Mission SOL 2020 Paket (1 bis 12). Madeleine Puljic

Mission SOL 2020 Paket (1 bis 12) - Madeleine Puljic


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Team gehört ihr an?«, ertönte hinter ihnen eine Stimme. »Ihr habt keine Zugangsberechtigung für diesen Sektor!«

      Sie fuhren herum.

      Vor ihnen stand, flankiert von zwei dürren Vogelwesen mit absurd großen Datenbrillen, ein Wesen, wie sie es bereits kannten. Es war nur etwa eineinhalb Meter groß, wirkte aber umso bedrohlicher. Die Knochenplatten, aus denen sein fahles Exoskelett bestand, machten bei jeder Bewegung knirschende Geräusche. Ein Kolonnen-Anatom!

      Wir sind enttarnt!, dachte Anchi in Panik.

      *

      Aus der Nähe erkannte Anchi, dass der Kolonnen-Anatom ein bizarr verunstaltetes Wesen war. Wucherungen drückten die Knochenplatten an zahlreichen Stellen nach oben. Er hatte nicht sieben Arme wie Krefferk, sondern nur einen an der Seite sowie einen, der ihm wie tot von der Brust baumelte. Er wirkte wie ein Patient, der mitten in der Operation kurz vom Tisch gesprungen war, um ein paar Geschäfte zu erledigen.

      Voller Entsetzen erkannte Anchi, dass das wohl für alle Kolonnen-Anatomen galt: Sie nahmen Operationen an sich selbst vor. So wie Krefferk sich sieben Arme an den Körper gesetzt hatte.

      Selbst Danton war überrascht. Er hatte offensichtlich an diesem Ort keine solche Begegnung erwartet. Es war reines Pech, dass sie gleich nach ihrer Ankunft auf der Skapalm-Bark erwischt worden waren.

      Selbst wenn du zweieinhalbtausend Jahre immer wieder mit knapper Not davongekommen bist, irgendwann erwischt es dich doch! Das besagen allein die Gesetze der Wahrscheinlichkeit ...

      Sie hatten eine ganze Weile Glück gehabt mit ihrer fengolyonischen Tarnidentität. Irgendwann musste etwas schiefgehen.

      Es dauerte nur eine Sekunde, dann fing sich Danton wieder. Er nahm eine steife, überhebliche Haltung an.

      »Wer will das wissen?«, fragte er scharf. »Wir hatten erwartet, uns zuerst unauffällig umsehen zu können, bevor wir uns zu erkennen geben.«

      Dantons Dreistigkeit verschlug Anchi den Atem. Würde er mit so einem Bluff durchkommen?

      »Ich bin derjenige, der in dieser Sektion das Sagen hat«, entgegnete der Kolonnen-Anatom. »Und nun identifiziert euch!«

      »Danton!«, sagte Rhodans Sohn eiskalt und mit Klarnamen. »Ich bin ein weisungsbefugter Kalbaron und komme zur Inspektion dieser Bark. Geh aus dem Weg!«

      Der Kolonnen-Anatom hob den gesunden Arm. »Ich zweifle deine Worte nicht an, Kalbaron Danton«, verkündete er misstrauisch. »Für den Fall, dass du mich testest, erlaube mir jedoch, dass ich deine Identität überprüfe. Du stimmst sicher mit mir überein, dass diese Überprüfung notwendig ist, damit sich kein Spion an Bord schleicht. Deine Begleiter sind solange meine Gäste.«

      Zu Anchis Überraschung stimmte Danton sofort zu. Schnell wandte er sich noch einmal an die Solaner. »Keine Sorge, das wird gut gehen!«, sagte er leise. »Die werden mich mit einer Maschine zusammenschließen, die mich genetisch und mental prüft. Das dauert eine Weile, aber sie wird mich tatsächlich als weisungsbefugten Offizier identifizieren. Haltet nur aus und benehmt euch nicht verdächtig. Denkt dran: Ihr gehört ab sofort zur Kolonne!«

      Während Danton mit dem Kolonnen-Anatomen zu einem unbekannten Ort ging, wurden die drei übrigen Solaner mit freundlichem Nachdruck in einen kargen Saal geleitet. Dort gab es keinerlei Technik oder Dekoration, nur eine wuchtige, u-förmig angeordnete Tischreihe. Anchi hatte keinen Zweifel: Dies war ein Verhörraum.

      *

      Sie waren allein, vorerst. Der Raum war groß genug, dass jeder sich in eine Ecke zurückziehen konnte. Davon machte Anchi Gebrauch. Er wollte dem Team nicht weiter zur Last fallen.

      Crompton kam zu ihm. Sie hatte den Helm in den Rücken des SERUNS gefaltet. Ein Ohr ragte durch die Strähnen ihrer violetten Kurzhaarfrisur. Sie schirmte sie mit einem Akustikfeld gegen eventuelle Zuhörer ab.

      »Wir müssen alle auf dem Damm sein«, sagte sie streng. »Auch du. Das ist dir klar, oder?«

      Anchi winkte matt ab. »Ich glaube, ihr kommt besser ohne mich klar.«

      »Es macht dir zu schaffen, dass wir im Korridor beinahe aufgeflogen sind und Peet dir mit dem Deflektorfeld den Hintern gerettet hat, nicht wahr?«

      Anchi sagte nichts. Sie hatte wohl seine anderen Fehler vergessen.

      »Er hat dich auf dieselbe Weise beschützt wie Mahlia Meyun ihn vor zwei Wochen im Kolonnen-Fort. Der Vorfall, von dem du behauptet hast, er würde beweisen, dass Peet kein so guter Raumsoldat wäre. Gerade eben ist dir dasselbe passiert. Darüber denkst du nach.«

      Anchi schwieg weiter. Als er Matabiau verspottet hatte, war Crompton zum Eisblock geworden und hatte tagelang nicht mehr vernünftig mit ihm geredet.

      »Nun, das mit Peet hat Mahlia Meyun dir erzählt, weil du sie ausgefragt hast, nicht wahr? Du wolltest etwas Schlechtes über ihn in Erfahrung bringen. Was sie dir nicht erzählt hat, weil wir uns noch nicht kannten und du nicht danach gefragt hast: Ich war beim Einsatz im Kolonnen-Fort ebenfalls dabei. Und Mahlia hat auch mir das Leben gerettet.«

      Da verstand Anchi. Als er über Matabiau gelästert hatte, da hatte er in Wahrheit dasselbe Urteil über Crompton gefällt. Deswegen hatte sie so gallig reagiert.

      »Verstehst du, Ennyas?«, fragte sie beinahe sanft. »Im Einsatz einen Fehler zu machen – sogar einen, der dich das Leben kosten kann –, das kann jedem Raumsoldaten passieren, egal wie gut er ausgebildet ist. Wir versuchen uns auf alle Situationen so vorzubereiten, dass, wenn einer einen Fehler macht, der andere da ist, um ihn auszugleichen. Auch dir kann einmal ein Fehler passieren. Du hast nicht einmal eine Ausbildung. Damit mussten wir rechnen. Und wir sind dafür da, dich rauszuhauen, so wie Mahlia uns im entscheidenden Moment rausgehauen hat. So funktioniert ein Team!«

      Anchi schluckte. Seine Kehle fühlte sich trocken an. »Du willst sagen, ihr verachtet mich nicht?«

      »Oh, es ist nicht so, dass du nicht manchmal gehörig nervst. Aber wir sind ein Team. Und du gehörst dazu!« Als sie seine erleichterte Reaktion sah, fügte sie schnell hinzu: »Ich bitte darum, von übereilten Umarmungen abzusehen.«

      Matabiau kam mit schnellen Schritten hinzu. Allerdings nicht, um an einer Verbrüderung teilzunehmen. »Es wird ernst!«, verkündete er. »Wir bekommen Besuch.«

      Es war nicht, wie erhofft, Roi Danton, der durch das Schott kam, freigesprochen vom Verdacht der Spionage und bereit, die drei Kameraden abzuholen. Stattdessen betraten drei echsenhafte Wächter den Raum. War Danton gescheitert? Ging es ihnen an den Kragen?

      Die Echsenwesen, groß und mit zahnbewehrten Mäulern, traten zu den drei Solanern. Ein modriger Geruch ging von dem aus, der sich vor Anchi stellte. »Du sprichst!«, verlangte er mit dumpfer Stimme, die sofort vom Translator übersetzt wurde.

      Matabiau wollte eingreifen.

      Doch das Echsenwesen hielt ihn zurück und zeigte unmissverständlich auf Anchi.

      Tapfer sah er an der Echse hoch und stellte sich vor, dass dies ein Moment war, den er später Nadarr wahrheitsgemäß berichten würde.

      Auf einmal herrschte in seinem Kopf völlige Klarheit. Er erinnerte sich sogar daran, wie diese Echsen genannt wurden.

      »Was fällt euch ein, Mor'Daer!«, sagte er und betonte dabei jedes Wort. Im gleichen Stil wie zuvor Danton fuhr er fort: »Ihr behandelt uns wie Gefangene und nicht, wie es uns als TRAITOR-Aufsehern zusteht. Wir sind die Adjutanten des Kalbarons Danton und euch damit höhergestellt. Wir sind es, die die Fragen stellen!«

      Offenbar hatte er die Echse beeindruckt, denn sie sah zwar nach wie vor bedrohlich aus, machte aber keine Anstalten zu einer Entgegnung.

      »Danton ist nicht irgendein Kalbaron der Terminalen Kolonne.« Anchi erinnerte sich, was sein Kabinenservo über die Lebensgeschichte Dantons referiert hatte. Rhodans Sohn war einst in die Gefangenschaft der Terminalen Kolonne geraten und dort später zu einem wichtigen Befehlshaber aufgestiegen. Das musste der Grund sein, warum er glaubte, in einer Einheit der


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