Wyatt Earp Paket 3 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Paket 3 – Western - William Mark D.


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und Pferden gefunden. Sie führen hierher auf die Overland nach Osten.«

      Holliday nahm das graue Tuch aus der Tasche.

      »Die beiden Elliots sind schwer betäubt worden. Das ist die ganze Krankheit der Frau. Ich vermute, daß der Bandit durch das Fenster gestiegen ist, aber ich habe keine Spuren draußen gefunden. Auch versicherte mir Mrs. Elliot, daß das Fenster während der Nacht stets geschlossen gewesen wäre.«

      »Demnach muß der Eindringling die Hoftür ins Haus gekommen sein. Es ist ihm gelungen, die beiden zu betäuben, und dann hat er den Steuereinnehmer mitgenommen.«

      Holliday schob das Gesichtstuch der Galgenmänner in die Tasche zurück und meinte gedankenvoll:

      »Weshalb ist er betäubt und verschleppt aber nicht getötet worden?«

      Diese Frage beschäftigte den Marshal seit einer halben Stunde, seit er die Fährte in den Sträuchern gefunden hatte: die Absatzspur des Mannes mit dem großen Nagel.

      Sie ritten nach Osten. Die Straße machte schon nach wenigen Meilen eine starke Biegung nach Süden und führte dann hart nach Südosten hinunter.

      »Wenn wir in dieser Richtung weiterreiten, kommen wir in zwei Tagen nach Tombstone«, meinte der Spieler spöttisch.

      »Das verhüte Gott!« entgegnete der Marshal, der sich des dumpfen Gefühls einer Vorahnung auch nicht ganz erwehren konnte. »Dahin werden wir wohl kaum jemals wieder reiten.«

      Die Richtung wies genau auf die verrufene Stadt unten im Cochise County hin. Aber zwischen Tucson und Tombstone lagen mehr als siebzig Meilen und vier Städte.

      Am Mittag tauchten vor ihnen die Dächer von Vail auf; es war eine kleine Kistenholzstadt, braungrau wie alle Städte des Westens, verwahrlost, inmitten einer öden, trostlosen Landschaft.

      Trotz des Oktobertages herrschte eine wahre Höllenglut. Wie eine weißgelbleuchtende Fackel brannte die Sonne am wolkenlosen Himmel.

      Die breite Mainstreet von Vail lag wie ausgestorben da. Sogar die schattigen Vorbauten waren wie leergefegt.

      Vorm Sheriffs Office hielt der Marshal seinen Falben an, warf dem Gefährten die Zügelleinen zu und stieg ab.

      Die Tür des Bureaus stand offen und gab den Blick in einen engen Raum frei.

      Der Sheriff war nirgends zu sehen.

      Wyatt durchquerte das Bureau und stieß die Hoftür auf.

      Alte Wagenräder, Karrenteile, zertrümmerte Gewehrständer, Fenzreste und ähnliche Dinge lagen in wüstem Durcheinander umher.

      Der kleine, halbverfallene Stall stand ebenfalls offen – und war leer.

      Wyatt wandte sich ins Office zurück.

      Als er vorn in der Tür erschien und in die Augen des Spielers blickte, meinte der:

      »Wirkt reichlich ausgestorben, dieses Nest.«

      Der Marshal klopfte an die Tür des nächsten Hauses.

      Nichts rührte sich.

      Auch das übernächste Haus schien unbewohnt zu sein.

      Was war hier geschehen?

      Der Missourier überquerte die Straße, klopfte an die Tür eines Sattlers, öffnete und blickte in die leere Werkstatt, in der es genauso aussah, als sei der Meister eben einmal zum Barbier oder auf einen Drink in die Schenke gegangen.

      Nebenan war ein Store.

      Auch er war leer.

      »Das ist doch nicht möglich«, murmelte der Marshal vor sich hin, stieg in den Sattel und ritt, von Holliday gefolgt, weiter die Straße hinunter.

      An einer Ecke sah er das Schulhaus.

      Nicht der geringste Laut drang aus den geöffneten Fenstern ins Freie.

      Überall herrschte die gleiche Leere.

      Die beiden Reiter sahen sich nach allen Seiten um.

      Plötzlich war dem Marshal, als habe er drüben eine Bewegung hinter einem Türspalt bemerkt. Er nahm seinen Falbhengst herum, sprengte über die Straße, setzte vom Pferd aus gleich auf den Vorbau und stieß die Tür auf.

      Nur drei Yard vor ihm, gegen einen Treppenpfeiler gestützt, gewahrte er einen alten Mann, der mehr Ähnlichkeit mit einem toten als mit einem lebendigen Menschen hatte.

      Pergamentfarbene Haut hatte seinen kahlen Schädel überzogen und spannte sich wie ein Trommelfell über die scharfen Knochen. Tief in braun-grünen Höhlen lagen seltsam helle Augen. Der Mund zog sich in einer an den Enden nach unten gebogenen Linie dicht unter die Nase hin. Hart und spitz schob sich das Kinn nach vorn. Dieser Totenschädel saß auf einem Hals, der kaum den Durchmesser eines Kinderarmes zu haben schien. In völlig verlumptes, viel zu weites Zeug war dieser Mann gekleidet. Die Rechte hatte er um den Treppenpfeiler gelegt und die Linke hielt er mit gespreizten Fingern nach vorn.

      Plötzlich riß er den zahnlosen Mund auf und stieß einen gurgelnden Schrei aus.

      »Gnade…!«

      Wyatt blickte ihn entgeistert an.

      Der Greis bot einen geradezu erschütternden Anblick.

      »Gnade!« hechelte er noch einmal. »Ich… konnte nicht mit den anderen fliehen, da mich niemand… mitgenommen hat! Ich… bin nicht gesund… Ich…«

      Wyatt nahm den Hut ab.

      Diese Geste schien den Mann seltsamerweise zu beruhigen. Ein Mann, der den Hut abnahm, deutete doch damit sicher keine böse Absicht an.

      »Mein Name ist Earp. Ich komme von Tucson.«

      »Earp?« Ein wildes Lachen schüttelte den ausgemergelten Körper des Greises.

      »Earp! Das ist ein satanischer Scherz, Mister! Ich weiß genau, wer Sie sind! Geben Sie sich keine Mühe. Die ganze Stadt weiß es – und darum ist sie auch leer.«

      Doc Holliday war aus dem Sattel gestiegen, als er den heiseren Angstschrei draußen gehört hatte, und tauchte jetzt hinter dem Marshal in der Tür auf.

      Das wilde Lachen erlosch jäh auf dem Gesicht des Alten und machte wieder der maskenhaft-starren Angst in seinen Zügen Platz.

      »Und da ist er ja schon!« krächzte er, auf dem Spieler deutend. »Mc Lowery! Ich kenne ihn, McLowery, der Bandit aus dem San Pedro Tal.«

      Die beiden Dodger wechselten einen raschen Blick miteinander, der deutlich widerspiegelte, was beide dachten: der Alte muß geistesgestört sein!

      Da schüttelte sich der Greis plötzlich wieder in eisiger Furcht.

      »Ich kenne ihn, es ist McLowery! Der Bandit aus dem San Pedro Valley.«

      Wyatt wollte sich abwenden, aber Holliday blieb stehen.

      »Sie irren sich, Mister«, sagte er rasch. »Frank und Tom McLowery sind tot!«

      Der Greis hielt urplötzlich in seinem Zittern inne und riß die Augen so weit auf, daß die Iris im Weißgrau schwamm.

      »Ja, o ja, Mister. Ich weiß, sie sind tot, Frank und Tom. Bei dem Gefecht im Tombstoner O.K. Corral sind sie umgekommen. Frank und Tom. Nicht aber Kirk! Und Sie sind Kirk! Kirk McLowery!« Er streckte die Hände weit nach vorn und wies auf den Spieler, wobei er nur noch mit seinem verwachsenen Rücken an dem Treppenpfeiler lehnte. »Kirk McLowery! Das sind Sie. Und… ich dachte, ich könnte dem Tod ins Auge sehen. Weil ich alt bin. Aber… ich habe Angst! Angst!«

      Holliday wechselte wieder einen Blick mit dem Missourier und fragte dann:

      »Anscheinend haben Sie auf diesen Kirk McLowery gewartet, Mister?«

      »Ja – die ganze Stadt hat auf ihn gewartet.«

      »Seit sie gewarnt wurde, nicht wahr?«

      »Gewarnt? Ja, Sie haben recht! Und wenn Sie wüßten, wer uns gewarnt


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