Wyatt Earp Paket 3 – Western. William Mark D.
schon neben dem Deputy knien.
»Tot?« fragte er nur mit belegter Stimme.
Holliday richtete sich auf.
»Nein. Aber er hat einen lebensgefährlichen Messerstich direkt neben dem Herzen…«
»Soll ich Ihre Tasche holen?« Luke war schon an der Tür.
Holliday nickte.
»Das wäre gut.«
Schon tigerte der Riese los und kam nach wenigen Minuten mit der Instrumententasche zurück.
Holliday blickte ihm entgegen. »Und wenn Sie mir jetzt noch einen Gefallen tun wollen, Luke…«
»… dann gehen Sie zum Courthouse«, beendete der Texaner den Satz des Gamblers.
»Genau!«
»Dachte ich mir auch schon!«
Er stellte die Instrumententasche Doc Hollidays ab und lief hinaus.
Zu lange hatten sich die beiden Galgenmänner bei Phin Clanton aufgehalten.
Als sie über den Platz des Courthouses gingen, wartete das Verhängnis schon auf sie. Kurz vor dem Zaun federte der Texaner plötzlich hoch.
Der Revolverhahn klickte.
Somers riß sofort die Arme hoch.
Aber der Mestize wollte sich herumwerfen, um zu flüchten.
Er hatte sich aber gewaltig in den überlangen Armen des Texaners verrechnet. Ein schneller Hieb mit dem Coltlauf streckte ihn nieder.
Diese Bewegung des Gegners suchte Halman Somers rasch auszunutzen. Er sprang zur Seite und griff zum Colt.
Auch er hatte Pech!
Luke Short erwischte ihn mit der Linken – und wie leere Säcke schleppte er die beiden Männer zur Allenstreet hinunter.
Die Banditen kamen rasch wieder zu sich.
Der Tex hatte sie entwaffnet und schob sie vor sich her.
»Keine dummen Einfälle, Boys, sonst gibt’s Ausfälle!«
Sie dachten gar nicht mehr daran, zu flüchten. Zu hart war die Handschrift des Hünen.
Doc Holliday hatte die Wunde des Hilfssheriffs gereinigt und mit einem Verband versehen. Er blickte verblüfft auf, als der Texaner mit den beiden Gestalten ankam.
»Hier sind unsere beiden Freunde, Doc. Somers ist auch zurückgekommen. Er hat beschlossen, lieber mit seinem Freund Batko zusammen hier den Weg zum Galgen anzutreten. Offenbar empfehlen sich die Halunken stückweise bei ihrem Betreuer Behan.«
Jeder wurde in eine Zelle für sich gesperrt, und dann wünschte ihnen der Texaner freundlich eine angenehme Nachtruhe.
Doc Holliday war gerade damit beschäftigt, den Deputy unter den Armen zu packen, um ihn aufzurichten.
Short half ihm dabei. Sie trugen Koreinen in die Schlafkammer des Deputys hinter dem Office, wo sie ihn auf eine Pritsche niederließen.
»Wie sieht’s aus?« fragte Luke, hob die Lampe und warf einen forschenden Blick in das kreidige Gesicht des Deputys.
»Sehr schlecht. Ich habe alles getan. Kommt jetzt auf ihn selbst an, auf seine Natur…«
Am nächsten Morgen war der kleine Hilfssheriff Imre Koreinen tot.
Mit finsterer Miene stand Doc Holliday neben seinem Lager und blickte auf ihn nieder.
Der Texaner stand hinter ihm und preßte einen Fluch durch die Zähne.
Die beiden hatten abwechselnd im Office gewacht.
Einer hatte immer nebenan in Virgils ehemaliger winziger Schlafkammer geruht.
»Das ist eine schöne Überraschung für den Marshal«, meinte der Texaner.
Da wurde die Tür des Office geöffnet.
Luke Short verließ den Schlafraum und trat ins Büro.
Vorn in der Tür stand Wyatt Earp.
»Na, Sie Nachtschwärmer! Ist der Doc auch hier?«
»Ja.«
Wyatt zog die Brauen hoch. »Ist was mit dem Deputy?«
»Ja. Er ist tot.«
»Tot…?«
»Somers hat ihn niedergestochen, um Batko zu befreien. Ich habe die beiden Schufte vorm Courthouse abgefangen.«
Wyatt ging durch die offenstehende Tür in die Deputy-Schlafkammer, in der je zwei übereinanderstehende Betten standen.
Holliday blickte ihm düster entgegen.
»Ich habe ihn leider nicht retten können.«
Wyatt schüttelte den Kopf. »Sie geben keine Ruhe, diese Schurken! Aber wartet, wir kriegen sie schon. Einer nach dem andern wird jetzt eingelocht. Richter Gordon verhandelt jeden einzelnen Fall sofort, und dann bringt einer von uns sie ins Straflager. Das heißt, Somers kommt hier an den Strick, davor wird ihn niemand mehr retten. Und dann kaufe ich sie mir einzeln. Einen nach dem anderen. Mit Kirk McLowery fange ich an.«
Koreinens Bruder Ed stellte sich zur Verfügung, Batko nach Phoenix zu bringen. Daß er ihn sicher hinbrachte, konnte Wyatt glauben, denn Ed Koreinen würde den Freund des Mannes, der seinen Bruder Imre getötet hatte, nicht schonen.
Halman Somers wurde zum Tode verurteilt.
Die Vollstreckung des Urteils wurde in Tombstone durchgeführt.
Es hätte ein Schock für die Galgenmänner sein müssen – aber es war keiner.
Im Gegenteil, es zeigte sich sofort, wie schattenhaft, wie unangreifbar und wie gefährlich die Bande wirklich war.
Niemand war aufzufinden!
Auch in Kirk McLowerys Quartier war alles ausgeflogen.
»Ich hole ihn«, erklärte Wyatt, »und wenn ich deshalb ins San Pedro Valley reiten müßte!«
Luke Short rieb sich den Nacken.
»Auf die McLowery Ranch? Das wird ein schönes Banditennest sein. Am besten wird es sein, da nachts anzukommen.«
»Leider muß ich vorher noch ein Wort mit Oswald Shibell reden. Ein Glück übrigens, daß ich Jonny Miller in Behans kleines Jail gesteckt habe. Da hat ihn niemand gesucht. Richter Gordon wird ihn ebenfalls dem Henker überantworten. Wahrscheinlich hat er nicht nur Ernest Pilgram getötet!«
In der Stadt war aufgeräumt.
Die Mörder waren erledigt, der Richter verreist – und die Galgenmänner ausgeflogen.
Wyatt Earp, Luke Short und Doc Holliday ritten aus der Stadt.
Bei der kleinen Pferdewechselstation Hawkinsfield hielt der Marshal an.
Alle drei stiegen von den Pferden, und Wyatt sagte laut: »Luke, Sie reiten zuerst zurück. Die Leute in der Stadt haben uns wegreiten sehen. Sie werden die Banditen benachrichtigen. Und dann sind Sie bereits in der Stadt. Wir kommen ebenfalls auf einem Umweg zurück.«
Die beiden blickten ihn verblüfft an.
Wyatt trat auf den kahlköpfigen Stationshalter zu und bat ihn unter dem Vorwand um eine Nagelzange, daß sich bei seinem Falben hinten rechts ein Hufnagel gelöst habe.
»Natürlich, sofort!« rief der Alte und eilte ins Haus.
Während Wyatt den Huf des Falben betrachtete, erklärte er leise: »Sie reiten jetzt einen Bogen nach Osten, Luke, bis diese alte Schleiereule Sie hier nicht mehr sehen kann und folgen uns dann.«
Holliday lachte, er hatte sofort begriffen. Doch der Tex fragte: »Und…?«
Aber dann feixte auch er.
»Der Alte gehört dazu, he?«