Im Sonnenwinkel Staffel 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg

Im Sonnenwinkel Staffel 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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wird die Klinik ja bald eröffnet werden«, bemerkte sie geistesabwesend. »In Hohenborn warten sie schon darauf. Die Kinderstation ist hoffnungslos überfüllt. Aber eigentlich wollte ich dich was anderes fragen, Sabine. Hast du mal wieder was von Hasso gehört?«

      »Nein«, antwortete Sabine abweisend, »ich lege auch keinen Wert darauf.«

      »Abgehalfterte Männer sind auch unberechenbar«, sagte Carla. »Entschuldige bitte, aber ich mache mir manchmal nur Sorgen.«

      »Er wird es nicht wagen, mir noch einmal unter die Augen zu treten. Das war wirklich der größte Fehler, den ich je gemacht habe, Carla.«

      »Ich wäre nur froh, wenn er dich in Ruhe ließe. Mir spukt das dauernd im Kopf herum. Heute habe ich mir doch tatsächlich eingebildet, er wäre an mir vorbeigefahren.«

      Mit schreckensvollen Augen blickte Sabine Carla an.

      »Es war sicher eine Täuschung«, erklärte Carla rasch. »Anton meinte es auch. Aber ich halte es doch für besser, wenn du auf der Hut bist, Sabine. Er war schon immer hinterhältig, wenn auch feige.«

      Sabine starrte sie an. »Du kennst ihn doch von Kindheit an. Was hat er eigentlich alles angestellt?«

      »Die Leute schikaniert. Ein Sillberg konnte sich das ja erlauben. Er war einfach boshaft.«

      »War er eigentlich auch ein guter Schütze?«, fragte Sabine tonlos.

      Carla Richter zuckte zusammen. »Ich wüsste nicht«, flüsterte sie. »Was denkst du, Sabine?«

      »Diese Schießerei geht mir auf die Nerven. Er hasst Nicolas. Ich bin schon völlig durcheinander. Dieser Handschuh und nun sagst du auch noch, du hättest ihn gesehen.«

      »Ich kann es nicht beschwören. Aber was ist mit einem Handschuh?«

      »Jonny hat ihn im Wald gefunden. Ein Autohandschuh, der so aussieht wie einer von denen, die ich Michael einmal geschenkt habe. Carla, würdest du es Hasso zutrauen, dass er … Aber das ist doch alles Wahnsinn.«

      »So verrückt wird er doch nicht sein. Und was sollte er damit bezwecken?«

      »Ich weiß es doch auch nicht.« Sabine fasste sich an die Stirn. »Ich habe Angst um Nicolas!«, stöhnte sie.

      Carla schöpfte tief Atem.

      »Du liebst Nicolas Allard, Sabine«, sagte sie leise.

      »Ja, ich liebe ihn«, erwiderte Sabine nach einer kurzen Pause. »Ich liebe ihn und habe Angst um sein Leben.«

      »Hasso von Sillberg ist ein Feigling«, erklärte Carla ruhig. »Er würde nie wagen, einem Mann wie Dr. Allard entgegenzutreten. So weit kenne ich ihn.«

      »Aber vielleicht würde er ihn aus dem Hinterhalt erschießen«, flüsterte Sabine.

      »Ich glaube, wir reden uns jetzt wirklich etwas ein. Anton würde mich schön schelten, wenn er es wüsste.« Schweigend sah Sabine sie an.

      »Bleib noch«, bat sie, als Carla ihr die Hand zum Abschied entgegenstreckte. »Es war doch nicht nur Zufall, dass wir uns kennenlernten. Es war Schicksal, Carla. Du kanntest Hasso, und gerade hier musstest du ihm begegnen. Du kanntest ihn länger als ich, aber ich war mit ihm verlobt und kannte ihn nicht. Das ist kein Zufall, es ist von Gott bestimmt. Du bist meine Freundin geworden, und nun frage ich dich: Hältst du Hasso für fähig, einen Mord zu begehen?«

      »Nein!«, stieß Carla hervor. »Er müsste völlig verrückt sein. Er ist eitel, und deshalb muss es ihn arg getroffen haben, dass du ihn hast fallen lassen. Aber deswegen mordet man doch nicht. Vergiss es Sabine, ich flehe dich an!«

      »Ich frage mich nur, ob ein Mensch, der andere betrügt, nicht auch fähig ist, Schlimmeres zu tun«, bemerkte Sabine gequält. »Es wäre so schrecklich für mich, wenn ich Schuld an allem trüge, was diesen wundervollen Frieden hier stört. Es bliebe mir dann doch nichts übrig, als zu gehen.«

      »Nun mal hübsch langsam, Sabine«, erklärte Carla Richter energisch. »Steigere dich nicht in etwas hinein, was nicht bewiesen ist!«

      »Bine, Bine!«, riefen die Zwillinge im Duett, und es erschien Carla wie eine Erlösung.

      »Ich muss jetzt auch wieder zu unserem Toni«, sagte sie rasch.

      *

      Viel schneller vergingen die Tage, als Sabine gemeint hatte. Felix und Sandra kehrten wohlbehalten und in beschwingter Stimmung zurück.

      Von den Zwillingen wurden sie mit gedämpfter Freude begrüßt, womit sie wohl zeigen wollten, dass sie noch beleidigt waren.

      »Ihr habt mich wohl gar nicht vermisst?«, fragte Sandra.

      »Mami, Papi fot, Bine da«, erwiderte der kleine Felix.

      »Dotto auch da«, schloss sich Alexandra an.

      »Dotto?«, fragte Sandra.

      »Dr. Allard«, erklärte Sabine errötend. »Am ersten Tag waren die Kleinen heiser, da habe ich ihn vorsichtshalber kommen lassen.«

      »Und gleich waren sie Feuer und Flamme für ihn«, mischte sich Teta ein.

      »Es wird Zeit, dass wir Dr. Allard auch näher kennenlernen«, äußerte Sandra. »Ich hoffe, dass ihr uns bald besuchen werdet, Sabine.«

      »Nächste Woche wird bei uns der Betrieb beginnen«, entgegnete Sabine.

      »Dann kommt doch gleich morgen«, schlug Sandra vor.

      »Finde dich erst mal wieder zurecht«, lenkte Sabine ab.

      Sie konnte nun wieder heimfahren, heim zu Nicolas, und wenn die Zeit mit den Kindern auch beglückend gewesen war und sie nun hinter ihr her weinten, so wusste sie doch, dass sie wahrhaft glücklich nur mit Nicolas sein konnte, und die Angst, dass dieses Glück zerstört werden könnte, wuchs wieder in ihr.

      Während ihrer Abwesenheit hatten die Handwerker ihre Arbeit beendet. Aber zu ihrer maßlosen Enttäuschung war Nicolas nicht da. Frau Thewald sagte ihr, dass er nach Hohenborn gefahren sei und dass schon morgen zwei kleine Patienten kämen.

      Für Sabine war am Morgen ein Brief von Michael gekommen. Als sie ihn las, weiteten sich ihre Augen in ungläubigem Staunen.

      *

      Für Michael hatte sich die Welt verändert. Durch Lisa! Wie viel ihm dieses Mädchen bedeutete, wurde ihm klar, als sie seine Hilfe erbat. Sie hatte geschrieben, was sie nicht sagen konnte, was aber auch nicht mit Gesten auszudrücken war.

      Es betraf nicht sie selbst und auch nicht ihn, was er da las. Doch die Tatsache, dass sie sich an ihn wandte, und nicht an Dr. Valdere oder André, machte ihm bewusst, wie sehr sie ihm vertraute. Dieses Vertrauen durfte er nicht enttäuschen.

      Ich möchte Jill mitnehmen, hatte sie geschrieben. Sie ist so klein und so verlassen. Dr. Valdere sagte, dass sie keine Angehörigen mehr hätte und in ein Waisenhaus gebracht würde. Sie ahnt es wohl. Sie klammert sich an mich. Sie braucht jetzt nichts so sehr wie Liebe, Michael. Man muss ihr doch die Angst nehmen, die durch dieses schreckliche Erlebnis ausgelöst wurde. Ich fühle mich so hilflos, weil ich nicht aussprechen kann, was ich denke, weil ich mich nicht mit aller Leidenschaft für Jill einsetzen kann. Würdest Du es für mich tun, Du, mein Freund?

      Und er hatte es getan, mit der Leidenschaft und Unerschütterlichkeit, die Lisa erhoffte. Er hatte sich für dieses fremde kleine Mädchen eingesetzt, um sich Lisas Vertrauen würdig zu erweisen.

      Mit dem Einfluss, den der Name Jostin hier hatte, war es ihm gelungen, alle Widerstände zu beseitigen. Lisa konnte Jill mitnehmen.

      Und dies hatte Michael nun seiner Schwester Sabine geschrieben, dies und noch mehr.

      Mag es Dir auch befremdlich vorkommen, Sabine, aus meinem Leben ist Lisa nicht mehr wegzudenken, und glaube nicht, dass es Mitleid sei.

      So schloss sein Brief, den Sabine mehrmals las.

      Sie würden nun bald kommen. Lisa, Michael


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