Wyatt Earp Paket 3 – Western. William Mark D.
worden, denn von selbst wäre er nie gekommen.«
»Wer hier hat denn schon wieder so viel Macht, daß er all die kleinen Leute durchs Gelände schicken kann?« brummte der Goliath aus Texas.
Diese Frage wurde nicht beantwortet, weil die drei Männer die Antwort darauf kannten. Es gab nur einen Mann in der Stadt, der diese Macht haben konnte: Ike Clanton!
Immer und immer wieder wurde Wyatt auf diesen Mann gestoßen, ohne ihn jedoch greifen zu können.
Es wäre Wahnsinn gewesen, einen Ike Clanton auf bloßen Verdacht hin festzunehmen. Man hätte die ganze Stadt, ja, das ganze County gegen sich gehabt. Und seine Freunde hätten das Jail für ihn auseinandergerissen.
Diesen Mann mußte man auf frischer Tat stellen. Ein Verdacht, der nicht einmal auf festen Füßen stand, genügte da nicht.
*
John Clum war nicht tot! Aber die beiden Dodger hatten sich entschlossen, die Stadt wissen zu lassen, daß er getötet worden sei. Oft schon hatten sie erlebt, daß der Mörder durch den Tod seines Opfers eine besondere Sicherheit verspürte und sich gerade dadurch verriet.
Wer hatte auf John Clum geschossen? Wer hatte den Galgen vor seine Tür gestellt?
Da kam zunächst Kirk McLowery in Frage. Als Wyatt ihn aus dem Office herausgelassen hatte, konnte er sich direkt zum Zeitungshaus begeben haben, oder aber er hatte den alten Herrn auf dem Weg zu Millers Bar zufällig getroffen und seine Wut auf den Marshal an Clum kühlen wollen.
Die ganze Stadt wußte, daß John Clum Wyatt Earps Freund war.
Auch Cass Claiborne kam für den Überfall in Frage. Als er von Holliday in der Bar gestellt worden war, hatten seine Augen vor Zorn gefunkelt. Ebenso gut wie McLowery konnte er der Täter sein.
Aber da gab es noch andere Männer. Zum Beispiel James Curly Bill, einen der Flanagans oder sonst irgendeinen von McLowerys Leuten.
Hatte der Steuereinnehmer Elliot wirklich die Stadt verlassen, nachdem der Marshal ihn von McLowery befreit hatte? Was war das für ein Mensch, dieser Jim Elliot? Was hatte er wirklich mit McLowery zu tun? War er tatsächlich der Gefangene des Cowboys gewesen? McLowery hatte behauptet, daß Elliot ein alter Bekannter von ihm gewesen sei, der früher lange Zeit auf der McLowery Ranch im San Pedro Valley gearbeitet hatte. Der Marshal hielt diese Erklärung nicht unbedingt für eine Lüge. Sie sagte natürlich nichts über die jetzige Bekanntschaft der beiden Männer aus. Es war schließlich nicht ausgeschlossen, daß McLowery den Tucsoner Steuereinnehmer zu erpressen versuchte. Über den Grund dafür war sich der Marshal zwar noch nicht klar, aber wenn es wirklich eine neue Clanton-Bande gab, dann würde sie jeden Mann, der irgendwie Bedeutung hatte, für sich zu gewinnen versuchen. Und ein Steuereinnehmer hatte schon Bedeutung, und sei es nur durch das Geld, das er ständig einnahm.
Aber der Marshal glaubte nicht ernstlich daran, daß dieser Jim Elliot etwas mit dem Überfall auf John Clum zu tun gehabt haben könnte.
Nachdem Wyatt diese Überlegungen seinen Freunden mitgeteilt hatte, meinte der Texaner:
»Ich werde Elliot nachreiten. Sicher ist sicher. Sie, Earp, bleiben ja jetzt im Office!«
Und davon ließ er sich auch nicht abhalten.
Als der Hufschlag seines Pferdes verklungen war, zündete sich Holliday eine Zigarette an und lehnte sich abwartend in der für ihn typischen Manier gegen die Wand zwischen Tür und Fenster.
Wyatt stützte den Kopf nachdenklich in die Hände.
»Das fängt hier wirklich gut an. Ich werde das Gefühl nicht los, daß wir hierhergelockt worden sind, und nun, nachdem es mit einem zweiten Match im O.K. Corral nichts wurde, versucht man uns auf andere Art möglichst schnell auszuschalten. Ich wette, daß es morgen heißt, ich selbst hätte John Clum getötet.«
»Weshalb sollten Sie ihn wohl getötet haben? Er ist Ihr Freund. Jeder in der Stadt weiß das.«
»Unsere Gegner werden schon einen Grund dafür finden.«
Nach einer Weile stand Wyatt auf:
»Ich gäb’ was dafür, wenn ich wüßte, wo er jetzt ist.«
Holliday blickte den Freund fragend an:
»Ike?«
Wyatt nickte.
Der Spieler zog die Schultern hoch und ließ sie langsam wieder fallen.
»Mir würde es schon genügen, wenn ich wüßte, wo Kirk McLowery jetzt steckt!«
Wyatt ging zur Tür.
»Ich werde jetzt die drei Bankhäuser aufsuchen, um festzustellen, wo die beiden Halunken das Geld gestohlen haben.«
»All right.«
Als der Marshal gegangen war, stieß der Spieler seine Zigarette im Aschenbecher aus und löschte die Lampe. Im Dunkeln wachte es sich besser hier in diesem gefährlichen Office. Man saß überall in diesem Tombstone wie auf einem Pulverfaß.
Wyatt kam schon nach wenigen Minuten zurück.
»In der Bank of Tombstone ist eine Scheibe eingedrückt worden«, berichtet er, zündete die Lampe wieder an und legte das seifenbeschmierte Wolltuch mit den Scherbenstücken vor Holliday auf den Tisch.
Der Gambler lächelte. »Ganz raffiniert. Hätte ich den beiden Cowpunchern gar nicht zugetraut. Dann haben sie Between aber ganz schön ausgenommen.«
»Between«, wiederholte Wyatt überlegend. »Saß der früher nicht häufig im Oriental Saloon?«
»Schon, aber da ist jetzt längst Feierabend.«
»Aber er ist nicht daheim.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Weil ich mehrmals die Klingel gezogen habe, ohne daß sich jemand gemeldet hat.«
»Vielleicht steckt er noch bei Tante Mae, die alte Betrügerin hat doch oft bis zum frühen Morgen Gäste in ihrer Spelunke.
Der Marshal machte sich wieder auf den Weg.
Weit hinter den Miner Camps lag im Hinterhof eines Beerdigungsunternehmens ›Tante Maes‹ Bar. Es war nicht eben eine verrufene Schenke, dazu fanden sich hier zuviel Leute ein, aber andererseits gab es auch niemanden, der gern hier gesehen worden wäre. Das lag vor allem daran, daß die Inhaberin der Bar zur Freude der männlichen Gäste drei hübsche junge Mädchen hinter der Theke stehen hatte.
Es fiel gar nicht auf, wenn die Bar noch spät in der Nacht geöffnet war, denn ihre Lage weit hinten im Hof verbarg sie vor den Augen der Leute auf der Straße.
Und außerdem war die Gegend hier so einsam und – wegen der nahegelegenen Miner Camps – nicht gerade sehr geeignet, um in den Nachtstunden Spaziergänge zu machen. Tante Mae lag also goldrichtig.
Der Marshal erreichte den Hof, überquerte ihn und sah hinter hohen Holzstapeln schon die drei rotverhangenen Fenster der Schenke.
Als er die Tür öffnete, blieb er verwundert stehen.
Die Theke war so dicht mit Männern umlagert, daß von den drei Grazien nichts zu sehen war.
Auch die Tische waren vollbesetzt.
Tante Maes Bar mußte doch eine ungeheure Anziehungskraft ausstrahlen!
Erschrocken blickten sich die Gäste um und sahen auf den Mann in der Tür.
Da watschelte auch schon die wohlbeleibte Eigentümerin der Schenke auf den Marshal zu.
»Hallo«, flötete sie, wischte mit der Linken eine Träne aus ihrem faltigen Hundegesicht und fuchtelte mit der Rechten, in der sie eine Zigarette hielt, durch die Luft.
»Welche Ehre! Wyatt Earp persönlich. Womit kann ich denn dienen, Marshal?«
»Ist Mr. Between hier?«
»Nein«, säuselte die Saloonerin.
Einige