Wyatt Earp Paket 3 – Western. William Mark D.
Augen hafteten an den Taschen.
McAllister war schweißgebadet.
»Und – wollen Sie uns jetzt etwa wegen dieser lausigen Geschichte einlochen, Marshal?« krächzte er, wobei er ein heißes Würgegefühl in der Kehle verspürte.
Wyatt hatte die Augen Dundees beobachtet, unauffällig unter halbgesenkten Lidern hervor.
»Die Absicht hatte ich nicht«, sagte er, wobei er nach einer der Taschen griff, ihren Verschluß unbemerkt öffnete und sie dann plötzlich hob. »Hier, fangen Sie auf!«
Er warf sie so, daß sie sich rasend schnell um sich selbst drehte und von McAllister gar nicht aufgefangen werden konnte.
Die schweren Geldscheinbündel rutschten heraus und flogen durchs ganze Office.
Dundee stieß vor Wut und Verzweiflung einen heiseren Schrei aus.
»Mich beschimpfst du«, fauchte er seinen Kumpan an, »aber du bist selbst zu dumm, den Verschluß deiner Tasche zu schließen.«
»Der Verschluß war zu!« keifte McAllister und sah den Marshal aus blutunterlaufenen Augen an. »Erwürgen könnte ich Sie, Earp! Mit den bloßen Händen erwürgen.«
Der Marshal lachte ihn entwaffnend an. »Tun Sie sich keinen Zwang an, Amigo.«
»Seit Sie in der Stadt sind, ist die Hölle los. Im O.K. Corral wird’s wieder gefährlich. John Clum wird ermordet…«
Da erhob sich der Marshal vom Schreibtischstuhl, packte den Outlaw an der Schulter und fragte rauh:
»Woher weißt du, daß John Clum ermordet worden ist, Bandit?«
»Sie selbst haben es uns doch vorhin oben in der Fremontstreet gesagt!«
»Stimmt nicht, Bursche! Ich habe gesagt, daß wir einen Toten gefunden haben. Von John Clum war nicht die Rede!«
»Sie müssen sich irren, Marshal!«
»Nein, Junge, ich irre mich nicht. Und jetzt hätte ich gerne von dir gewußt, wo ihr die schönen neuen Bucks geschenkt bekommen habt.«
»Die… sind von unserer Ranch.«
»Ach, und wo steht diese Bank?«
»Ranch sagte ich!«
»Ach, Ranch sagtest du?« Wyatt packte ihn an den Revers seiner Jacke und zog ihn dicht zu sich heran.
»Es wäre besser für dich, Boy, wenn du mir sagen würdest, wo ihr die Bucks geholt habt. Wenn ich es selbst herausfinden muß, gebe ich dir nachher die Quittung. Und du kannst dich darauf verlassen, daß ich es in einer Dreiviertelstunde weiß. Wir haben nur drei Banken in der Stadt. Und die wenigen Privatleute, die so viel Geld sauber gestapelt daheim liegen haben, die kenne ich.«
Da stieß Dundee heiser durch die Zähne:
»Es hat doch keinen Zweck mehr, gib es doch auf, Kid. Sag ihm doch, daß…«
Da trat McAllister nach seinem Partner, und zwar so derb, daß der aufschrie vor Schmerz.
»Was soll ich ihm sagen?«
»Daß wir… das Geld… in…«
Ein zweiter Tritt traf das Schienbein Dundees – und im gleichen Augenblick wurde McAllister von einer fürchterlichen Ohrfeige umgeworfen.
Luke Short hatte sie ihm versetzt.
»Es tut mir leid, Marshal«, meinte der Riese. »Ich weiß, ich hätte es nicht tun sollen, und es geht mich ja auch nichts an. Aber dieser dreckige Strolch hält uns doch nur auf!«
»Stimmt genau. Und die Ohrfeige war berechtigt. – Wie heißt du?« fragte der Missourier, wobei er sich wieder an McAllister wandte.
»Jerry Putkin.«
»Und der da?«
»Alec Immelman.«
»Zwei hübsche Namen. Mit Jerry Putkin habe ich in Shawnee einmal ein Rodeo geritten. Und sein Vormann hieß Alec Immelman. Seltsam, wie sich die Menschen doch verändern! Der Rancher Putkin war ein großer Mann, und Immelman war fast noch größer.«
In rauhem Ton fuhr er fort:
»Wann hast du auf der Putkin-Ranch gearbeitet, Bandit?«
»Ich…?« stammelte der Outlaw, der sich durchschaut sah, verwirrt. Dann fing er sich rasch und erwiderte:
»Aber ich habe doch niemals da gearbeitet!«
»War es vor dem großen Brand?« blitzte Wyatt ihn an.
»Nein…«
»Also nachher. Das will ich dir auch geraten haben. Denn der Brand ist von einigen Schurken gelegt worden, die aus Arizona stammen. Das ist gewiß! Und einer wurde ja gefaßt, der die Namen der anderen nun endlich preisgegeben hat!«
»Nein!« stießen die beiden Tramps wie aus einem Mund hervor.
»Doch!« hieb der Missourier sofort nach. »Der Halun…« McAllister hielt inne, zu spät hatte er bemerkt, daß er sich verraten hatte.
Wyatt Earp nahm ihm und Dundee jetzt die Waffengurte weg, suchte sie nach weiteren Waffen und nach Muniton ab und ließ sie dann einsperren.
Da wurde vorn die Tür geöffnet.
Zur namenlosen Verwunderung der drei Freunde stand Jonny Behan in ihrem Rahmen.
Der wankelmütige und charakterschwache Mann, der damals nur durch dunkle Machenschaften den Posten eines Hilfssheriffs von Tombstone erlangte, sah den Marshal unsicher an.
»Es ist wieder geschossen worden…«
»Das ist schon eine ganze Weile her«, entgegnete der Marshal brüsk. »Was wollen Sie?«
»Auf wen haben Sie geschossen, Earp?«
Die Augen des Marshals verdunkelten sich.
»Hören Sie, Behan! Sie sind einmal vorübergehend Hilfssheriff gewesen und dann abgesetzt worden. Doch selbst wenn Sie rechtmäßig wieder eingesetzt worden wären, hätten Sie keine Berechtigung, mir gegenüber einen derartigen Ton anzuschlagen. Sie stecken den ganzen Tag in Ihrem Käfig und verlassen ihn nur, wenn Sie von irgend jemandem hochgescheucht werden. Das gibt Ihnen keinerlei Recht, andere Leute ins Verhör zu nehmen. Ich habe Sie gewarnt: Kommen Sie mir nicht in die Quere! Und jetzt verschwinden Sie!«
»Wyatt Earp, ich habe…«, stotterte Behan, brach aber jäh ab.
Luke Short hatte neben der Tür gestanden, streckte jetzt seinen Arm aus und zog den schmächtigen Mann mit dem Zeigefinger zu sich heran.
»Der Marshal hat gesagt, Sie sollen verschwinden. Wenn Sie schlecht hören, empfehle ich Ihnen eine tägliche Ohrenwäsche. Wünschen Sie sich nur nicht, daß ich die vornehme. Und nun farewell!«
Er stieß den Mann so derb hinaus, daß er draußen auf dem Vorbau hinstürzte.
Jonny Behan lag, mühsam auf die Ellenbogen gestützt, auf den Vorbaudielen und stierte blöde ins Office.
Luke Short rief ihm zu:
»Sie haben etwas vergessen, Behan: schließen Sie die Tür!«
»Das ist der Gipfel«, zeterte der Hilfssheriff.
»Ich warte genau zwei Sekunden, wenn die Tür dann noch nicht geschlossen ist, gibt’s Ärger.«
Da es Jonny Behan an nichts mehr als an Mut fehlte, zog er vor, die Tür rasch zu schließen.
Der Texaner blickte den Marshal an:
»Vielleicht hätte ich das auch nicht tun sollen, Mr. Earp, aber ich finde, daß dieser Strolch sich zuviel herausnimmt.«
»Ich will Ihnen keinen Vorwurf machen, Luke«, entgegnete der Marshal. »Aber vielleicht ist es besser, wenn wir uns mit diesem Mann nicht wieder anlegen, denn er wirft uns hier nur Steine in den Weg. Und er ist ja ein unbedeutender