Tumult auf Viken. Grace Goodwin

Tumult auf Viken - Grace Goodwin


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dabei mich zu küssen. Vier Hände befühlten mich. Zwei Schwänze schmiegten sich an mich.

      Ich war am Dahinsiechen, völlig außer Atem, und das waren nur zwei. Ich riss meine Lippen von Taigs Mund los—Gott, der Mann konnte küssen—und versuchte mich wieder einzukriegen. Ich hatte nicht die Absicht zwei Männer im Transportraum zu ficken, vor den Augen des Typen, der mir den Umhang gebracht hatte. Wahrscheinlichen hatten sie hier drinnen auch Kameras. Andere Arbeiter. Ich war zwar nicht prüde, aber trotzdem. “Nicht hier. Ich möchte das nicht hier tun.”

      Taig beendete den Kuss und Alarrs Hände wanderten wieder auf meine Hüften. Keine große Erleichterung, denn seine Berührung brannte weiterhin wie Feuer, aber wenigstens konnte ich meine Gedanken formulieren. Ein bisschen zumindest.

      “Sie möchte weitermachen,” flüsterte Taig.

      Nur ein Mann konnte meine Worte derartig fehlinterpretieren. “Habt ihr keine Wohnung oder so?” sprach ich.

      Taig legte den Kopf schief und betrachtete mich, als wäre ich eine Königliche Hoheit: “Selbstverständlich.” Sein Blick wanderte über meine Schulter hinweg zu Alarr: “Von der öffentlichen Eroberung wirst du deine Partnerin erst noch überzeugen müssen.”

      “Öffentlich? Wie bitte?” Der Gedanke bescherte mir Herzrasen, und zwar aus Horror über die Vorstellung … und Erregung gleichermaßen. Ich hätte nie ein Quartett für mich in Betracht gezogen, aber der Testtraum war der Beweis, dass es rattenscharf werden würde, dass es einen bisher unbekannten Sexhebel in mir umlegen würde. Aber Sex in der Öffentlichkeit?

      Öffentlich Sex zu haben war unanständig. Viele Dinge waren unanständig. Als ich aber mit meinen Partnern dastand und mir ausmalte, wie Oran dazustoßen würde? “Unanständig” fühlte sich auf einmal gar nicht mehr so verwerflich an. Es gab schlimme Leute, wie meine Familie. Dann gab es noch Versautes, zum Beispiel mit drei heißen Fremden zu ficken. Und in der Öffentlichkeit? Wenn diese beiden mich allein mit ihren Küssen meinen eigenen Namen vergessen ließen, dann würde ich wahrscheinlich auch meinen Heimatplaneten vergessen, sobald ich erstmal nackt war.

      Oma würde sich im Grabe umdrehen, aber Oma war tot. Mein schlimmer Vater und Bruder rotteten Lichtjahre entfernt im Knast vor sich hin. Meine Mutter wohnte bei ihrer Schwester und weinte sich Nacht für Nacht in den Schlaf und erfand Ausreden, die ich einfach nicht schlucken wollte. Sie alle waren für mich gestorben. Und ich war lebendig. Sehr lebendig sogar.

      “Komm, Liebling. Wir werden dir dein Zuhause hier zeigen.”

      Alarr hob mich von hinten hoch und wiegte mich wie ein kleines Kind in den Armen, während wir nach draußen gingen und das seltsame Dorf durchquerten. Mit seinen Armen um mich geschlungen fühlte ich mich sicher. Ein eigenartiges Gefühl der Zufriedenheit überkam mich. Er war mein Match. Er hatte es selber gesagt. Und seine stete Berührung, die ungerührte Stärke, die er verströmte, machte mir Mut. Ich fühlte mich sicher. Wenn diese drei Männer mir gehörten, dann war Alarr der Kitt, der uns alle zusammenhielt. Schon jetzt war er mein Anker.

      Vielleicht gab er den anderen beiden dasselbe Gefühl? Ich wusste nicht, wie die Dynamik zwischen den drei Männern aussah, aber ich würde es lernen. Auf der Erde hatte ich betrunkene Typen gesehen, die sich um Frauen zofften. Kneipenprügeleien. Raufereien, die bis in die Grundschulzeit zurückreichten.

      Das hier war gänzlich anders. Alarr und Taig sahen beide zufrieden aus. Sie schienen sich gerne die Verantwortung für mich zu teilen. Ich hatte einen Bruder und er war fast zehn Jahre älter. Ich war allein in einem riesigen Haus groß geworden, hatte mich immer nach dem Chaos und den Lärm einer großen Familie gesehnt. Ich wollte Kinder. Viele Kinder. Ein halbes Dutzend, aber nur, wenn ich die nötige Hilfe hatte. Ich würde kein Kind ohne Vater großziehen. Davon hatte ich bereits zu viel gesehen. Viel zu viel.

      Drei Väter aber? Was, wenn das Baby ein Rotschopf war wie Alarr, würde Taig dann eifersüchtig werden? Und wie verhielt sich die Vikensche DNA mit der menschlichen? Ich hatte schwarzes Haar. Dunkle Augen. Meine Haut war wie geschmolzene Milchschokolade mit einem Spritzer Sahne. Wenn ich auf der Erde einen rothaarigen oder blonden Mann haben würde, dann würde das Baby so aussehen wie ich. Und hier? Keine Ahnung und sie schienen sich auch nicht darum zu sorgen. Sie hatten absolut nichts über meine Haut oder meine Haarfarbe gesagt. Kein Wort.

      Sie hatten mir einen Blick zugeworfen und mich akzeptiert. Mich angefasst. Mich sofort begehrt.

      Sie hatten gesagt, dass ich hübsch aussah.

      Gütiger Himmel. Kein Wunder, dass ich in Alarrs Händen regelrecht dahinschmolz. Man hatte mich noch nie so behandelt … als ob ich nicht ungewöhnlich war. Oder verdächtig. Oder minderwertig. Mein ganzes Leben lang hatte man mir das eine oder andere Etikett aufgedrückt. Weiblich. Schwarz. Reich. Künstlerisch. Rebellisch. Als ich die Collegevorstufe abgebrochen hatte, war ich die Unzuverlässige. Wenn ich weiße Freunde hatte, war ich die Untreue. Als ich nach Kalifornien gezogen war, war ich der Hippie. Mein Vater hatte mich sogar eine Verräterin genannt, als ich mich geweigert hatte bei den letzten Wahlen meine Stimme abzugeben. Immer diese verdammten Schubladen, in die ich gesteckt wurde.

      Und jetzt? Jetzt war ich niemand mehr. Mein Körper war von dieser neu gefundenen Freiheit wie berauscht. Leicht. Etwas benommen und überwältigt, klammerte ich mich an Alarr fest, während er mich den Pfad entlang trug und Taig zwei Schritte voraus ging, um den Weg freizumachen.

      Ich war auf Viken, aber ich hatte keine Ahnung wo genau und es sah nicht nach Stadt aus. Es gab weder Geschäfte noch Hochhäuser oder Straßen. Weit und breit gab es nichts als gepflegte Blumenbeete mit exotischen Blüten, die ich nie zuvor gesehen hatte und prachtvolle kleine Bungalows mit weicher Seide und transparenten Stoffen, die in der leichten Brise wehten. Die Wege wurden von Steinen beleuchtet, die dieselbe Form hatten wie die Blumen, deren Duft die warme Luft erfüllte. Alles war wunderschön. Abgerundet. Erotisch.

      Es fühlte sich an wie ein exklusives Flitterwochenresort auf einer Tropeninsel, wie auf Fidschi oder auf den Malediven.

      Und war ich nicht gerade in den Flitterwochen? Irgendwie? Ich war jetzt verheiratet, verpartnert. Mit drei Viken von einem anderen Planeten zusammen.

      Ich schmiegte mich in Alarrs Arme. Aufseherin Egara hatte nichts von der Möglichkeit erwähnt, dass ein ausgewählter Partner sich als Arschloch entpuppen könnte. Das wäre wohl auch kein Match, immerhin wollte ich doch kein Arschloch als Partner. Welche Frau wollte das schon? Ich musste dem Match glauben, dem Test vertrauen und darin, dass Alarr anders als mein Vater ehrenhaft war. Dass ich ihm vertrauen konnte und er mich beschützte, während ich meinen neuen Planeten erkundete.

      Das hier war mein neues Zuhause, richtig? Er war mein Zuhause. Genau wie Oran und Taig. Und wie ich gehört hatte, würden diese Alien-Krieger niemals lügen, niemals fremdgehen. Sie waren Ehre und Anstand in Person. Aufseherin Egara würde mich niemals reinlegen.

      Meinen neuen Männern konnte ich also vertrauen. Ich lächelte still und entspannte mich. Endlich konnte ich Vertrauen fassen. Mich verlieben. Alles von mir geben. Ich hatte bereits meine Welt, meinen Planeten für sie aufgegeben. Alles, was ich bisher gekannt hatte. Für Alarr und Taig und Oran. Meine Partner.

      Ich sog Alarrs maskulinen Duft in meine Lungen und zum ersten Mal seit Jahren machte sich ein echtes, strahlendes Lächeln auf meinem Gesicht breit. Ich war frei.

      Als er mich über die Schwelle in eine kleine Bungalow-Suite trug, die mit noch mehr goldenen Stoffen, leuchtenden Steinen und einem Elfenbeinbett für vier Leute dekoriert war, musste ich erleichtert seufzen.

      Au ja. Das war mein neues Ich. Vorbei mit den Erdenproblemen. Vorbei mit der Wallstreet, Hochstaplern und Politik. Mir ging so ziemlich am Arsch vorbei, wer Präsident wurde oder welcher Großkonzern pleite ging. Niemand würde mich schief angucken, weil ich auf eine Privatschule ging oder in einem Penthouse in Manhattan groß geworden war. Ich war nicht länger Walter Masons Tochter. Schluss mit den Paparazzi. Schluss mit den Lügen. Keine Vergangenheit mehr. Alles war jetzt weg. Alles.

      Und das war perfekt so.

      Конец


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