Gefangen im Game - Angriff der Unsichtbaren. Dustin Brady

Gefangen im Game - Angriff der Unsichtbaren - Dustin Brady


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Gregory wandte sich zu mir. „Das darf dir nicht passieren.“

      „DAS FÄNDE ICH GANZ TOLL, WENN MIR DAS NICHT PASSIEREN WÜRDE!“, kreischte ich.

      „Also, da du es offenbar noch nie gespielt hast, das Ziel des Spiels ist es“, Mr Gregory musterte mich skeptisch, „Wild-Wesen einzufangen. Dazu musst du Wild-Wesen, die dir in der Wildnis über den Weg laufen, gegen Wild-Wesen, die du bereits in der Wildnis gefangen hast, kämpfen lassen.“

      „Sie haben innerhalb von zwei Sekunden fünfmal ‚wild‘ gesagt.“

      „Und als ich diese Leguanobra in der Wildnis entdeckt habe …“

      „Sechsmal. Und ich habe auch keinen Schimmer, was das ist.“

      „… Als ich diese Schlange entdeckt habe, konnte ich sie mit meinem Handy einfangen, indem eins meiner eigenen Wild-Wesen – äh, Monster – sie besiegte. Ich habe einen Salamanatter – das geckoartige Ding – ausgewählt, weil die sich gegen Schlangen gut schlagen. Hätte die Schlange meinen Gecko besiegt, wäre er für vierundzwanzig Stunden ausgefallen. Aber da mein Gecko die Schlange geschlagen hat, kann ich sie behalten und sie bei Kämpfen einsetzen.“

      „Und da ich in dem Game bin …“

      „Jeder mit einem Handy kann gegen dich kämpfen und dich für immer in seinem Handy gefangen halten.“

      „Na ja, es wäre mir ganz recht, wenn das nicht passieren würde.“

      „Genau, deshalb musst du Leuten aus dem Weg gehen, die das Spiel spielen.“

      „Woran erkenne ich, ob jemand das Spiel spielt?“

      „Na ja, daran, dass jemand durch die Gegend läuft und dabei auf sein Telefon starrt.“

      Ich sah ihn mit verengten Augen an. „Na, das trifft auf alle zu.“

      „Hör mal, ich weiß, das ist nicht gerade toll, aber da, wo wir hingehen, müssten wir den meisten Leuten aus dem Weg gehen können.“

      „Und wo ist das?“

      Mr Gregory lächelte und beugte sich vor. „Na, dort, wo Mark ist, natürlich, um ihn zu retten.“

      Bei der ganzen Aufregung darüber, dass ich zu einem Geist geworden war, hatte ich Mark völlig vergessen. „Oh, das ist klasse! Aber wie? Steckt er nicht in einem anderen Spiel fest?“

      „Ich erkläre dir noch alles“, erwiderte Mr Gregory. „Als Erstes müssen wir aber deinen Eltern Bescheid sagen, dass es dir gut geht.“

      „Oh ja, das ist eine gute Idee. Möchten Sie an die Tür klopfen und es ihnen mitteilen? Sie sind beide in der Küche.“

      „Glaubst du, sie wären erleichtert, wenn ein fremder Mann an ihre Tür klopft und ihnen mitteilt, dass mit ihrem vermissten Sohn alles in Ordnung ist und er in einem Spiel feststeckt?“

      „Oh, wahrscheinlich nicht. Verstecken Sie sich deshalb in den Büschen?“

      „Zum Teil, ja. Eric spielt Go Wild, oder?“

      „Bestimmt.“

      „Geh auf die andere Straßenseite, gib dich ihm zu erkennen, wenn er das Spiel checkt, und bitte ihn, deine Eltern anzurufen. In zehn Minuten treffen wir uns wieder hier.“

      „Alles klar.“

      „Und, Jacob?“

      „Ja?“

      „Bitte sorg dafür, dass dich sonst niemand sieht.“

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      Müllwagen

      Vier Minuten, bis der Schulbus eintraf, und Eric schnarchte immer noch.

      „Hey.“ Ich stupste Eric an. Natürlich ging mein Finger direkt durch ihn hindurch. „Hey! HEY! Wach auf!“

      Aus Erics Kehle kam ein Müllwagengeräusch.

      Ich warf frustriert die Hände in die Luft. Nach meinem Gespräch mit Mr Gregory war ich sofort über die Straße gerannt, um Eric um Hilfe zu bitten. Damit war ich aber nicht sehr weit gekommen, denn ich versuchte schon seit zwanzig Minuten, ihn wach zu kriegen. Ich probierte alles Mögliche aus: Anschreien, ihm ins Ohr pusten, ja, ich bewarf ihn sogar mit diesem Schnürsenkel liebenden Fellknäuel. Der Müllwagen rumpelte unbeirrt weiter.

      Genau sechzig Sekunden, bevor der Bus eintraf, fiel das Müllauto schließlich aus seinem Bett.

      RUMMS!

      Ohne die Augen zu öffnen, blieb Eric stöhnend auf dem Boden liegen und zog langsam seine Socken an.

      „Eric! Endlich! Ich brauche deine Hilfe!“, schrie ich.

      Er bohrte in der Nase und kratzte sich am Bauch.

      „Los, los, los!“

      Er schnappte sich ein herumliegendes T-Shirt, schnupperte daran, verzog das Gesicht und warf es wieder weg. Er testete ein anderes. Das war offenbar passabel. Ich drehte mich um, während er sich anzog.

      „Schalt dein Handy ein! Eric, du steigst besser nicht in diesen Bus!“

      Er schaltete sein Handy nicht ein. Er stieg in den Bus.

      Nachdem sich Eric in weniger als dreißig Sekunden für die Schule fertig gemacht hatte, stolperte er die Treppe hinunter, verabschiedete sich murmelnd von seiner Mom und schnappte sich seine Büchertasche. Er erreichte die Straßenecke im selben Moment, als der Bus in Sicht kam. Ich blickte nervös in Richtung Bus. Jeweils vier von fünf Kindern starrten auf ein Handy oder iPod. Wie viele von ihnen spielten wohl Go Wild? Ich sah auf die andere Seite der Straße. Mr Gregory drehte in den Büschen völlig durch.

      Ich konnte das mit Eric sein lassen und das Beste hoffen. Aber dann würden sich meine Eltern schreckliche Sorgen machen und die Polizei anrufen und Mr Gregory könnte Ärger kriegen und wir würden vielleicht keine Gelegenheit mehr bekommen, Mark zu retten. Ich schaute noch einmal zum Bus. Auch wenn mich ein paar Schüler in dem Spiel sahen, würde es ihnen vermutlich gar nicht auffallen, weil ich sowieso jeden Tag mit diesem Bus fuhr, oder? Bestimmt würden sie mich für einen normalen Jungen halten, der in die Schule ging, und nicht für einen unsichtbaren Geist, den sie für immer in ihren Handys einsperren konnten.

      Der Bus kam langsam zum Halten. Ich warf einen letzten Blick über die Straße zu Mr Gregory, der wie ein Irrer mit den Armen wedelte, und stieg nach Eric in den Bus. Er setzte sich weiter vorne an seinen gewohnten Platz und ich setzte mich wie gewohnt neben ihn. Wir fuhren los. So weit, so gut. Bisher richtete niemand sein Handy auf mich. Ich saß da und wartete darauf, dass Eric sein Telefon herausholte. Obwohl er nach dem Full-Blast-Zwischenfall Games abgeschworen hatte, spielte er immer noch so Zeug wie Go Wild auf seinem Smartphone.

      „Mobile-Games zählen nicht“, hatte er mir letzte Woche erklärt.

      „Was soll das heißen, die zählen nicht? Natürlich zählen die! Das sind auch Games!“

      „Nein, es ist nur dann ein richtiges Game, wenn man es auf einem Fernseher spielen kann.“

      Ich zeigte auf das YouTube-Video, das er zu dem Zeitpunkt auf seinem Handy anschaute. Er wandte sich grummelnd ab.

      Als Eric im Bus anfing, mit seinem Handy zu spielen, dankte ich ihm stumm dafür, dass er letzte Woche nicht auf mich gehört hatte. Er wischte die erste Seite Apps weg, dann die zweite, dann die dritte und vierte und … wie viele Apps konnte er da bloß draufhaben? Schließlich landete er bei dem Spiel seiner Wahl an diesem Morgen.

      Miau, miau, miau, miau.

      Nicht Go Wild.

      Miau, miau, miau, miau.

      Es sah wie ein merkwürdiges japanisches Katzenspiel aus. „Eric!“, brüllte ich, obwohl ich wusste, dass es nichts nutzte.

      Miau,


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