te ich mich nicht ver­ge­wis­sern, dass er auf­ge­hört hat­te.

      »Nun?«, sag­te Ca­vor mit dem Geist ei­ner Stim­me.

      »Nun?«, sag­te ich.

      »Sol­len wir fort­fah­ren?«

      Ich dach­te. »Ist das al­les?«

      »Wenn Sie es aus­hal­ten kön­nen.«

      Statt der Ant­wort fuhr ich mit dem Auf­schrau­ben fort. Ich hob den run­den Ver­schluss von sei­ner Stel­le und leg­te ihn vor­sich­tig auf den Bal­len. Eine Flo­cke Schnees wir­bel­te und ver­schwand, als die­se dün­ne und un­ge­wohn­te Luft un­se­re Sphä­re in Be­sitz nahm. Ich knie­te nie­der und setz­te mich dann auf den Rand des Ein­stei­ge­lochs und späh­te hin­aus. Un­ten, einen Me­ter nur von mei­nem Ge­sicht ent­fernt, lag der un­be­tre­te­ne Schnee des Mon­des.

      Es folg­te eine klei­ne Pau­se. Un­se­re Au­gen tra­fen sich.

      »Es be­drückt Ihre Lun­gen nicht zu sehr?«, sag­te Ca­vor.

      »Nein«, sag­te ich. »Dies kann ich aus­hal­ten.«

      Er streck­te die Hand nach sei­ner De­cke aus, steck­te den Kopf durch das zen­tra­le Loch und wi­ckel­te sie um sich. Er setz­te sich auf den Rand des Ein­stei­ge­lochs und ließ die Füße hin­ab, bis sie dem Mond­bo­den auf sechs Zoll nahe wa­ren. Er zö­ger­te einen Mo­ment, sprang die­se paar Zoll hin­ab und stand auf dem un­be­tre­te­nen Bo­den des Mon­des.

      Als er hin­austrat, wur­de er von dem Glas­ran­de gro­tesk ver­zerrt. Ei­nen Mo­ment stand er still und blick­te hier­hin und dort­hin. Dann zog er sich zu­sam­men und sprang.

      Das Glas ver­zerr­te al­les, aber es schi­en mir so­gar ein ganz un­ge­wöhn­lich großer Sprung zu sein. Er war mit ei­nem Satz in die Fer­ne ge­rückt. Er schi­en zwan­zig oder drei­ßig Fuß weit fort zu sein. Er stand hoch auf ei­ner Fel­sen­mas­se und ges­ti­ku­lier­te nach mir zu­rück. Vi­el­leicht rief er – aber der Klang er­reich­te mich nicht. Aber wie zum Teu­fel hat­te es das ge­macht? Ich kam mir vor wie ein Mann, der ge­ra­de einen neu­en Be­schwö­r­er­trick ge­se­hen hat.

      In ei­nem ver­wirr­ten Geis­tes­zu­stand sprang auch ich zum Ein­stei­ge­loch hin­aus. Ich rich­te­te mich auf. Gera­de vor mir war die Schnee­trift zu­sam­men­ge­sun­ken und hat­te eine Art Gra­ben ge­bil­det. Ich mach­te einen Schritt und sprang.

      Ich merk­te, dass ich durch die Luft flog, sah den Fel­sen, auf dem er stand, mir ent­ge­ge­nei­len, pack­te ihn und klam­mer­te mich in ei­nem Zu­stand un­end­li­chen Ent­set­zens an.

      Ich keuch­te ein müh­sa­mes La­chen. Ich war furcht­bar ver­wirrt. Ca­vor bück­te sich und schrie mir in piep­sen­den Tö­nen zu, vor­sich­tig zu sein.

      Ich hat­te ver­ges­sen, dass auf dem Mond, der nur ein Ach­tel der Mas­se der Erde hat und ein Vier­tel ih­res Durch­mes­sers, mein Ge­wicht kaum ein Sechs­tel des­sen war, was es auf der Erde ge­we­sen war. Aber jetzt be­stand die­se Tat­sa­che dar­auf, dass man an sie dach­te.

      »Wir sind nicht mehr am Gän­gel­band der Mut­ter Erde«, sag­te er.

      Mit ei­ner vor­sich­ti­gen An­stren­gung hob ich mich auf die Spit­ze und mit so sorg­fäl­ti­ger Be­we­gung, wie ein rheu­ma­ti­scher Pa­ti­ent, rich­te­te ich mich un­ter dem Son­nenglanz ne­ben ihm auf. Die Sphä­re lag hin­ter uns auf ih­rer schwin­den­den Schnee­trift, drei­ßig Fuß ent­fernt.

      So weit das Auge über den un­ge­heu­ren Fel­sen­wirr­warr, der den Kra­ter­bo­den aus­mach­te, bli­cken konn­te, sprang das­sel­be stach­li­ge Busch­werk, das uns um­gab, ins Le­ben, hier und dort va­ri­iert durch bau­chi­ge Mas­sen ei­ner Kak­tus­form und schar­lach­ne und pur­pur­ne Flech­ten, die so rasch wuch­sen, dass sie über die Fel­sen zu krie­chen schie­nen. Die gan­ze Flä­che des Kra­ters schi­en mir bis hin zum Fuß der um­ge­ben­den Klip­pe eine ein­zi­ge glei­che Wild­nis zu sein.

      Die­se Klip­pe ent­behr­te of­fen­bar au­ßer an ih­rer Ba­sis der Ve­ge­ta­ti­on, und sie zeig­te Pfei­ler und Ter­ras­sen und Tri­bü­nen, die un­se­re Auf­merk­sam­keit vor­läu­fig nicht sehr in An­spruch nah­men. Sie stand in je­der Rich­tung vie­le Mei­len weit von uns ent­fernt, wir schie­nen fast im Zen­trum des Kra­ters zu ste­hen, und wir sa­hen sie durch einen ge­wis­sen Dunst, der vor dem Win­de trieb. Denn jetzt war in der dün­nen Luft so­gar ein Wind vor­han­den, ein schnel­ler aber schwa­cher Wind, der au­ßer­or­dent­lich käl­te­te, aber nur ge­rin­gen Druck aus­üb­te. Er blies um den Kra­ter her­um, wie es schi­en, von dem neb­li­gen Dun­kel un­ter der Wand son­nen­wärts, nach der hei­ßen, er­leuch­te­ten Sei­te. In je­nen öst­li­chen Ne­bel zu bli­cken, war schwer; wir muss­ten mit halb ge­schlos­se­nen Au­gen un­ter dem Schat­ten un­se­rer Hän­de her­vor­spä­hen, weil die re­gungs­lo­se Son­ne eine wil­de In­ten­si­tät ent­fal­te­te.

      »Es scheint ver­las­sen zu sein«, sag­te Ca­vor, »ab­so­lut öde.«

      Ich blick­te von neu­em um mich. Ich be­wahr­te noch jetzt eine has­ten­de Hoff­nung auf ir­gend­ein qua­si mensch­li­ches Zeug­nis, auf eine Ge­bäu­de­zin­ne, ein Haus oder ein Werk­zeug, aber wo­hin man auch blick­te, dehn­ten sich die krau­sen Fel­sen in Spit­zen und Käm­men, und das strah­len­ar­ti­ge Ge­strüpp und jene bau­chi­gen Kak­ti, die schwol­len und schwol­len – eine glat­te Ver­nei­nung, wie es schi­en, je­der sol­chen Hoff­nung.

      »Es sieht aus, als hät­ten die­se Pflan­zen al­les für sich«, sag­te ich. »Ich sehe kei­ne Spur von ir­gend­wel­chem an­de­ren Ge­schöpf.«

      »Kei­ne In­sek­ten – kei­ne Vö­gel – nein! Kei­ne Spur, kein Bro­cken, kein Par­ti­kel­chen tie­ri­schen Le­bens. Gäbe es sie – was woll­ten sie in der Nacht be­gin­nen? … Nein, es sind nur ge­ra­de die­se Pflan­zen vor­han­den.«

      Ich be­schat­te­te


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