Fear Street 56 - Die Wette. R.L. Stine

Fear Street 56 - Die Wette - R.L. Stine


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Aber auch wir schüttelten uns vor Lachen.

      An der hinteren Wand hing ein öffentliches Telefon. Zornig ergriff der Verkäufer den Hörer. Er riss ihn so heftig von der Gabel, dass ich schon dachte, das ganze Telefon würde ihm entgegenkommen.

      „Ich rufe jetzt die Polizei“, knurrte er erbost.

      Doch dann zog Zack sein Portmonee aus der Hosentasche. Ich sah, wie er ein paar Geldscheine herausnahm und sie dem Verkäufer in die Hand drückte. „Das dürfte für die Getränke reichen“, sagte er. „Und für die Unordnung.“

      Und dann marschierten die fünf wie selbstverständlich an uns vorbei zur Glastür, die zum Parkplatz führte. Alle grinsten frech.

      „Bloß weil sie reich sind, glauben sie, sie könnten sich alles erlauben“, murmelte der Verkäufer und starrte auf den dreckigen Boden.

      „Redet er mit uns oder mit sich selbst?“, fragte Margaret flüsternd.

      Ich zuckte die Schultern.

      Die anderen waren so schnell an Margaret und mir vorbeigelaufen, dass ich nicht sicher war, ob sie uns überhaupt gesehen hatten. Doch als ich durch das Schaufenster nach draußen schaute, merkte ich, dass Dennis mich anstarrte.

      „Das ist aber komisch“, dachte ich und spürte, wie ich rot wurde. „Warum starrt er mich so seltsam an?“

      Ich überlegte, ob ich ihm zuwinken sollte oder nicht. Doch bevor ich mich entscheiden konnte, hatte seine Freundin Carol ihn schon weitergezogen.

      Mein Geschichtslehrer Mr Northwood ist sehr groß und dünn. Er läuft immer mit hängenden Schultern und eingezogenem Kopf herum, als wollte er sich kleiner machen. Er hat dichtes, lockiges Haar. Vermutlich war es früher braun, doch jetzt ist es fast ganz grau. Er hat wässerige blaue Augen und ein zerfurchtes Gesicht mit vielen tiefen Falten an den Wangen.

      Der Typ ist seltsam.

      Erstens trägt er immer Rollkragenpullover. Nie andere Pullis oder Hemden. Dabei sind Rollkragen für ihn nicht gerade schmeichelhaft, weil er einen großen, dicken Adamsapfel hat, der immer genau am Kragenende auf und ab springt.

      Mr Northwoods zweite seltsame Eigenart ist, dass er alles auf Kassette aufnimmt. Wirklich alles. Er besitzt einen kleinen silbernen Minirekorder, den er in der Tasche mit sich herumträgt.

      Bevor der Unterricht beginnt, stellt er den Kassettenrekorder immer auf sein Pult und schaltet ihn ein. Wenn der Unterricht zu Ende ist, stellt er ihn wieder ab, nimmt die winzige Kassette heraus und steckt beides zurück in seine Tasche.

      Seltsam, nicht wahr?

      Und drittens ist es ein komisches Gefühl, Mr Northwood als meinen Lehrer zu haben, weil er direkt neben mir wohnt. In der Fear Street. Aber damit will ich mich jetzt lieber nicht beschäftigen.

      Am Tag nach dem Erlebnis im Supermarkt saß ich hinten im Klassenzimmer. Ich träumte vor mich hin, während Mr Northwood ununterbrochen redete. Immer wieder warf ich einen Blick auf die Uhr, die über seinem Kopf hing. Der Schultag war fast überstanden.

      Draußen war der Himmel grau, und es wurde immer dunkler. Ich fragte mich, ob es für Schnee wohl schon kalt genug sei. Hoffentlich nicht. Mir fiel ein, dass ich irgendwo meine roten Wollhandschuhe verloren hatte und gerade nicht genug Geld hatte, um mir neue zu kaufen.

      Als Mr Northwood seinen kleinen Kassettenrekorder ausschaltete und in der Tasche verschwinden ließ, richtete ich mich auf und fing schon an, meine Schulsachen in den Rucksack zu packen.

      „Unterricht beendet“, verkündete er mit monotoner, dünner Stimme.

      Ich sprang auf und zog meinen weißen Pullover zurecht. Den Rucksack ließ ich auf dem Boden stehen. Ich sagte Margaret, dass sie auf dem Flur warten sollte, und ging nach vorne ans Lehrerpult.

      Ich musste Mr Northwood noch etwas über eine Hausarbeit fragen, die ich gerade schrieb.

      Als ich nach vorne ging, sah ich, dass Dennis schon vor dem Pult stand. Mr Northwood sagte gerade etwas zu ihm, und Dennis reagierte wütend darauf.

      Eine heftige Auseinandersetzung begann.

      Mittlerweile hatte sich das Klassenzimmer geleert. Ich trat ein paar Schritte zurück und lehnte mich abwartend an die Wand.

      „Ich habe Ihnen doch gesagt, warum ich die Zwischenprüfung nicht machen kann!“, schrie Dennis schrill und fuchtelte wild mit den Händen in der Luft herum. Sogar vom anderen Ende des Raums aus konnte ich sehen, dass seine grünen Augen wütend blitzten. Er war sehr aufgebracht.

      „Im Februar ist meine Familie immer auf den Bahamas“, sagte Dennis und verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Was soll ich denn tun, Mr Northwood? Etwa zu Hause bleiben, damit ich Ihre Klausur mitschreiben kann?“

      Mr Northwood schüttelte den Kopf. Die Furchen in seinem Gesicht schienen sich zu vertiefen. „Dann wünsche ich dir eine gute Reise“, sagte er trocken. „Und schreib mir eine Postkarte, Dennis.“

      „Ich verstehe einfach nicht, warum Sie mich nicht nachschreiben lassen“, sagte Dennis hartnäckig und beugte sich herausfordernd über das Lehrerpult. „Oder mir stattdessen eine besondere Hausarbeit geben.“

      Mr Northwood schüttelte wieder den Kopf. Sein Mund formte lautlos das Wort Nein.

      „Warum nicht?“, beharrte Dennis.

      „Weil es deinen Klassenkameraden gegenüber unfair wäre“, erwiderte der Lehrer gelassen. Dann begann er, seine Bücher und Unterlagen einzusammeln.

      Es war mir peinlich, das Gespräch mitzuhören. Schließlich wollte ich nicht, dass Dennis glaubte, ich würde ihn absichtlich belauschen.

      Doch ich glaube, in seiner Wut merkte er gar nicht, dass ich noch im Klassenzimmer war. Und ich musste dringend mit Mr Northwood wegen meiner Hausarbeit sprechen.

      Also blieb ich an die Wand gelehnt stehen und dachte insgeheim darüber nach, wie toll Dennis aussah. Und ich stellte mir vor, wie es wohl wäre, seine Freundin zu sein. Dabei hörte ich, wie die Auseinandersetzung immer heftiger wurde.

      „Ist Ihnen klar, was passiert, wenn ich eine Sechs kriege?“, brüllte Dennis. Er wartete Mr Northwoods Antwort nicht ab. „Dann fliege ich aus dem Leichtathletikteam!“

      „Das tut mir wirklich Leid“, erwiderte Mr Northwood. Je lauter Dennis schrie, desto leiser wurde seine Stimme. „Ehrlich, Dennis.“

      „Aber alle anderen Lehrer machen eine Ausnahme!“, stieß Dennis zornig aus. „Sie wissen, dass ich dieses Jahr auf bundesweiter Ebene dabei sein werde. Sie wissen, dass ich wahrscheinlich sogar für die Olympischen Spiele getestet werde. Vielleicht wird aus mir mal ein Profisportler, Mr Northwood! Das kann gut sein.“

      „Ich hoffe es für dich“, gab Mr Northwood zurück. Dann wandte er den Kopf ab und warf einen Blick auf die Wanduhr.

      „Na toll! Dann lassen Sie mich nachschreiben. Machen Sie eine Ausnahme, okay?“, flehte Dennis und starrte den Lehrer hartnäckig an.

      „Meiner Meinung nach machen die Leute für dich schon viel zu viele Ausnahmen“, erwiderte der Lehrer leise. Er begann, seine Bücher in seinen alten Aktenkoffer zu stecken. Nach einer kurzen Weile hielt er inne und hob den Blick. „Nenne mir einen guten Grund, warum ich bei dir eine Ausnahme machen sollte.“

      „Weil ich Sie darum gebeten habe!“, gab Dennis wie aus der Pistole geschossen zurück.

      Plötzlich wurde es dunkler im Klassenzimmer. Sturmwolken zogen über den Himmel. Eine der Neonröhren an der Decke begann zu flackern.

      „Unsere Diskussion ist beendet. Ich mache keine Ausnahme“, sagte Mr Northwood zu Dennis und klappte seinen Aktenkoffer zu.

      Wortlos starrte Dennis ihn an. Er machte den Mund auf, ohne etwas zu sagen. Dann riss er entgeistert die Arme hoch. „Ich ... ich glaube es einfach nicht!“, brüllte er unbeherrscht.

      In dem Augenblick merkte ich, dass jemand mich rief.


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