Mut. Rotraud A. Perner
Ithaka steht vor den bestürzten frevelhaften Freiern, die er nun Pfeil auf Pfeil hinrichtet (und die mit ihnen buhlenden Dienerinnen gleich dazu).
Gleichmut ist nicht zu verwechseln mit Wurschtigkeit, wie man auf Österreichisch die Geisteshaltung der absichtlichen Verweigerung irgendeiner Bezugsnahme benennt. Wurscht – die Dialektaussprache von Wurst – deutet auf einen in einer glatten Hülle eingeschlossenen Mix verschiedener Zutaten. Man weiß nicht, was darin ist, will es aber auch gar nicht wissen. Ähnliche Verwechslungsgefahr besteht gegenüber dem Gebrauch des Wortes »egal«, das eigentlich »gleiche Gültigkeit« aufzeigt, nicht aber die pejorative Bedeutung von distanzierter Gleichgültigkeit. Viele Menschen sind leider in ihrer Jugend im Deutschunterricht nicht darauf hingewiesen worden, wie stark Fehlformulierungen die eigene Befindlichkeit und damit unser Gemüt beeinflussen.
Wir denken ja meist in Sprache – im sogenannten »inneren Dialog« – und wählen gewohnheitsmäßig unpassende Worte, wie wir sie eben von denjenigen gehört haben, die sie uns als Kleinkindern vorsagten. Deswegen ist es wichtig zu üben, sich im Gespräch klar auszudrücken – und dazu brauchen wir einerseits den Frage-Mut, damit meine ich, bei Unklarheiten nachzufragen, andererseits aber auch den Selbstkritik-Mut, wenn man auf Unklarheit hingewiesen wird, dafür zu danken – wir arbeiten damit daran, einander besser zu verstehen und schaffen ein Vorbild sowie einen Beitrag zu sozialem Frieden.
Wir brauchen einerseits den Frage-Mut, andererseits aber auch den Selbstkritik-Mut.
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Unterschieden, die üblicherweise als Charaktereigenschaften beschrieben und für unveränderlich gehalten werden. Es will aufzeigen, dass das mit der Unveränderlichkeit nicht stimmt, sondern nur eine beharrliche Willenskundgebung ist, sich nicht ändern zu wollen – was bedeutet, eigene Unvollkommenheit zu verleugnen, weil ihr Zugeständnis etwas Unerträgliches wäre. Man hat nicht den Mut, sich infrage zu stellen – und anderen, die es wagen, einem einen Spiegel vorzuhalten, geht man aus dem Weg. Damit wird aber möglicher Verbesserungsbedarf nicht entdeckt und schon gar nicht verwirklicht.
Dabei kann man solche »angeblichen« Charakterzüge auch ohne therapeutische Hilfe ändern – vorausgesetzt man ist dazu bereit und kennt die Methode.
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