Mission SOL 2020 Paket (1 bis 12). Madeleine Puljic

Mission SOL 2020 Paket (1 bis 12) - Madeleine Puljic


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endlich auf ein interessantes Kapitel gestoßen, das ihm ein gewisses Gefühl für BARIL und ihre Motivation vermittelte. BARIL sah sich also als Mentorin einer ganzes Galaxis – so weit, so bekannt.

      Ihr spezieller Modus Operandi war ihm jedoch bislang nicht begegnet. Die Superintelligenz setzte also darauf, dass Völker den Frieden wahrten, wenn der Sieg in einem Kampf nicht sicher war. Und diesen Zustand führte BARIL herbei, indem sie stets den Unterlegenen stärkte.

      Er fühlte sich zurückerinnert an die Schreckenstage seiner Jugend, an das atomare Wettrüsten der irdischen Supermächte. Kein Block durfte deutlich zurückfallen, damit der andere keine Chance auf einen sicheren Sieg wähnte. Gut bekommen war das der Menschheit nicht, und ohne das mehr oder minder zufällige Auftauchen der Arkoniden damals wäre es mit Sicherheit irgendwann zur Eskalation gekommen. Denn irgendwann, früher oder später, kam immer jemand an die Macht, der zu minderbemittelt war, um die fatalen Folgen seines Handelns zu erkennen.

      Das war bei BARILS Philosophie als unvermeidbares Übel eingerechnet. Die Dummen schaufelten damit ihr eigenes Grab. Wie das aussah, hatte er bei der Attacke der Truvaud aus nächster Nähe bezeugen können.

      Interessant erschien ihm die Zusammensetzung des Ritterordens. Anders als die Ritter der Tiefe, von denen es eigentlich beliebig viele hätte geben können, waren BARILS Ritter auf sieben Personen beschränkt, von denen jede eine ganz bestimmte Rolle auszufüllen hatte. Das war Rhodan im Grundsatz schon seit seiner Landung auf Kessaila klar gewesen, aber nun verstand er erstmalig das System dahinter: Jeder Ritter hatte seine ganze eigene Art, an Probleme heranzugehen – und für jeden gab es einen genauen Gegenpol.

      Krieger und Diplomat, diesen Kontrast hatte er bereits bei A-Kuatonds Anklage gegen ihn erkannt. Dazu kamen empirischer Forscher und gedankentürmender Philosoph, strenger Züchter und der Beobachter, der den freien Lauf der Dinge sicherstellte. Auch darin schlug sich also BARILS Philosophie der Balance nieder.

      In der Praxis, fürchtete Rhodan, musste dieses System allerdings einen blockierten Rat zur Folge haben. Dass beispielsweise A-Kuatond und Semmaru sich auf eine gemeinsame Vorgehensweise einigen konnten, war bestimmt eine Seltenheit. Das Prinzip der Gegenpole würde zwangsläufig dazu führen, dass ein Patt das Standardergebnis war.

      Da kam die Stimme BARILS ins Spiel, die dieses Patt auflösen sollte. Sie hatte im Ernstfall die entscheidende Stimme.

      Das bedeutete: Die Stimme BARILS war die mächtigste Person der ganzen Galaxis Yahouna. Perry Rhodan machte sich also nicht einfach irgendwen zum Feind, wenn er sich in dieser Nacht durch Flucht ihrem Urteil entzog.

      11.

      Nacht zum 13. November 1552 NGZ

      Kessaila, BARILS Adyton

      Ungeduldig trommelte Perry Rhodan mit den Fingern auf der dünnen Matratze. Er wartete darauf, dass das Allerheiligste zur Ruhe fand, aber die Geräusche vor seinem Quartier ebbten nicht ab. Wie viel Zeit blieb ihm, ehe Semmaru herausfand, dass sein Permit nicht länger alle Türen öffnete – und weshalb?

      Die Zeit spielte gegen Rhodan. Wie auf Nadeln hockte er auf seiner Schlafbank. Immer wieder warf er einen Blick auf sein Komarmband, aber der Vorgang war reine Gewohnheit. Das Allerheiligste des Ritterordens war nicht nur gegen Eindringlinge abgesichert, auch der Funk wurde unterdrückt. Er hatte keinen Kontakt zur SOL.

      Die Holostation an seinem Tisch war ebenso wenig hilfreich. Außer den Doktrinen von BARILS Botschaft bot sie nur rudimentären Zugriff auf ein internes Kommunikations- und Informationsnetz. Genug, um einen Reinigungsroboter oder Essen zu bestellen. Nicht genug, um sonst etwas zu tun – und die Menge an pseudoreligiösem Geschwurbel, die er zur Ablenkung konsumieren konnte, hatte Rhodan bereits deutlich überschritten.

      Endlich kehrte Ruhe ein. Die Stimmen und Schritte verhallten. Rhodan zählte lautlos bis einhundert. Als die Stille danach immer noch anhielt, betätigte er den Türsensor.

      Die Tür glitt in den Boden. Rhodan lauschte. Nichts. Er streckte den Kopf hinaus in den Gang. Immer noch nichts.

      Rhodan atmete durch. Dann ging er los. Zielstrebig, aber nicht zu schnell. Er hatte schon lange gelernt, seine Wirkung auf seine Umgebung einzuschätzen, und im Augenblick wollte er nur eins: unauffällig wirken. Nicht wie jemand, der ein Permit gestohlen hatte und sich mitten in der Nacht davonschleichen wollte, sondern so, als hätte er jedes Recht der Galaxis, zum Tor hinauszuspazieren. Denn genau das gedachte er zu tun.

      Seine Schritte echoten durch die schwarz-weißen Gänge der Zitadelle. Nach zwei Abbiegungen erreichte er den Hauptgang, den er bei seiner Ankunft in Begleitung der drei Ritter durchquert hatte. Von da an musste er nur noch den Windungen des Flurs folgen, und dann ... Mist!

      Die Wachen waren noch da, und es waren keine Maschinen, wie er gehofft hatte. Somit nutzte ihm sein Permit genau gar nichts. Ein automatischer Türsensor mochte sich von seinem Beutestück täuschen lassen, bei Robotern hätte Rhodan zumindest sein Glück versucht. Aber Wachen aus Fleisch und Blut? Selbst wenn sie Semmaru nicht persönlich kannten – es war offensichtlich, dass Perry Rhodan kein ein Meter großes Insektenwesen war.

      Er brauchte einen anderen Ausgang. Sogar ein derart massiv bewachtes Gebäude wie BARILS Allerheiligstes musste Nebenzugänge haben. Liefereingänge, Versorgungsschächte, irgendetwas gab es immer.

      Rhodan duckte sich in einen Seitengang, ehe die Wachen auf ihn aufmerksam wurden. Er brauchte einen Plan, im wortwörtlichen Sinn. Suchend blickte er sich um. Irgendwo musste es doch ein Positronikpult geben, um Informationen abzurufen.

      Tja, irgendwo vielleicht. Aber nicht in der Nähe. Die grauen Wände gaben keinerlei Hinweis auf Kontaktstellen, mit denen er ein Hilfsholo aktivieren könnte. Was hatte er auch erwartet? Das Adyton war schließlich kein öffentliches Gebäude. In der Zitadelle hielt sich nur auf, wer dazu befugt war, und das waren, seinen bisherigen Informationen nach zu urteilen, herzlich wenige Leute.

      Aber ein Holo mit Zugang zum internen Informationsnetz kannte er. Es befand sich genau dort, von wo er aufgebrochen war. Mit einem leisen Fluch kehrte Rhodan in sein Quartier zurück und rief das Arbeitsholo auf. Es erlaubte ihm keinen Zugriff auf sensible Daten, und dazu zählten zweifellos auch die Gebäudepläne. Aber vielleicht mit Semmarus Permit ...

      Rhodan forderte eine Neuidentifizierung an. Ein Scannerstrahl erfasste das kleine Signet an seinem Kragen und schwenkte dann nach oben, um auch seinen Kopf abzutasten. Hastig schlug Rhodan einen Arm vors Gesicht. Eine absolut hilflose Geste, mit der er vermutlich bloß bestätigte, dass er nicht der Diplomat war ...

      Doch zu seiner Überraschung schrillte auch diesmal kein Alarm los. Lediglich eine Fehlermeldung leuchtete im Holo auf und informierte ihn darüber, dass der Zugang zu den persönlichen Einträgen nicht freigeschaltet werden konnte. Aber der Zugriff auf die Serviceinformationen wurde ihm gewährt.

      »Glück muss man haben«, murmelte Rhodan.

      Mit flinken Fingern gab er seine Suche ein und aktivierte die Raumübersicht der Zitadelle.

      Es kostete ihn weitere wertvolle Minuten, aber er fand ein paar Seitengänge, die vielversprechend aussahen. Einer davon war ein Wartungsschacht im ersten Stock, der zu einer Lüftungsanlage führte. Ein anderer war der Zulieferweg für die Versorgungsmaschine der Kantine. Rhodan würde es erst mit der Lüftung probieren. Irgendwoher mussten die Fliegen, die sich Semmaru einverleibt hatte, schließlich kommen. Und wo Ungeziefer eindrang, gab es vielleicht auch eine Möglichkeit, hinauszugelangen.

      Rhodan wollte das Holo bereits desaktivieren, als sein Blick auf die Bezeichnung eines kleinen Komplexes am unteren Rand fiel: »Semmarus Arbeitsräume«.

      Unentschlossen verharrte Rhodan vor dem Holo. Er musste immer noch Informationen beschaffen, die er Blitzer und den Kosmokraten liefern konnte. Über dieses Arbeitsholo bekam er keinen Zugriff darauf. Aber Semmaru war ein Ritter, einer von nur sechs, wenn man BARILS Stimme nicht mitzählte. Es war nicht unwahrscheinlich, dass der Diplomat Zugang zu Daten hatte, die Rhodan tatsächlich nutzen konnte, und mit dem gestohlenen Permit war die Chance groß, dass er auf diese Auskünfte sogar zugreifen konnte.

      Allerdings


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