Mission SOL 2020 Paket (1 bis 12). Madeleine Puljic

Mission SOL 2020 Paket (1 bis 12) - Madeleine Puljic


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es zahlreiche Nebenkorridore und hohle Bereiche hinter den Wandverschalungen«, erläuterte er grimmig. »Die führen kreuz und quer überallhin. Eine Art geheimes Straßensystem neben dem, das ein normaler Besucher zu sehen bekommt. Es ist der größte Spaß der Raumsoldaten, sich kriechend durch solche Schächte zu bewegen!«

      Matabiau stöhnte leise auf.

      »Das Ziel ist nicht das fengolyonische Schiff?«, drang Cromptons raue Stimme durch den Helmempfänger.

      Anchi starrte verblüfft auf die rote Linie, die Danton gezeichnet hatte. Sie führte von ihrem aktuellen Standort zuerst rauf, dann nach zahlreichen Abbiegungen in allen Dimensionen am Hauptkorridor vorbei in die untere Ebene der Station, in den Hangarbereich. Aber nicht die Parkbucht ihres Schiffs war das Ziel, sondern ein anderer Punkt in der Mitte des Raumschiffshangars.

      »Das ist die Halteposition der Skapalm-Bark!«, erkannte Matabiau.

      Danton bestätigte. »Das Schiff der Fengolyonen ist zu weit entfernt, das schaffen wir nicht! Nicht, wenn Haldukass die Sicherheitskräfte der halben Station auf uns hetzt. Außerdem ist bekannt, dass wir das Schiff gestohlen haben. Es wird bestimmt bewacht und untersucht, da laufen wir dem Feind in die Arme. Ausgerechnet auf der Bark werden sie uns jedoch nicht vermuten. Und ich kenne mich auf diesen Einheiten der Terminalen Kolonne aus. Ich weiß, wie wir uns dort verstecken können!«

      Anchi wurde mulmig zumute. Sein Optimismus war gänzlich verflogen. Haldukass hetzt die Sicherheitskräfte der halben Station auf uns ... ich kenne mich auf diesen Einheiten der Terminalen Kolonne aus ... Dieser Einsatz lag deutlich über seinen Fähigkeiten.

      Musste man einen Todeswunsch haben, um zu den Raumsoldaten zu gehören, oder woher kam die grimmige Entschlossenheit seiner Kameraden? Wie hatte Danton zweieinhalb Jahrtausende lang solche Einsätze überlebt? Anchi dachte an Nadarr und überlegte, dass er die Antwort vielleicht gar nicht wissen wollte.

      »Ich werde versuchen, den Eindruck zu erwecken, dass wir trotzdem zu dem Fengolyonen-Schiff unterwegs sind«, bekundete Danton. »Ihr versucht, möglichst schnell zum Ziel zu kommen, und ich bin der Lockvogel, der sich einen anderen Weg sucht.« Er markierte einen Punkt im Gang oberhalb der Skapalm-Bark mit einem roten X. »Wir treffen uns hier. Viel Glück!«

      Anchi ging alles mal wieder viel zu schnell. »Wie willst du sie denn von uns ablenken?«, rief er. »Sobald sie dich allein irgendwo aufspüren, fangen sie an, uns woanders zu suchen!«

      Matabiau gab einen verächtlichen Ton von sich. Aber Anchi war es egal. Hier ging es um sein Leben. Er spürte, wie Panik in ihm aufstieg.

      Danton klopfte auf seinen SERUN. »Diese Geräte bringen ein paar zauberhafte Holoprojektionen zustande.«

      Wie zum Beweis flammten neben Danton lebensgroße Abbilder zweier Männer und einer Frau in SERUNS auf: virtuelle Versionen von ihm, Matabiau und Crompton.

      Danton hob theatralisch eine Hand, klopfte Anchis virtuellem Ebenbild auf die Schulter und brachte ein schiefes Lächeln zustande. »Nicht so gut wie die neuen Virtuellbildner der SOL. Aber es muss auch so gehen.«

      Anchi stieß keuchend Luft aus. Virtuellbildner waren Tarnmechanismen, mit denen Raumschiffe die Existenz anderer Raumschiffe vortäuschen und damit die Ortungssysteme von Gegnern in die Irre führen konnten. Im Kolonnen-Dock im Susmalsystem hatte Rhodan die SOL vor zwei Wochen mit verbesserten Versionen solcher Geräten aufgerüstet, um sich dem Kampf gegen die NEUBEGINN zu stellen.

      Aber die Holobilder, die Danton erzeugte, waren einfach nur visuelle Abbildungen. Konnte er damit wirklich die Roboter und Soldaten dieser Raumstation überlisten?

      Danton klopfte dem echten Anchi auf die Schulter. »Wird schon schiefgehen!«, sagte er, und als er durch die Helmscheibe Anchis konsternierten Gesichtsausdruck sah, fügte er hinzu: »Alter terranischer Aufmunterungsspruch.«

      Was sollte das schon wieder bedeuten?

      *

      Die Anzugscheinwerfer beleuchteten den Stollen vor ihnen. Knäuel von Drahtleitungen warfen netzartige Schatten auf die Wandungen. Keiner von ihnen hätte in dieser Umgebung aufrecht stehen können, und die Kabel behinderten sie beim Vorrücken.

      Matabiau und Crompton hatten Anchi in die Mitte genommen. Gemeinsam krochen sie durch einen flachen Schacht, der mit zahlreichen Abbiegungen quer durch die Raumstation führte.

      Anchi fragte, warum sie nicht einfach die Gravo-Paks ihrer SERUNS benutzten, sich vom Boden abstießen und schwerelos in der Mitte des Stollens davonschwebten.

      Matabiau wies ihn darauf hin, dass sie sich gerade bemühten, energetisch tot zu wirken. Die Aktivierung eines Antigravs wäre ein hell leuchtendes Signal, das den Polizeikräften der Station meldete: Hier sind eure Spione! Sie kriechen gerade über dem Zyklotrafspeicher entlang!

      Sie hatten den Helmfunk auf eine so kurze Distanz kalibriert, dass Anchi den Kameraden nicht mehr hören konnte, sobald er ein paar Meter Vorsprung gewann. Wenn Anchi das Innere der Helmscheibe fokussierte, sah er den matt leuchtenden Lageplan der Station. Eine gestrichelte Linie zeigte an, wo sie entlanggehen mussten, und ein roter Punkt, wo sie sich befanden.

      Schräg hinab auf die nächstuntere Ebene – Anchi rutschte knapp hinter Matabiau mit den Füßen voran herunter und kam rumpelnd auf dem Boden auf.

      »Pst!«, warnte Matabiau über Helmfunk und wies energisch mit dem Zeigefinger nach unten.

      Da hörte Anchi es auch: das Stampfen von Roboterfüßen im Gleichschritt! Es waren altmodische Roboter, nicht die Maschinen, die geräuschlos durch die SOL schwebten. Aber er war sicher, dass ihre Waffen im Zweifelsfall tödlich waren.

      »Wir sind über der Deckenverkleidung eines Hauptkorridors«, zischelte Matabiau. »Glaub ja nicht, dass wir in so einer Art autarkem Raum sind. Wenn wir nicht aufpassen, können die uns hören!«

      Anchi nickte heftig. Als er merkte, dass der andere das nicht sehen konnte, bestätigte er über Helmfunk: »Aye!«

      »Du machst das gut«, meldete Crompton sich von hinten. »Wir sind bald da. Gerate nicht in Panik!«

      Der wohl fragwürdigste Ratschlag, den man in so einer Situation hören wollte.

      Eilfertig kroch Anchi weiter, Matabiau hinterher.

      Da hörte er hinter sich erneut ein Rumpeln. Aber es war nicht Crompton, die ihm jeden Moment über die Schräge folgen musste.

      Eine Klappe im Boden öffnete sich. Licht strahlte in den Schacht. Einige einzelne Schimmer zunächst, dann ein Lichtstrom, der einen Kegel an die Decke warf und das Innere des Schachts schwach beleuchtete.

      Jemand hatte eine Versorgungsluke geöffnet. Jemand, der seinen Aufprall gehört hatte und nun nachsehen kam, welche Ratte da durch das verborgene Straßensystem der Station kreuchte!

      Anchi lag wie erstarrt.

      Mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen sah er den Kopf, der durch die Luke hervorkam.

      »Licht aus! Deflektor!«, kam es scharf über den Helmfunk. Crompton war noch nicht über die Schräge hinabgerutscht und hatte die Gefahr erkannt.

      Aber Anchi befand sich noch immer im Schockzustand.

      Matabiau fuhr herum und warf sich mit einem beherzten Sprung auf Anchi.

      Für eine Millisekunde legte sich ein leichtes Flimmern auf sie beide. Dann umschloss Matabiaus Deflektorschirm ihre Körper.

      Das Wesen, das durch die Klappe spähte, drehte den Kopf. Es hatte offenbar zuerst in Richtung der Schräge geblickt und drehte sich in diesem Moment zu ihnen um. Aufmerksam musterte es den verkabelten Schacht, der Hunderte Meter über dem Korridor entlanglief. Wahrscheinlich war es ein einfacher Arbeiter, der im falschen Moment am richtigen Ort war und das Geräusch gehört hatte, das Anchi verursacht hatte.

      Beängstigend lange dauerte die Inspektion des Wesens, von dem sie nur den Kopf sahen. Dann grunzte es, und der Kopf verschwand. Mit einem Getöse, das Anchi so laut vorkam wie ein Vulkanausbruch, schloss sich die Luke wieder,


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