Hey, Milla! - Mein geheimer Wünschesommer. Katharina Schöde

Hey, Milla! - Mein geheimer Wünschesommer - Katharina Schöde


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      Ich schaue fragend zu Angie und deute auf die Ameisen, aber sie zuckt nur mit den Schultern. Anscheinend kann nur ich die Ameisen sehen. Werde ich vielleicht verrückt? Ich kneife die Augen zusammen und halte die Luft an. Drei Ameisen bleiben auf der Buchseite stehen und alle drei recken ihre Köpfe zu mir hoch. Eine von ihnen grinst, eine fletscht ihre Beißzähnchen und die dritte schaut mich dämlich an. Ich taufe sie innerlich

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      Dann beginnen die Ameisen, in meinem Deutschbuch zu tanzen und zu singen:

      »Milla-Muh, dumm wie ’ne Kuh.

      Milla-Muh, stumm wie ein Schuh.

      Die ganze Bande, was ’ne Schande,

      kannst du nicht lesen!

      Milla-Muh, dumm wie ’ne Kuh.

      Milla-Muh, wie dumm bist du …«

      Ich bin nicht dumm! Oder doch? Die Ameisen sind echt gemein und am liebsten würde ich einfach aufstehen und weglaufen. Die ganze Klasse starrt mich an. Ich halte die Luft an und versuche, die bösen Ameisenwörter zu ignorieren. Wenn ich einfach so tue, als ob nichts wäre, dann verschwinden sie vielleicht wieder.

      Es klappt: Die Ameisen erstarren und werden wieder zu Wörtern. Erleichtert atme ich aus und versuche, so schnell wie möglich zu lesen, bevor sich die Buchstaben wieder zurückverwandeln.

      »Mmm-or-gen-s fff-r-u-üüü, morgens früh, ha-ha-ha-d-en …«, stottere ich.

      »Haben«, verbessert mich Frau Lampe. Und ich sehe, wie meine Mitschüler die Augen verdrehen.

      »Haben … Hu-n-b-b-b …«, lese ich weiter.

      »Hun image e!«, unterbricht mich Frau Lampe ungeduldig, »das ist ein kleines image und kein image, Milla.«

      Die Klasse lacht und Charlotte äfft meinen Fehler nach: »Haden Hunbe, haden Hunbe.«

      Wie peinlich! Ich würde am liebsten im Boden versinken. image Aber es hilft nichts, also versuche ich tapfer weiterzulesen. Plötzlich höre ich, wie die Ameisen wieder über mich lachen.

      »Kannst nicht lesen, was ’ne Schande – wir sind die Ameisenbande …«, singen sie und hüpfen vor mir auf der Buchseite herum.

      Die Unruhe in der Klasse wächst. Mir schießen Tränen in die Augen. Nein! image Jetzt bloß nicht auch noch anfangen zu heulen! Angie legt mir zur Unterstützung die Hand auf den Arm.

      »Willst du in die Idiotenklasse? Mach schon, Milli!«, flüstert sie mir zu.

      »Ich kann das aber nicht«, flüstere ich verzweifelt zurück. Dann springe ich auf und laufe unter dem Gelächter meiner Mitschüler aus dem Klassenzimmer.

      In der Sporthalle hinter einem Stapel Turnmatten ist mein Geheimversteck. Angie findet mich natürlich trotzdem und setzt sich zu mir.

      »Das mit dem Lesen, das lerne ich nie! Und im Schreiben bin ich auch voll schlecht«, erkläre ich und versuche, dabei nicht wie ein Jammerlappen zu klingen.

      »Quatsch«, erklärt Angie, »du musst dich nur mal gescheit anstrengen.«

      »Du hast recht, ich muss in die image «, sage ich.

      »Wirklich?« Angies Augen weiten sich. »Das ist die absolute Hölle, habe ich gehört. Weißt du, wie die Lehrerin heißt?«

      Natürlich weiß ich es nicht und zucke mit den Schultern. Angie macht eine Pause, dann holt sie tief Luft. »Frau von Teufel!«, verkündet sie bedeutungsvoll. »Constanze von Teufel.«

      »Wirklich …, also … image?«, stottere ich und bin nicht sicher, ob das ein Scherz sein soll. Angie nickt und schaut sehr ernst. Also kein Scherz! Ich schlucke. Mein Leben ist gelaufen! Ich werde in der Hölle landen.

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      In der großen Pause habe ich den ersten Schock einigermaßen überwunden. Vielleicht finde ich ja noch irgendeinen Ausweg. Angie und ich sitzen auf der Schulhofmauer und machen riesige Kaugummiblasen.

      image Meine Kaugummiblasen sind größer als Angies, dafür zerplatzen ihre immer mit einem total lauten Knall. image

      »Hast du Erdbeer-Bubble und Minze schon mal gemischt?«, frage ich sie gerade, als sie plötzlich den Finger auf die Lippen legt und nach vorne deutet.

      Da steht Frau Lampe zusammen mit unserer Musiklehrerin Frau Bach und spricht über unsere Klasse. Klar, dass wir da zuhören müssen.

      »Sorgen macht mir nur Milla. Die wird die Versetzung wohl nicht schaffen.«

      image Fast vergesse ich zu atmen. Frau Bach hört interessiert zu, genauso wie Angie und ich.

      »Millas Lese-Rechtschreib-Schwäche ist einfach zu schwerwiegend. Sie muss in die Förderklasse. Aber die Arme hat ja auch keine Mutter mehr.«

      image Mitleid wegen Mamas Tod kann ich gar nicht leiden. Natürlich ist es nicht schön, dass sie nicht mehr da ist, aber was geht das bitte Frau Lampe an oder Frau Bach? Ich schnaube wütend, doch Angie legt den Finger an die Lippen.

      »Ihre Mutter ist bei einem Unfall gestorben, als Milla noch klein war. Elisabeth Freitag, eine ganz bekannte Violinistin war das, vielleicht kannten Sie die?«

      Frau Bach nickt betroffen.

      »Tragische Geschichte, dabei bräuchte das Kind so dringend eine image im Leben«, erklärt Frau Lampe weiter und seufzt.

      »Ja, eine image – das verändert alles«, bestätigt jetzt auch meine Musiklehrerin. »Das arme Kind.«

      So, das reicht! Ich habe genug gehört! Die können mich mal! Ich springe von der Mauer und laufe verärgert in Richtung Schaukel davon. Angie springt mir hinterher und die Lehrerinnen schauen uns überrascht nach.

      Ich bin sauer, ziemlich sauer – also versuche ich, immer höher zu schaukeln. Wenn man ganz oben ist, kurz bevor die Schaukel zurückschwingt, dann kribbelt es so schön im Bauch und es ist, als würde man fliegen. Vielleicht fliegt ja dann auch der ganze Ärger weg. Angie setzt sich auf die Schaukel neben mir und schaut mich sauer an.

      »Ich habe echt keine Lust, dir dauernd hinterherzulaufen.«

      »Ja, sorry«, sage ich und schwinge höher und höher, bis ich über die Schulhofmauer auf die Straße schauen kann.

      »Also, meine Mama sagt, wer sitzen bleibt, der hat kein gutes Leben vor sich«, sagt Angie. Ich schaue sie finster an.

      »Aber die findet auch, dass Spinat mit Knoblauch lecker ist«, scherzt Angie.

      Mit voller Kraft strecke ich meine Beine nach vorne


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