AUF ZAUBER KOMM RAUS. Scott Meyer

AUF ZAUBER KOMM RAUS - Scott  Meyer


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mysteriöserweise ihren Geist aufgab.

      Er öffnete die auf dem Tisch liegende Mappe und begann laut vorzulesen: »James ›Jimmy‹ Sadler. Zweiundsechzig Jahre alt. Abschluss an der Caltech mit einem soliden Befriedigend, dann Job bei Intel. 1986 ins Visier geraten wegen Auffälligkeiten in deiner Personalakte; die enthielt eine Beförderung, an die sich, außer dir natürlich, niemand erinnern konnte. Kurz nach Beginn der Ermittlungen bist du dann spurlos verschwunden. Gestern dann tauchst du hier auf, im Hauptquartier des Seattle PD, um mit uns zu sprechen.«

      Jimmy strahlte. »Ja, ich wollte …«

      Agent Miller fiel ihm ins Wort. »Klappe, Jimmy. Ich war mit meiner Geschichte noch nicht fertig. Ich wollte erzählen, bevor du mich so unhöflich unterbrochen hast, dass das Seattle PD unsere Dienststelle angerufen hat. Unsere Dienststelle musste dann uns anrufen, weil wir nicht in der Dienststelle waren. Möchtest du wissen, wo wir waren, Jimmy?«

      Jimmy sagte: »Ja.« Sein Lächeln strahlte jetzt allerdings ein bisschen weniger.

      »Wir waren am Flughafen. Weißt du, wir waren gerade aus einem Flugzeug ausgestiegen. Ein Flugzeug aus Seattle. Also sind wir, anstatt nach Hause zu fahren, direkt wieder in das nächste Flugzeug eingestiegen.«

      Jimmys Lächeln verschwand und an dessen Stelle trat ein wohlgeübter Ausdruck des Bedauerns. »Oh, das tut mir leid. Ich hatte gehofft, Sie vor Ihrer Heimreise zu erwischen. Ich bin davon ausgegangen, dass Sie ein paar Tage hier sein würden, um zu ermitteln.«

      Agent Millers Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Jimmy, weißt du, für wen wir arbeiten?«

      Jimmy zuckte mit den Schultern. »Den amerikanischen Steuerzahler?«

      Miller machte ein finsteres Gesicht. »Nein. Nun ja, irgendwie schon, aber in erster Linie arbeiten wir für das US-Finanzministerium. Hast du eine Ahnung, was die Aufgabe des US-Finanzministeriums ist, Jimmy?«

      »Zu ermitteln …«

      Agent Miller unterbrach ihn wieder. »Das Geld zusammenhalten. Das ist die Aufgabe des Finanzministeriums. Es ist besessen davon, den Weg jedes einzelnen Pennys der Steuerzahler zu verfolgen. Glaubst du, die haben Lust, viel Geld dafür auszugeben?«

      Jimmy nickte. »Nein, ich denke …«

      »Nein, haben sie nicht, Jimmy!«, blaffte Miller. »Nein, haben sie nicht. Also, was denkst du, wie wahrscheinlich es ist, dass sie Hotelzimmer für Murph und mich bezahlen, solange wir hier in Seattle ermitteln? Was genauso gut die örtlichen Behörden übernehmen könnten, statt Murph und mich in die Holzklasse des billigsten Flugs nach L.A. zu verfrachten?«

      Miller erhob sich und baute sich vor Jimmy auf. »Wir hatten gestern keine Zeit irgendwas zu machen. Wir sind nach L.A. geflogen, haben unsere Mailboxen abgehört, hingen zwei Stunden am Flughafen rum und sind wieder hierher zurückgeflogen. Der einzige Lichtblick war der Zwischenstopp beim örtlichen Fischmarkt, bevor wir zum Flughafen gefahren sind.«

      »Oh«, sagte Jimmy fröhlich, »wo sie die riesigen Fische durch die Gegend schmeißen?«

      »Ja, genau der«, antwortete Agent Miller müde.

      »Wie war's?«, fragte Jimmy.

      »Es war ein Fischmarkt. Du warst doch schon mal auf einem Fischmarkt, oder Jimmy? Es war genau das. Nur voller Typen, die rumschreien und riesige, tote Fische durch die Gegend schmeißen. Klingt das nach Spaß, Jimmy? Es ist mir schleierhaft, wie man die Leute davon überzeugen konnte, das sei eine Touristenattraktion. Alles ein einziger Schwindel. Ich bin mir ziemlich sicher, es war immer der gleiche Fisch, der rumgeschmissen wurde, ganz egal, was irgendjemand geschrien hat.« Miller nahm schnaufend wieder auf seinem Stuhl Platz. Er tauschte Blicke mit Agent Murphy, der mit den Schultern zuckte. Schließlich fuhr Agent Miller fort: »Es gab einen Laden, der winzige Donuts hatte. Die waren richtig gut.«

      Jimmy machte eine wohlbedachte Pause und lehnte sich vor. »Schauen Sie, meine Herren, ich muss mich entschuldigen. Hätte ich gewusst, dass Sie die Sache einen Tag Produktivität kosten würde, dann hätte ich mich früher gemeldet. Nichtsdestotrotz, jetzt sind Sie hier und wir können uns gegenseitig helfen.«

      Agent Miller schnaubte: »Jimmy, ich sehe ja ein, dass wir in der Lage wären, dir zu helfen. Aber wie um alles in der Welt könntest du uns jemals helfen?«

      »Gestern haben Sie versucht, Martin Banks zu verhaften«, sagte Jimmy. »Er ist entkommen. Ich wette, er hat dabei mindestens eine Sache getan, die Sie sich nicht erklären können. So wie ich ihn kenne, wahrscheinlich mehr als eine.«

      Die beiden Agents sahen sich an, bevor Miller sagte: »Soll das heißen, du hast Informationen über Mr. Banks Verbleib?«

      »Ich kann Ihnen nicht sagen, wo Martin jetzt ist, aber ich kann Ihnen sagen, wo er hingegangen ist, und was noch viel wichtiger ist, ich kann Ihnen zeigen, wie er dort hingekommen ist.«

      Agent Miller verbarg seine Aufregung, was für Jimmy ein stärkeres Anzeichen von Aufregung war, als Aufregung selbst.

      »Okay«, sagte Agent Miller, »was willst du für die Informationen. Immunität?«

      Jimmy erwiderte: »Ich brauche keine Immunität. Gegen mich liegt nichts vor, und alles, was ich vielleicht getan haben könnte, liegt dreißig Jahre zurück. Das wäre alles längst verjährt, wenn irgendwas davon illegal wäre, was nicht der Fall ist. Auch das, was ich Ihnen zeigen werde, ist streng genommen nicht illegal.«

      Miller schüttelte den Kopf. »Du sagst, du willst uns zeigen, was Banks gemacht hat, richtig? Tja, er ist aus dem Polizeigewahrsam entkommen, nachdem er es irgendwie geschafft hat, Zehntausende Dollar, die nicht ihm gehören, auf sein Konto einzuzahlen. Wie soll er das legal gemacht haben?«

      Jimmy kannte keine Details darüber, wie es dazu hatte kommen können, dass die Behörden auf Martin aufmerksam geworden waren. Was er hörte, amüsierte ihn, überraschte ihn jedoch nicht. Jimmy erklärte: »Es ist nicht illegal, wegen der Art, wie Martin an das Geld gekommen ist.«

      Miller beugte sich näher ran und fragte: »Wie denn?«

      Jimmy beugte sich ebenfalls vor, und auch er sprach jetzt leiser: »Mittels etwas, das der Gesetzgeber niemals für möglich gehalten hätte.«

      »Was soll das sein?«, bohrte Agent Miller weiter.

      »Das, was ich Ihnen zeigen werde«, gab Jimmy zurück.

      »Und was hast du davon?«, fragte Miller.

      »Die Gewissheit, meine Bürgerpflicht getan zu haben«, antwortete Jimmy. Eine leicht zu durchschauende Lüge. Ganz so, wie von Jimmy beabsichtigt. Männer, so wie die beiden Agents Miller und Murphy, waren es gewohnt, mit nicht vertrauenswürdigen Leuten zu tun zu haben. Ehrlichkeit hätte sie nur verwirrt. Die einzige Möglichkeit, von ihnen für vertrauenswürdig gehalten zu werden, bestand darin, ihnen zu bestätigen, dass man genau das war, für das sie einen hielten: nicht vertrauenswürdig.

      Jimmy hielt dem starren Blick von Miller einige Sekunden stand und tat, als ob er mit sich ringen müsste, bevor er mit leicht erhöhter Stimme gestand: »Und ich benötige ein paar Dinge. Eine Bleibe. Etwas zu Essen. Einen Computer.«

      Miller lehnte sich zurück und lachte. »Alter Mann, wie sollen wir das denn unseren Vorgesetzten verkaufen?«

      »Sagen Sie ihnen, dass ich Informationen zu dem habe, was gestern Nachmittag passiert ist, und in zahlreichen anderen Fällen von Unterschlagung und Bankbetrug, die in den letzten dreißig Jahren mit einem mysteriösen Verschwinden geendet haben.«

      Agent Miller dachte darüber nach, dann sagte er: »Klar, vielleicht würden sie etwas Kohle lockermachen, wenn ich ihnen das sagen würde. Das Problem dabei ist, dass ich nicht glaube, dass ich ihnen das sagen werde, denn, wie du selbst gesagt hast, dazu müsste erst mal ich glauben, dass du diese angeblichen Informationen hast, und ich habe noch nichts gesehen, was mich davon überzeugen würde.«

      »Haben Sie nicht?«, fragte Jimmy. »Haben Sie die große, hässliche Lampe nicht bemerkt, die vor Ihnen auf dem Tisch steht? Finden


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