Morgen ist woanders. Elisabeth Etz
Schützenweg
»Nein.«
»Was heißt ›nein‹? Ich hab schon alles ausgefüllt.«
Mart rührt sich nicht. Ich schiebe ihm die Formulare näher heran.
»Fehlt nur noch die Unterschrift«, sage ich nachdrücklich.
Mart sieht mich schweigend an. »Welche Unterschrift?«, fragt er schließlich.
»Deine. Hier. Und hier.« Ich zeige auf die freien Felder.
Mart schüttelt den Kopf. »Es gibt keine Unterschrift.«
Er sieht mich mit schmalen Augen an. »Was glaubst du, was das kostet?«
»Ich zahl mir das selber«, sage ich mit fester Stimme. »Ich brauch nur die Unterschrift.«
»Ha, selber. Und mit welchem Geld, wenn ich fragen darf?«
»Ich hab im Sommer gearbeitet.«
»Als Drogendealer?« Mart dreht mir den Rücken zu und geht aus dem Raum.
Meine Mutter lehnt im Türstock und sieht uns zu.
Ich weiß, dass ein Austauschjahr in Australien nicht billig ist. Auch wenn es sich um kein Jahr handelt, sondern nur um ein oder zwei Terms. Mit Flug und Unterkunft in einer Gastfamilie kommen da schon einige Tausend Euro zusammen.
Aber zuerst brauche ich die Unterschrift eines Erziehungsberechtigten. Weil Mart mich adoptiert hat, als ich noch zu klein war, um etwas dagegen zu sagen, ist er das. Wenn er unterschrieben hat, lässt er sich beim Geld sicher auch umstimmen. Ist ja nicht so, dass er keins hat. Außerdem gibt es Stipendien, für die ich mich vielleicht bewerben könnte. Gut genug in der Schule wäre ich, und das außerschulische Engagement, das die da verlangen, kann ich ja zumindest mal behaupten.
Flehend sehe ich meine Mutter an. Die könnte schließlich auch unterschreiben.
Sie seufzt demonstrativ. »Mart weiß schon, was er tut. Glaub mir.«
»Mart will mich nur hierhalten, damit er jemanden kontrollieren kann«, fauche ich. »Dabei hat er doch dich.«
»Jetzt reicht’s aber!« Wenn meine Mutter wütend ist, bekommt ihr Hals lauter rote Flecken.
»Ja, mir reicht’s«, schreie ich. »Ich halt es hier nicht mehr aus! Ich geh zu meinem Vater!«
Verdammt, wo kam das jetzt her?
Mart