Wyatt Earp Paket 3 – Western. William Mark D.
Wyatt hatte sich der lange Petkin erhoben und drang jetzt auf den Marshal ein.
Wyatt bemerkte in letzter Sekunde, daß der gewaltige Mann auf ihn zuschnellte. Er duckte sich nieder, packte ihn und schleuderte den Koloß über sich weg hart auf den Boden auf.
Ein Zittern schien den ganzen Raum zu erfüllen.
Da warfen sich zwei, drei, vier, fünf, sieben Männer auf den Marshal und versuchten ihn niederzureißen.
Doc Holliday war sofort hinter ihnen und drosch mit den Revolverläufen auf sie ein.
Aber auch er wurde jetzt von der Übermacht niedergerungen.
Der Indianer hätte jetzt fliehen können. Aber er tat es nicht. Er war stehen geblieben und hatte einen Augenblick dem Kampf zugesehen. Als er sah, daß der Mann, der sich für ihn eingesetzt hatte, niedergerissen wurde, stürzte er sich in das Getümmel und brachte dem Missourier etwas Luft.
Aber es waren zu viele, die sich da wie eine Büffelherde über die drei Männer wälzten.
In diesem Augenblick kam Jerry Sunriser zu sich. Er stützte sich auf den rechten Arm auf, schüttelte den Kopf und blickte benommen um sich. Da sah er vor sich das Kampfgetümmel.
Er kam auf die Knie und schüttelte sich wieder. Dann nahm er ein Bierglas von einem der Tische, der noch nicht umgeworfen worden war, und kippte sich den Inhalt über den Schädel.
Das schien ihn wieder völlig klarzumachen.
Er stand auf – und plötzlich stürzte er nach vorn, griff sich den Indianer und riß ihn aus der Menge heraus.
Der Rote kam zu Fall, wollte sich wieder aufrichten, aber da war es schon zu spät.
Mit gespreizten Beinen stand der geflüchtete Sträfling da. Nur wenige Schritte von den Kämpfenden entfernt. Nicht ganz vier Yard vor dem verhaßten Mann mit der roten Haut.
Er hatte beide Revolver in den knochigen Fäusten. Sein Gesicht war verzerrt vor Wut und Haß, das nasse Haar klebte ihm in der Stirn.
Da spien seine beiden Revolver Feuer.
Seine Kugeln stießen den Indianer, der sich jetzt wieder erhoben hatte, zurück, warfen ihn um seine eigene Achse, ließen ihn an einem Tisch Widerstand finden und rissen ihn dann doch in die Knie.
Aus brechendem Auge blickte der Apache in das Gesicht seines Mörders.
Er versuchte noch einmal, sich aufzurichten, aber es gelang ihm nicht mehr. Er fiel zwischen Stuhl und Tisch auf den Boden, wo er tot liegenblieb.
Die Kämpfenden hatten innegehalten. Aber sie gaben den Marshal und seinen Gefährten nicht frei.
Bebend vor Zorn starrte der Marshal auf den Indianer.
An seinem Körper hingen mehrere Männer. Sie hatten seine Arme gepackt und hielten sich hinten am Kragen fest. Einer hatte seinen Leib umfaßt, und zwei umklammerten seine Beine. Es war unmöglich für ihn, sich auch nur zu bewegen. Jedenfalls schien es so.
Plötzlich warf er sich mit der rechten Schulter nach vorn, wieder zurück, wieder nach vorn, ließ sich dann fallen, zuckte hoch. Und dann hatte er den rechten Arm frei.
Ein Backhander sauste zurück, traf gleich zwei Widersacher, und dann hatte er auch den linken Arm frei.
Aber noch hingen ihm die Männer an den Beinen.
Es gelang ihm tatsächlich, auch diese abzuschütteln.
Sunriser hatte der Szene entgeistert zugesehen.
Mit drei tigerähnlichen Sprüngen hatte ihn der Missourier erreicht.
Sunriser hatte zwar versucht, zurückzuweichen; aber es gelang ihm nicht mehr. Über den Kopf des Indianers stolperte er, sprang wieder auf, und da traf ihn die schwere rechte Faust des Marshals rechts am Ohr und schmetterte ihn gegen die Tür, an deren Rahmen er langsam wie ein Sandsack niederrutschte.
»He, der Stranger hat Dynamit in der Faust!« brüllte ein Mann von der Theke her.
Dann sauste ein Bierglas dicht an Wyatts Schädel vorbei.
Und schon wieder drang die Meute auf ihn los, und – obgleich Wyatt zwei, drei Männer abwehren konnte, riß ihn die Menge doch mit ihrer Übermacht wieder nieder.
Plötzlich wurde es seltsam still in der Schenke.
Wyatt blickte auf. Über ihm knieten mehrere Männer, die versuchten, ihn am Boden zu halten.
In der Tür, die zur Hotelhalle führte, stand ein Mann. Er war alt, hatte einen Bart und hatte einen Schlapphut auf, der weit im Gesicht saß. Seine Kleidung war zerschlissen und wirkte ärmlich.
Es war der Trader, den sie unterwegs getroffen hatten.
Er blickte einen Moment forschend auf die Szene und kam dann näher.
»Laßt sie los!«
Mit mürrischen Gesichtern und unterdrückten Flüchen ließen die Männer von den beiden Dodgern ab.
Doc Holliday zog seinen rechten Rockärmel, der völlig aus den Nähten gerissen war, herunter, und ließ ihn auf den Boden fallen.
»Schade um die Jacke.«
»Von mir können Sie sich eine neue kaufen«, meinte der Trader.
Wyatt Earp suchte unter einem der Stühle seinen Hut, wischte ihn ab und setzte ihn auf.
Der Alte blickte ihn an. »Ein Glück, daß Sie den Kupferkessel bei mir gekauft haben, Mister.«
Wyatt durchforschte das von Runen zerschnittene Gesicht des alten Händlers. Wer war dieser Mann? Lebte er tatsächlich nur vom Handel mit Töpfen und Kannen? Was hatte die Männer veranlaßt, bei seinem Eintritt und auf seinen Befehl hin von ihm und Holliday abzulassen?
»Es hat nichts Besonderes auf sich, Mister. Ich bin weder der liebe Gott noch der Sheriff hier. Ich bin der Mayor. Aber das will nichts bedeuten. Wenn ich eine halbe Stunde später gekommen wäre und diese Halunken hier alle betrunken gewesen wären, dann hätten sie sich einen Dreck um mich geschert.«
Wyatt wandte sich um. Rechts neben der Tür lag noch immer der Indianer. Der Platz am Türrahmen war leer.
Sunriser war verschwunden.
Wyatt schob sich durch die Männer und stürmte hinaus.
Ein Schuß brüllte ihm entgegen. Die Kugel klatschte dicht neben seinem Schädel auf eine Metallplatte der Tür auf und sauste jaulend als Querschläger davon.
Wyatt hatte sich sofort niedergeworfen und im Fallwurf zurückgefeuert.
Aber in dem Gewirr der Wagen und Karren war kein sicherer Schuß mehr anzubringen.
Wyatt ging in die Schenke zurück.
Er sah, daß die Männer an den Tischen Platz genommen hatten. Die Theke war leer bis auf zwei Männer. Der eine von ihnen war Doc Holliday und der andere der Mayor.
Wyatt trat zu ihnen und blickte den Mayor an:
»Jerry Sunriser war hier in der Schenke. Er hat einen Indianer niedergeschossen.«
Der Mayor nahm seinen Hut ab und fuhr sich mit der Hand über den kahlen Schädel.
»Jerry Sunriser, ja, das ist nicht unmöglich.«
»Und, interessiert es Sie nicht, daß er einen Menschen niedergeschossen hat? Da drüben vor der Tür liegt ein Indianer.«
»Wie war das doch«, meinte der Mayor. »Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer.«
»Ja, das war das Wort eines brutalen Offiziers, und es wäre gut, wenn Amerika es vergessen würde, denn es gereicht ihm nicht zur Ehre.«
Doc Holliday schob sich eine Zigarette zwischen seine Zähne und hatte sich auf den linken Arm gestützt. Er bot ein sonderbar skurriles Bild mit dem fehlenden linken Rockärmel. Er hatte sich einen Brandy bestellt und hob ihn mit der Hand, in