Im Dienst der Föderation. Tanya Huff

Im Dienst der Föderation - Tanya  Huff


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nicht.« Ressk legte die Füße um die Querstange am unteren Ende seines Bettes und knackte mit den Zehengelenken. »Ich war zu sehr mit dem Versuch beschäftigt, die Feuchtigkeitssensoren in meiner Uniform nicht zu überfordern.«

      Stirnrunzelnd hob Juan den Blick von dem Sensorarray in der Ellbogenbeuge von Myshos Uniformjacke. »Was zur Hölle soll das denn heißen?«

      »Es bedeutet, er hat versucht, nicht vor Angst in die Hose zu pinkeln«, erklärte Binti von ihrem Bett aus. »Ich war bloß froh, dass mein Hirn wieder angefangen hat zu arbeiten, bevor ich abdrücken konnte.« Sie hob die Hand und streichelte den Kolben ihres KC. »Und da fragen sich Zivilisten, warum wir keine Smartwaffen verwenden. Aber Mama hat ihre Kleine sehr gern so dicht bei sich.«

      Jedes Bett war mit einem Waffenständer versehen. Oder mit etwas, das aussah wie einer. Der Zug hatte individuell und kollektiv beschlossen, sich keinen Deut darum zu scheren, wofür die Silsviss das Gestell verwendeten.

      Plötzliche Jubelrufe aus Richtung des Würfelspiels, das in der hinteren Ecke stattfand, erregte jedermanns Aufmerksamkeit.

      Corporal Hollice zog den Kopf ein, um zwischen den Betten hindurch in Richtung der Spieler schauen zu können. »He, Drake, hast du die Fünfzig schon zurückgewonnen, die du mir schuldest?«

      »Träum weiter!«

      »Dann seid mal ein bisschen leiser, bevor noch einer der Sergeants auftaucht.«

      Ein Mensch, der neben dem Spieltisch kauerte und dessen Haut nur etwas heller war als die Bintis, erhob sich und zeigte dem Corporal grinsend den Stinkefinger. »Schulde ich dir den nicht auch noch?« Dann erstarrte er. »Vielleicht auch nicht.«

      Die Marines, die näher an der Tür standen, drehten sich um, um zu sehen, was seine Aufmerksamkeit erregt hatte.

      Sergeant Glicksohn lächelte. »Sie machen doch da hinten keine Glücksspiele, oder, Drake?«

      »Äh, nein, Sarge.«

      »Das höre ich gern. Raus jetzt. Der Schlitten ist gelandet und muss entladen werden.« Sein Lächeln wurde breiter. »Bringen Sie Ihre Freunde mit – und wenn Sie ...« Er deutete mit dem Finger auf Haysole. » ...nicht in drei Minuten Ihre Uniform wieder anhaben und auf dem Weg zum Schlitten sind, komme ich rüber und trete Ihnen in den nackten Arsch. Sie sind nicht außer Dienst, wir haben lediglich keine Gefechtsbereitschaft.«

      »Aber es ist heiß, Sarge.«

      »Ja und?«

      »Die Silsviss tragen auch keine Kleidung.«

      »Lassen Sie sich einen Schwanz wachsen, dann können wir darüber reden.« Als die Würfelspieler an ihm vorbeimarschierten, runzelte er nachdenklich die Stirn. »Es erscheint mir zweckdienlich, wenn Sie drei ...« Sein Stirnrunzeln galt Hollice, Juan und Ressk. » ...sich dem Team ebenfalls anschließen.«

      »Ach, Sarge, ich bin noch mit Myshos Scheißuniformjacke beschäftigt.«

      »Was stimmt denn nicht damit?«

      »Das Kühlsystem ist im Arsch. Ihre Körpertemperatur steigt in Regionen, die ihr Dämpfer nicht in den Griff kriegt.«

      »Das fehlt uns gerade noch. Na schön, Mashona, Sie gehen an seiner Stelle.«

      Binti sprang aus dem Bett und murmelte so leise etwas vor sich hin, dass der Sergeant es gerade ignorieren konnte.

      »Was laden wir denn ab, Sarge?«, fragte Ressk, während er seine Stiefel wieder anzog.

      »Persönliche Gegenstände und Proviant«, antwortete ihm Glicksohn. »Nicht, dass das wichtig wäre, Sie würden es auf jeden Fall abladen.«

      »Haben Sie schon herausgefunden, was die Silsviss trinken, wenn Sie Spaß haben wollen, Sarge?«, erkundigte sich Ressk, als sie Seite an Seite die Treppe zum Hof hinaufgingen.

      »Bier. Die hiesige Brauerei beliefert die Armee mit ihren Erzeugnissen. Es gibt ein hellgrünes und ein dunkelgrünes.«

      »Grün?«

      Glicksohn grinste. »Vielleicht sind es Iren.«

      »Iren?«

      »Vergessen Sie es. Der Alkoholgehalt ist für unsere Begriffe niedrig, und da es keine für uns schädlichen Inhaltsstoffe hat, werden wir die Silsviss unter den Tisch trinken können, sobald wir uns an den Geschmack gewöhnt haben. Die Offiziere und die hochrangigen Zivilisten werden einen Fruchtbrand trinken, der stärker ist, aber riecht wie Socken nach einem Monat in Kampfstiefeln und sowohl bei Menschen als auch bei di’Taykanern Giftstoffe freisetzt. Ihnen als Krai wird er wie üblich nichts ausmachen.«

      Hollice und Binti, die dicht hinter den beiden waren, warfen einander einen fragenden Blick zu.

      »Wir sind erst ein paar Stunden hier und haben fast die ganze Zeit Zinnsoldaten gespielt. Wie konnte der Sergeant das alles so schnell herausfinden?«

      Hollice zuckte die Achseln. »Es ist eine Gabe. Hoffen wir nur, dass er sie nie für das Böse einsetzt.«

      »Ich habe die Hälfte der Zeit keine Ahnung, von was du eigentlich redest«, murmelte Binti kopfschüttelnd.

      ***

      Die Tür war offen, doch der Lieutenant war nicht allein. Torin überquerte leise den breiten Gang – was die stahlverstärkten Absätze ihrer Paradestiefel nicht gerade erleichterten – und blieb unter der Tür stehen. Aufgrund seines Ranges hatte man Lieutenant Jarret zwei nebeneinanderliegende Zimmer im oberen Stockwerk zugewiesen. Von den sechs verfügbaren hatte er sich zwei ausgesucht, die direkt am zentralen Treppenhaus lagen, und Torin musste zugeben, dass ihr die Symbolik gefiel. Feinde der Föderation würden erst einmal an ihm vorbeimüssen, um an die Zivilisten heranzukommen.

      Etwas weniger gefiel ihr die Symbolik der Tatsachen, dass sich der Arzt und die Sanitäter direkt gegenüber eingerichtet hatten.

      Das Zimmer, das der Lieutenant als Hauptquartier zu nutzen beschlossen hatte, war groß, in mattem Dunkelgrün gestrichen und weitgehend leer. Er enthielt das, was auf Silsvah als Schreibtisch durchging, einen langen, niedrigen Tisch an einer Wand, eine Reihe von unterschiedlich hohen Hockern, den Lieutenant und einen männlichen Silsviss. Zumindest vermutete Torin, dass es sich um ein männliches Exemplar handelte. Es war schwer, die Geschlechter ohne Größenvergleich und geblähte Kehlsäcke auseinanderzuhalten.

      Er stand mit dem Rücken zu ihr vor dem Schreibtisch des Lieutenants. Zwei parallele Narben verliefen über seine dunkelgraue rechte Hüfte, eine weitere verunzierte seine rechte Schulter.

      Linkshänder, dachte Torin. Schwächere rechte Hand.

      An seiner Schwanzspitze trug er drei schmale Metallringe in gleichen Abständen, dazu einen militärischen Harnisch, an dem etwa halb so viele Waffen hingen wie an denen der Soldaten, die sie auf dem Landefeld empfangen hatten.

      »Natürlich haben wir nicht die Absssicht, diesss zu Ihrer ständigen Vertretung zu machen, sollten wir beschließen, unsss Ihrer Föderation anzuschließen.« Auch seine Stimme zischte zwar unangenehm, doch sie war tief, und zumindest in der Übersetzung sprach er mit einem Selbstvertrauen, das Torin ziemlich beeindruckte.

      Sie räusperte sich.

      Der Silsviss reagierte einen Sekundenbruchteil vor dem Lieutenant, wartete aber, bis sein Gastgeber den Blick gehoben hatte, ehe er sich umwandte.

      Pensionierter Offizier, vermutete sie. Einer von den Guten. Sie begegnete dem Blick des Lieutenants und sagte: »Verzeihung, Sir, aber Sie wollten den Dienstplan mit mir durchgehen.«

      Lieutenant Jarret hatte eindeutig vergessen, dass er ihr diesen Befehl gegeben hatte, fing sich aber schnell und winkte sie herein. »Ja, natürlich. Staff, ich möchte Ihnen Cri Sawyes vorstellen, unseren Silsviss-Verbindungsoffizier. Cri Sawyes, Staff Sergeant Kerr.«

      »Ah, ja, Ihr Rissstak.« Der ausdruckslose Blick seiner schwarzen Augen schätzte sie ab, ordnete sie ein. Dann stieß Cri Sawyes einen leisen Pfiff aus – eine weniger schallende Version des Geräuschs, das die Menge von sich gab, woraus Torin


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