Spionin wider Willen. Mila Roth

Spionin wider Willen - Mila Roth


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doch, dass du eine neue Anzeige für deinen Büroservice in der Bonner Rundschau und im General-Anzeiger aufgegeben hättest.«

      Janna wollte schon verneinen, hielt sich aber gerade noch zurück und nickte erneut unbestimmt. »Hm. Ich muss noch mal weg, Mama.« Sie klappte das Telefonbuch zu und stand auf.

      »Jetzt?« Ihre Mutter blickte sie verwundert an. »Aber mein Essen ist in einer halben Stunde fertig. Ich habe extra für dich und die Kinder mitgekocht! Und hast du vergessen, dass Sander heute Nachmittag herkommt? Ihr wolltet doch zusammen in den Freizeitpark gehen. Obwohl ich nicht sicher bin, ob sich das Wetter bis dahin hält. Es sieht sehr nach dem Regen aus, den sie gemeldet haben. Willst du nicht lieber …«

      »Ich bin zurück, bevor er da ist«, unterbrach Janna sie hastig. »Entschuldige bitte, Mama, aber ich muss dringend was erledigen.« Erneut schnappte sie sich die Strickjacke ihres Vaters, warf sie sich über, griff nach ihrer Tasche und war mit einem »Bis später!« zur Tür hinaus.

      Linda tauschte einen irritierten Blick mit ihrem Mann aus. »Was ist denn mit Janna los? Seit sie vom Flughafen zurück ist, benimmt sie sich so merkwürdig.«

      »Merkwürdig?« Bernhard schmunzelte. »Sie wird einfach noch etwas vorhaben, das uns nichts angeht. Sie ist erwachsen, Linda, und nicht verpflichtet, uns über jeden ihrer Schritte Rechenschaft abzulegen.«

      »Rechenschaft, so ein Unsinn!«, rief Linda empört. Nachdenklich tippte sie sich mit dem Zeigefinger gegen die Unterlippe. »Sie wird sich doch nicht mit einem anderen Mann treffen?«

      »Unsere Janna?« Nun lachte Bernhard schallend. »Du liebe Zeit, was für eine Vorstellung. Du liest viel zu viele Romane, mein Schatz.«

      »Kannst du mir dann sagen, wohin sie jetzt fährt?« Linda blickte aus dem Fenster, durch das Jannas davonrollender Wagen zu sehen war.

      »Nein, kann ich nicht. Wenn es wichtig ist, werden wir es schon noch erfahren.« Mit diesen Worten stand auch Bernhard auf. »Ich schau mal, wo sich unsere beiden Rabauken herumtreiben.«

      »Wahrscheinlich mit dem Hund irgendwo im Garten. Sorg bitte dafür, dass sie sich ordentlich die Füße abtreten und die Hände waschen«, rief Linda ihm nach. Kaum war er zur Tür hinaus, trat sie an den Tisch und betrachtete das Telefonbuch, das Janna zurückgelassen hatte. Dann zuckte sie resignierend mit den Schultern und kümmerte sich wieder um ihren Sonntagsbraten.

      ***

      Bonn, Angelbisstraße

      Sonntag, 17. Juli, 13:15 Uhr

      Janna parkte ihren Golf in einer der Parkbuchten am Straßenrand und blickte prüfend an dem weißen Mehrfamilienhaus empor, in dem sich, wenn die Angaben im Telefonbuch stimmten, die Wohnung von Axel Wolhagen befand, mitten in einem unauffälligen Wohnviertel mit Ein- und Mehrfamilienhäusern. Vereinzelt waren Passanten unterwegs. Hin und wieder fuhr ein Radfahrer die Straße entlang. Vor den Eingängen einiger Häuser standen Kinderfahrräder. Dies war doch sicherlich nicht das Hauptquartier von irgendwelchen Gangstern. Sie schauderte etwas, stieg dann aber entschlossen aus. Im Auto sitzen zu bleiben, brachte sie nicht weiter. Schließlich wollte sie diesen ominösen Umschlag endlich loswerden.

      Die Eingangstür des Wohnhauses stand offen, deshalb trat Janna nach einem Blick auf das Klingelschild einfach ein und stieg die Treppen hinauf in den ersten Stock. Es roch nach Zwiebeln und gebratenem Fleisch. Um diese Zeit saßen die Bewohner des Hauses bestimmt alle beim Mittagessen. Kurz kam Janna der Gedanke, dass es unhöflich war, zu dieser Stunde zu stören, dann besann sie sich jedoch. Hatte der Mann, der ihr den Umschlag gegeben hatte, etwa so gewirkt, als kümmerten ihn sonntägliche Essenszeiten? Warum also sollte sie darauf Rücksicht nehmen? Als sie die Wohnungstür erreichte, neben der ein kleines Schild mit dem Namen Wolhagen angebracht war, hob sie die Hand zum Klingelknopf, zögerte jedoch, denn die Tür stand einen Spalt weit offen.

      Sie ließ die Hand wieder sinken.

      Aus dem Inneren der Wohnung vernahm sie Stimmen, die sich leise und unverständlich unterhielten. Ihr Herz schlug plötzlich schneller. Der Mann am Flughafen hatte nichts davon gesagt, dass sich noch andere Leute in der Wohnung aufhalten würden. Im Gegenteil – hatte er nicht darauf bestanden, dass sie nur diesem Axel und niemandem sonst den Umschlag aushändigen sollte? Was, wenn die Leute in der Wohnung gefährlich waren?

      Nervös und unentschlossen fingerte Janna an ihrer Umhängetasche herum. Hinter sich hörte sie Schritte auf der Treppe. Gerade, als sie sich umdrehen wollte, wurde die Wohnungstür aufgerissen. Ein Mann mit brauner Haut, schwarzem Haar und dichtem schwarzem Vollbart stand vor ihr. Hinter ihm erkannte sie eine ebenso dunkelhäutige Frau in einem schwarzen Hosenanzug.

      Janna wich erschrocken einen Schritt zurück.

      »Wer sind Sie?«, fuhr der Mann sie unfreundlich an. In seiner Aussprache schwang ein fast unmerklicher arabischer Akzent mit. »Was wollen Sie hier?«

      »Ich, äh …« Janna suchte fieberhaft nach einer Antwort. »Ich bin die … äh, Putzfrau. Herr … Herr Wolhagen bat mich, heute herzukommen, weil …«

      »Putzfrau?« Der Mann musterte sie stirnrunzelnd.

      »Herr Wolhagen ist leider nicht zu Hause«, übernahm nun die Frau das Wort. Auch sie sprach mit leichtem Akzent. »Er musste … fort. Sie müssen ein anderes Mal wiederkommen.«

      »Oh, das ist aber … ärgerlich«, brachte Janna stockend heraus. »Wissen Sie, wann er zurückkommt?«

      »Nein.« Die Frau schüttelte den Kopf und lief dann einfach an ihr vorbei die Treppe hinunter. Der Mann beachtete sie ebenfalls nicht weiter, sondern ging noch einmal in die Wohnung zurück. Janna blickte ihm unentschlossen nach und erhaschte dabei einen Blick auf das, was wohl das Wohnzimmer sein musste. Das heillose Durcheinander verriet, dass dort offenbar alle Schränke durchwühlt worden waren. Ihr Herz pochte noch schneller und sie schluckte nervös.

      »Entschuldigen Sie, junge Frau.«

      Beim Klang der Stimme direkt hinter ihr wäre sie vor Schreck beinahe in die Luft gesprungen.

      »Habe ich das richtig gehört, Sie sind Putzfrau?«

      Die Stimme gehörte einer kleinen alten Dame mit grauem, zu einem ordentlichen Dutt aufgestecktem Haar und einer altmodischen Brille, die ihr bis auf die Nasenspitze gerutscht war. »Wissen Sie, ich suche schon lange nach einer zuverlässigen Putzhilfe. Vielleicht hätten Sie Interesse, bei mir anzufangen? Ich meine, wo Sie doch schon eine Putzstelle hier im Haus haben? Das wäre doch praktisch, nicht wahr?«

      Der Mann kam wieder aus der Wohnung und zog die Tür hinter sich zu. Im Vorbeigehen warf er Janna noch einen neugierigen Blick zu.

      »Ja, äh, nein«, antwortete Janna zerstreut. »Ich meine, ich muss jetzt leider gehen.«

      »Aber die Putzstelle! Ich zahle gut und schwer ist die Arbeit auch nicht. Ich bin ja nur allein in meiner Wohnung und …«

      »Tut mir leid, ich kann nicht.«

      »Aber …«

      »Auf Wiedersehen.« Janna wandte sich ab und eilte die Treppe hinab. An der Haustür sah sie sich nach allen Seiten um, doch das merkwürdige Paar war verschwunden. Rasch lief sie zu ihrem Auto, stieg ein, schloss den Sicherheitsgurt und fuhr los. In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken wild umher. Wo war sie da hineingeraten? Sollte sie zur Polizei gehen? Würde die sie überhaupt ernst nehmen?

      Ratlos zupfte sie an ihrem Zopf herum. Am besten war es wohl, erst einmal zurück nach Hause zu fahren. In einer Stunde würde Sander vor ihrer Tür stehen.

      Sie bog nach links ab und fuhr dann in Richtung Autobahn. Den alten braunen Opel Kadett, der ihr in einigem Abstand folgte, bemerkte sie nicht.

      4

      Bonn, Kaiserstraße

      Sonntag, 17. Juli, 14:20 Uhr

      Der nachtschwarze Z3 verringerte sein Tempo, als er sich dem dreistöckigen, gelb und weiß gestrichenen und sehr gepflegten Gebäude näherte, das – wie viele


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