Wyatt Earp Paket 3 – Western. William Mark D.
»Ja, er hatte es ziemlich eilig; mag der Kuckuck wissen, was er vergessen hat. Hoffentlich wird es heute nicht wieder so heiß, denn sonst muß ich…«
Luke hörte nicht mehr, was der Trader sonst mußte. Er sprengte in gestrecktem Galopp zur Stadt zurück.
Bis oben in die Hänge hinter dem Graveyard hörte er den Schuß. Er hielt seinen Rappen an und lauschte dem Geräusch nach.
»Der Marshal!« flüsterte er vor sich hin. »Ich will einen Besen fressen, wenn das nicht seine Kanone war!«
Hart legte er die Schenkel um den Leib des Hengstes und jagte rechts die Bogengasse hinunter, dem Gelände entgegen, auf dem das Courthouse stand.
Als er es erreichte, war niemand zu sehen.
Er wollte schon weiterreiten, als er plötzlich den Galgen entdeckte.
Und dann glaubte er auch Schritte aus der Winkelstreet zu vernehmen.
Rasch drängte er sein Pferd hinter die Ecke des Courthouses und kroch hinterm Zaun entlang zu dem Galgen zurück.
Keinen Augenblick zu früh gelangte er hinter dem nicht einmal sonderlich dichten Gesträuch an.
Die beiden Männer, die sich jetzt dem Gerichtshaus näherten, waren Hal Somers und der Mestize Batko.
Luke Short kannte nur den Mestizen. Er lauschte angestrengt, aber was die beiden redeten, als sie die Platzmitte erreicht hatten, konnte er nicht verstehen.
Der Mann am Boden sah genau, daß sie den Galgen anstarrten.
Dann kamen sie heran, und Somers setzte über den Zaun. Fast hätte er die Stiefel des Texaners berührt.
Batko sah sich noch einmal sichernd nach allen Seiten um.
Plötzlich wieherte in der Nähe ein Pferd. Es war der Rappe des Texaners, dem es hinter der Hausecke wohl nicht recht geheuer war. Er kam langsam hervorgetrottet.
Batko kauerte sich sofort tief an den Boden.
Somers hatte sich herumgeworfen.
Jetzt hätte er den Mann mit dem hellen Hut am Boden vor dem Gesträuch sehen müssen.
Aber er starrte wie Batko auf das reiterlose Pferd.
»Was hat das zu bedeuten?« zischelte der Mestize.
»Keine Ahnung. Außerdem sollst du den Rand halten, Mensch!«
Batko erhob sich.
»Laß mich zufrieden. Ich habe dir gesagt, heute geht etwas schief!«
In dieser Sekunde war Hals Blick von dem hellen Weiß des Hutes angezogen worden.
Da aber flog der Texaner auch schon hoch, fegte ihn mit einem linken Haken nieder, warf sich herum und jumpte in hohem Bogen über den Zaun, dem Mestizen hinterher, der mit weiten Sätzen zu entkommen trachtete.
Aber da hatte er sich in dem Mann aus Texas verrechnet. Der Herkules war ein sehr schneller Sprinter und holte ihn rasch sein.
Batko warf sich urplötzlich zu Boden, wirbelte herum und riß ein Messer aus dem Gurt.
Schon aber nagelte der Stiefel des Texaners seine Hand mit der Klinge am Boden fest.
»Komm, Junge, laß den Zahnstocher fallen.«
Der Mestize hatte noch nicht begriffen, wem er da in die Arme gerannt war. Seine Linke zuckte zum Stiefelschacht und zerrte einen Derringer heraus, einen kleinen zweischüssigen Revolver.
Aber der Mestize hatte die Waffe noch nicht angehoben, als ein Fußtritt Lukes sie ihm aus der Hand stieß.
»So, Rothaut, ich rate dir jetzt, keine Spielzeuge mehr hervorzuzaubern, weil es sonst Zunder gibt!«
Er packte die beiden Galgenmänner und schob sie vor sich her zur Allenstreet, hinauf ins Marshals Office.
Holliday kam ihm aus dem Jail entgegen, wo er einen Gefangenen zur Ruhe gebracht hatte, der wie ein Wilder lamentiert hatte.
»Wo ist der Marshal?« forschte der Hüne.
»Er wollte zu Maes Bar. Er sucht Between.«
»Haben Sie den Schuß vorhin gehört?«
»Nein. Ich mußte mich leider eine ganze Zeit mit einem von der Einquartierung hier herumschlagen.«
»Ich wette, daß ich Wyatts Revolver gehört habe.«
Der Tex schob sich seinen Hut ins Genick, nahm dann das Schlüsselbund und brachte Hal Somers und den Mestizen Batko in die letzte Zelle. Anschließend stand er nachdenklich im Office am Gewehrschrank und nagte an seiner Unterlippe.
Holliday nahm seinen Hut und ging zur Tür.
»Ich werde nach ihm sehen«, sagte er nur, dann ging er hinaus. Er schlenderte durch die Allenstreet und bog dann ab, hinunter zu den Miner Camps. Als er durch die Straße kam, in der Wyatt Earp von dem Hund angefallen worden war, standen die Männer noch vor der Hütte.
»He, was will der denn hier?« knurrte einer von ihnen.
Holliday ging weiter.
Da hob ein anderer einen Stein auf und schleuderte ihn dem Spieler nach, verfehlte ihn jedoch.
Der Gambler wirbelte herum, in jeder Faust einen Revolver.
Die Männer sahen die Waffen und brüllten auf vor Wut.
»Macht ihn fertig, den Kerl!«
Da spannte der Gambler die Hähne seiner Sixguns.
»Es ist Doc Holliday«, knurrte einer der Miner. »Hätte man sich doch denken können: Wo der Marshal auftaucht, ist der Doc nicht weit.«
Holliday ging auf die Männer zu, schob die Waffen in die Halfter und fragte:
»Der Marshal ist hiergewesen?«
»Ja«, entgegnete einer der Männer. »Er kam hier vorbei.«
Also war er durch die Miner Camps gegangen, überlegte der Spieler, wandte sich um und ging weiter.
Die Männer dachten nicht daran ihn weiter zu belästigen. Schließlich wußten sie ja, mit wem sie es da zu tun hatten. Es gab niemanden unter ihnen, der sich gern mit dem gefürchteten Mann abgegeben hätte.
*
Als der Georgier den Hof zu Maes Bar betrat, war drüben immer noch Licht hinter den Fenstern.
Aber die Tür war verschlossen. Holliday klopfte an eines der Fenster.
Der rote Vorhang wurde zurückgeschoben, und es erschien das Gesicht der Hausbesitzerin.
»Wer ist da?« krächzte sie.
»Holliday«, entgegnete der Spieler.
»Doc Holliday?« girrte der Alte. »Warten Sie, ich öffne!«
Sehr rasch wurde jetzt die Haustür geöffnet. Lona Mae führte Holliday in den Schankraum.
Der Spieler fand das gleiche Bild vor, das auch der Marshal schon so verblüfft hatte.
»Wyatt Earp war hier?« fragte er.
Die Wirtin nickte. »Ja. Leider ging er sofort wieder.«
»Wie lange ist das her?«
»Das ist schwer zu sagen. Eine Dreiviertelstunde vielleicht. Mit Sicherheit weiß ich es nicht. Ich müßte die Gäste fragen…«
Grußlos verließ der Spieler die Bar. Zehn Minuten später stand er vor dem Courthouse und sah den Galgen, von dem ihm der Texaner berichtet hatte.
Würde mich sehr wundern, wenn Wyatt Earp nicht auch hier vorbeigekommen ist, überlegte Holliday. Aber da der Texaner schon mit den Männern aufgeräumt hatte, die offenbar einen Angriff auf Richter Gordon geplant hatten, war hier wohl nicht mehr viel festzustellen. Und um irgendwelche Spuren oder Fußabdrücke erkennen