Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von Buchner
und fragte:
»Warum soll sich die Maja des anders überlegt haben?«
Henks Wangen färbten sich vor Verlegenheit rötlich.
»Ich kenne die Maja noch nicht lange. Und vielleicht habe ich sie etwas überrumpelt. Zuerst dachte ich, wir verstehen uns. Doch dann war sie plötzlich etwas …«
Henk räusperte sich. Toni bemerkte, wie nahe es Henk ging.
»Toni, dann war sie unvermittelt sehr kühl. Wir wollten zusammen nach Kirchwalden fahren. Aber plötzlich überlegte sie es sich anders und entschloss sich, zur Berghütte zu gehen. Ich bin etwas verwirrt. Ich werde aus ihr nicht schlau. Aber vielleicht ist es für uns Männer ohnehin schwer, die Frauen zu verstehen.«
Toni schmunzelte.
»Dass wir Burschen die Madln net verstehen, das sagen die Madln auch«, lachte Toni. »Aber keine Sorge. Mit der Maja ist alles in Ordnung. Sie war hier. Ich kann dir des vielleicht sogar erklären, was mit dem Madl los ist. Aber jetzt setzt du dich hin, im Stehen redet es sich schlecht! Ich hole uns zwei Bier.«
Toni deutete auf einen freien Tisch am Ende der Terrasse der Berghütte. Henk setzte sich und stellte seinen Rucksack neben sich auf den Stuhl. Es dauerte nicht lange, dann kam Toni. Er brachte zwei Bier und einen Teller mit einer herzhaften Brotzeit für Henk. Toni setzte sich. Sie prosteten sich zu und tranken.
»Also, was kannst du mir über die Maja sagen?«, fragte Henk.
Er errötete leicht und fügte hinzu:
»Also, Toni, ich will zu Anfang etwas klarstellen. Ich schätze die Maja sehr. Ich treibe kein Spiel mit ihr. Es ist kein unbedeutender Urlaubsflirt mit ihr. Das sollst du wissen!«
Toni schmunzelte.
»Dass es dir ernst ist, daran zweifele ich nicht. Und ich denke, dass des der Maja auch bewusst ist. Sie hält es auch nicht für einen Urlaubsflirt. Sie hat uns von dir erzählt. Des Madl war ein bissel durcheinander. Mei, des ist verständlich. Es kann einen schon ein bissel aus der Bahn werfen, wenn die Liebe einschlägt wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Da ist nichts so, wie es einmal war. Nur die Liebe kann das Leben eines Menschen von einer Sekunde zur nächsten Sekunde so verändern. Das Leben bekommt eine andere Richtung.«
Toni grinste. Er schaute Henk an, der glücklich lächelte und seufzte.
»Was bin ich glücklich, Toni! Was habe ich mir Gedanken gemacht! Ich konnte Majas plötzliches sonderbares Verhalten nicht einordnen. Wir haben uns geküsst, uns unsere Liebe gestanden und dann ging Maja plötzlich auf Distanz. Es war, als richtete sie plötzlich eine Wand zwischen uns auf. «
»Henk, das musst du verstehen. Die Maja hatte ein Erlebnis, das sie sehr beschäftigt.«
»Du meinst, dass sie mich gerettet hat. Ich bin ihr so dankbar. Ich dachte für einen Moment, jetzt ertrinke ich im kalten Bergsee, das war es, aus – Ende!«
»Daran dachte ich nicht, Henk. Hat Maja dir von der alten Ella Waldner erzählt?«
Henk schüttelte den Kopf.
»Dann werde ich es tun! Ich muss dazu etwas ausholen!«
Henk nickte und fing an zu essen.
Toni holte etwas aus. Er erzählte von Ruppert Schwarzer und dessen Strohmann im Gemeinderat. Er berichtete, wie oft Ruppert Schwarzer schon versucht hatte, mehr Einfluss in Waldkogel zu bekommen. Toni sprach ausführlich über die Feuchtwiesen hinten am Bergsee und dass die Eigentümer alle zu einer Gesellschaft gehören, die wiederum Teil des Ruppert Schwarzer Imperiums ist.
Als Toni Henk erzählte, wie die Männer mit der alten Ella Waldner umgegangen waren, war dieser sehr empört.
»Ich wusste davon nichts. Ich kenne diesen Ruppert Schwarzer nicht. Ich sollte nur den Grund begutachten. Ich gebe zu, dass solche Gutachten Grundlage für Bauvorhaben sind oder sein können. Und ich verstehe nicht, was ihnen an ein paar Kräutern liegen könnte. Die machen doch niemanden arm. Gras wächst wieder nach. Wenn dort wirklich gebaut werden sollte, dann rücken die Bagger an, und von den Kräutern bleibt nichts mehr übrig. Warum sollten sie der alten Frau also die Kräuter nicht gönnen? Was soll das Theater?«
»Und du hast wirklich keine Ahnung, was hinter der Sache steckt, Henk?«
»Nein! Ich wollte Feuchtigkeitsmessungen machen und die Festigkeit und Bodenbeschaffenheit prüfen und so weiter und so weiter. Alles Sachen, die ganz normal sind, wenn in problematischem Gelände etwas verändert werden soll.«
Toni sah Henk in die Augen. In diesem Augenblick fragte sich Toni, ob ihm Henk die Wahrheit sagte. Als ob dieser Tonis Gedanken erraten konnte, äußerte er sich.
»Du musst mir das einfach glauben, Toni. Ich weiß wirklich nicht, was da vor sich geht. Ich war für heute mit einigen Leuten verabredet, die da etwas zu sagen haben. Doch sie kamen nicht. Dann bin ich schwimmen gegangen, und den Rest der Geschichte kennst du ja.«
»Hast schon etwas herausgefunden, Henk? Ich bin kein Ingenieur, ich bin nur ein Bub der Berge. Ich weiß aber ohne Untersuchung, dass es hirnrissig wäre, dort zu bauen, mal ganz abgesehen, dass die Gemeinde keine Baugenehmigung erteilen würde.«
»Toni, es gibt Bauvorhaben, die bestehen aus kleinen Einheiten. Dazu benötigt niemand eine Baugenehmigung.«
»Ja, wie meinst des jetzt?«
»Ich bin kein Architekt, Toni. Ich weiß nur, dass es Gemeinden gibt, da kann auf Grundstücken gebaut werden, wenn die errichteten Gebäude eine Fläche von vierzig Quadratmetern nicht übersteigen.«
»Kleine Hütten zum Beispiel!«
»Genau, kleine Hütten, zum Beispiel! Das könnte eine Möglichkeit sein, aber Genaues kann man erst sagen, wenn man die Bauvorschriften der Gegend kennt. Aber für möglich halte ich es.«
»Himmel, Henk! Ich bin mir ganz sicher, dass sich dort eine Schweinerei anbahnt. Des muss mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verhindert werden. Niemand hier in Waldkogel will ein Hüttenareal, das dem Ruppert Schwarzer gehört. Wir meiden den Gauner wie der Teufel des Weihwasser, wie man sagt. Verstehst? Kannst du da nix machen?«
Hoffnung schwang in Tonis Stimme mit.
»Ich verstehe schon, was du meinst, Toni. Aber ich bin ein vereidigter Gutachter und kann nicht tricksen, jedenfalls nicht über ein bestimmtes Maß hinaus. Privat kann ich dir sagen, dass ich es schade fände, wenn dort gebaut wird. Außerdem wird es sehr teuer werden, bei dem Grund. Aber wenn dieser Ruppert Schwarzer so ein …«
»Lumpenhund!« warf Toni ein.
»… so ein Lupenhund ist, dann geht es ihm wahrscheinlich mehr darum, der Gemeinde Waldkogel eins auszuwischen. Menschen wie er können nicht einsehen, dass es auch für sie Grenzen gibt. Sie wollen immer mit dem Kopf durch die Wand. Selbst wenn sie materiell dafür mehr geben müssen, als sie bekommen. Sie zahlen gern drauf. Es geht ihnen um die innere Befriedigung. Das zählt für diese Typen dann mehr.«
»Genauso ein hirnrissiger Ochse ist der Ruppert Schwarzer. Eigentlich ist er ein richtiger Pfennigfuchser. Aber wenn es um gekränkte Eitelkeit geht, dann schießt er über das Ziel hinaus. So denke ich es mir. Dann kennt er keine Grenzen.«
»Nun warten wir mal ab, Toni! Nächste Woche werde ich die Herren kennenlernen, vielleicht finde ich etwas heraus.«
Henk lächelte Toni an.
»Also, wenn es geht, würde ich mich die nächsten Tage gern auf der Berghütte einquartieren.«
Toni rieb sich das Kinn.
»Wir sind belegt. Kann dir nur noch ein Matratzenlager in der Wirtsstube anbieten«, schmunzelte Toni. »Aber vielleicht gewährt dir Margit Asyl in ihrer Kammer.«
»Das ist ein schöner Gedanke, Toni. Aber ich hoffe erst einmal nicht darauf. Wer sich keine Hoffnungen macht, der kann nicht enttäuscht werden. Es tut dann nicht so weh. Also ein Matratzenlager auf dem Boden der Wirtsstube, damit gebe ich mich erst einmal