Perry Rhodan 3078: Pluto. Susan Schwartz

Perry Rhodan 3078: Pluto - Susan Schwartz


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die vielen Stoffbahnen ihrer Gewänder fester um sich. Die Wärme konnte nicht gespeichert werden, der Sand erkaltete sofort. Der warme Goldton verblasste zu Mattbeige.

      Sie lagerten in einer Senke, geschützt von den Dünen ringsum. Khyarat führte getrocknete Moose und Pilzflechten im Gepäck, die er mit einem gasbetriebenen Feuerzünder entfacht hatte. Darauf hatte er Steinholz geschichtet, und als das genug angebrannt war, die Wärmesteine daraufgelegt. Ein wohliges Gefühl breitete sich aus, das Obyn die ganze Nacht davor bewahren würde, in Kältestarre zu fallen.

      Für Notfälle hatten sie einen Gaskocher dabei, aber dessen Einsatz war nur begrenzt möglich, und Obyn hatte nicht gesagt, wie lange sie unterwegs sein wollte. Khyarat war stets auf Sicherheit bedacht.

      In einer Glutschicht wurde ein Teigfladen ausgebacken, und in einem Kessel über der Feuerstelle brodelte ein Eintopf. Khyarat schöpfte daraus nacheinander in zwei Schalen und reichte eine an Obyn weiter, zusammen mit einem prächtig verzierten Holzlöffel. Einsiedler aßen mit den Händen, in den Gefilden wurden zumeist Tonbestecke verwendet. Metallschmelzen wurden dafür nicht eingesetzt.

      Ein Holzlöffel war eine Ehrengabe und sehr kostbar. Obyn war das nicht so wichtig, aber als sie in der Schale rührte, stellte sie freudig überrascht fest: »Da ist ja Fleisch drin!«

      Das war ihr mehr wert als jeder Besitz.

      »Du weißt es nicht mehr, oder? Als wir heute Mittag angehalten haben, um Wasser zu schöpfen, entdeckte ich einen Darameti in der Düne.«

      Obyn erinnerte sich, aber sie hatte nicht darauf geachtet, dass ihr Begleiter den Darameti mitgenommen hatte. Khyarats Augen waren schärfer als ihre, er bemerkte selbst in seinem Alter jede noch so kleine Bewegung im ewigen Sand. Ihm war aufgefallen, dass fast am Fuß der Düne neben dem Wasserschacht eine fingernagelgroße Veränderung zu erkennen war, eine dunklere Stelle. Das bedeutete, ein Tier grub sich durch den Sand und transportierte Körner aus den tieferen Schichten nach oben. Obyn hatte überhaupt nicht darauf geachtet, erst als Khyarat es ihr gezeigt machte.

      Der Hilfesteller hatte sich flink darauf zubewegt, kurz gezögert – und dann blitzschnell zugepackt. Triumphierend hatte er die Hand aus dem Sand zurückgezogen und eine sich windende grüne Echse hochgehalten, deren langer Schwanz wild peitschte. Seine beiden Außendaumen schlossen sich um den Hals des Darameti und drückten zu. Sofort erschlaffte das Tier – und nun bildete es eine wohlschmeckende Ergänzung zum abendlichen Einerlei. Der Eintopf bestand normalerweise aus eingekochten und sauer eingelegten Pflanzenfasern, Blättern, Knollen, ein paar Zuckerfrüchten, und nur sehr selten einmal Fleisch. So wie in dieser Nacht.

      »Du sorgst so gut für mich, und ich kann es dir nicht vergelten«, sagte Obyn gerührt.

      »Ich profitiere davon genauso wie du, Jinirali.«

      Die Heimatwelt Yenren bestand an der Oberfläche nur aus mächtigen, zumeist lebensfeindlichen Wüsten, doch in den Tiefen existierten riesige Wasserreservoire, die über ein Netz aus Adern miteinander verbunden waren, aus denen die Flora, die Fauna und die Yenranko schöpften. Manche Adern verliefen so knapp unter dem Sand, dass Pflanzenwurzeln hineinstoßen konnten, die den Grundstein der großen, üppigen Oasen bildeten. Wenn man dort ein bisschen im Sand wühlte, stieß man auf Feuchtigkeit, nicht selten sprudelte sogar Wasser hervor.

      »Es schmeckt ausgezeichnet«, lobte die Veteranin, die es nicht sonderlich mochte, Jinirali genannt zu werden, da sie schon lange nicht mehr im aktiven Militärdienst war. Gewiss, der Rang stand ihr zu, aber sie wollte nichts mehr von Krieg und Kampf wissen. Sie war in ihrem Alter nicht mehr stolz auf ihre Leistungen, die ihr Ruhm und Bewunderung und hohe Ehren wie den Holzlöffel eingebracht hatten.

      Vielmehr wünschte sie sich, von allen vier Wüsten den Sand zu tauschen und zu einem farbenfrohen Gemenge zu mischen. Der Sand jeder der vier Wüsten unterschied sich deutlich in den Farben, und ihn zu vermengen, statt starre Grenzen zu schaffen, war Obyns Alterstraum. Endlich Frieden zu schaffen und gemeinsam technische Erleichterungen weiterzuentwickeln. Gemeinsam Ressourcen schöpfen und Anbau betreiben, damit niemand mehr darben oder einem anderen den Besitz neiden musste.

      Darüber durfte sie auf keinen Fall öffentlich sprechen, denn man würde ihr gar nicht erst zu Ende zuhören, sondern ihr augenblicklich vorwerfen, sie wolle den eigenen Sand wegwerfen und das Volk von Yacol verraten, das zu verteidigen sie vor langer Zeit geschworen hatte. Die Strafe für Verräter lautete auf lebenslange Verbannung, man wurde ohne Kleidung und ohne Hilfsmittel zum Einbruch der Nacht an der Oberfläche in der Wüste ausgesetzt. Viele überlebten nicht einmal die erste Nacht.

      Es würde selbst Khyarat das Herz brechen, würde Obyn ihm im Vertrauen ihre wahren Gedanken offenbaren. Er würde annehmen, dass sie Sand unter den Lidern hatte und zu keinem klaren Gedanken mehr fähig, wenn nicht senil geworden war. Und er würde sie anklagen und die Höchststrafe fordern, ohne Rücksicht auf ihr Alter und ihre Verdienste. Aus Traditionsbewusstsein und Enttäuschung.

      Sie kannten einander lange, waren vertrauter miteinander als mit ihren jeweiligen Verwandten, ja selbst den Nachkommen. Sie waren die besten Freunde. Doch es gab Grenzen. Obyn stand stets im Rang über Khyarat, und er diente ihr. Das war die eine Marke. Die andere betraf ketzerische Gedanken, die besser im Sand verborgen blieben.

      Obyn konnte nicht einmal in diesen Tagen, da sie spürte, wie die Wärme von ihr wich, offenbaren, was sie schon ihr halbes Leben lang beschäftigte. Ihr Traum würde nichts weiter als ein Hirngespinst bleiben. Das bedauerte sie am meisten.

      *

      Obyn war geboren und aufgewachsen in Gefilde-1, der Hauptstadt der Wüste Yacol. Der goldenen Wüste, wie manche sagten, wegen der Farbe des Sandes. Ein unbeteiligter Besucher würde lange brauchen, um den Zugang zu der unterirdischen Stadt zu finden, denn die Yacol wussten sich zu schützen.

      Gefilde-1 war sehr groß, gut 35.000 Yenranko lebten darin. Bis mindestens 15 Meter Tiefe waren Gänge und Tunnel in den Sand gegraben worden und verfestigt durch den Leim, ein Drüsensekret, das alle Yenranko auf dem Rücken absondern konnten.

      Die Baumeister hatten gelernt, besonders viel von dem bläulichen Sekret herstellen zu können. Und so hatten sie einst zuerst Gänge angelegt und Tunnel, dann Belüftungsschächte und Kanäle, zuletzt Höhlen, und diese Höhlen schließlich erweitert. Behausungen wurden hineingemörtelt, Sektionen angelegt – zum Wohnen, zum Arbeiten und ganz besonders in der Nähe einer selbst hergeleiteten und angelegten Zisterne zum Anbau von Nahrungsmitteln.

      Wenn man tief genug grub, fand man Felsgestein mit Adern von Erzen, Mineralien und Metallen, die für Flugzeugantriebe und Ähnliches verwendet wurden.

      Den kostbarsten Stoff bildeten die Karynti, biolumineszente Pilze, die nicht nur äußerst nahrhaft waren, sondern die durch ihre Kappen und die Myzele in der Lage waren, ein schwaches Licht zu verströmen, das die unterirdischen Gefilde erhellte. Die korngroßen Sporen waren das wertvollste Zahlungsmittel neben dem Tauschhandel und heiß begehrt, je nach Qualität. Zehn schwarze Karynti wogen hundert ockerfarbene auf.

      Sämtliche Abfälle, auch Ausscheidungen, wurden täglich abtransportiert und in einer abseits gelegenen Höhle getrennt und zum großen Teil der Wiederverwertung zugeführt – als Dünger, als Beimengung zu Ton, für die Herstellung von Glas und Metalllegierungen. Auch Gaserzeugung aus natürlichen Abfällen spielte eine enorme Rolle, um die Randzonen der Großstadt mit ausreichend Wärme zu versorgen.

      In den üppigen Oasen waren die Anpflanzung und Obhut der enorm stabilen Hohlbäume die wichtigsten Aufgaben, denn die Stämme konnten mit Fluggas befüllt werden, das vor langer Zeit in riesigen Gaskammern in den tieferen Gesteinsschichten gefunden worden war und seither abgebaut wurde. In weiteren, höher gelegenen Kammern, die durch ein ausgetüfteltes Schachtsystem Lichteinfall hatten, wuchsen Gräser mit einem besonders hohen Ölgehalt, das unter anderem als Grundlage für Treibstoffe diente. Man hatte nach vielen Fehlversuchen gelernt, Treibstoffe herzustellen, die nicht sofort explodierten und in einfachen Tanks über Leitungen und Pumpen den Antrieb des Motors versorgten. Damit war es möglich, sich in die Luft zu erheben und die Reisen auf weite Distanzen erheblich zu verkürzen. Auch der Krieg bekam damit eine neue Qualität. Truppentransporter, Beschuss, Granaten


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