Liebe ohne Kaution. B.G. Thomas

Liebe ohne Kaution - B.G. Thomas


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nahm einen der größeren Brownies und verschlang ihn so schnell, dass er einen Moment brauchte, um zu realisieren, dass sie schmeckten wie... »Das schmeckt nach Luzernen.«

      »Nein«, erwiderte Willie. »Wie Gras.«

      »Gras?« Schockiert riss er die Augen auf. »Gras?«

      »Klar, Alter, was hast du denn gedacht?«

      »Ich habe nicht an Marihuana gedacht!«

      Meine Güte!

      »Wie viel hast du da reingemacht?«, rief er aus.

      Willie zuckte die Achseln und grinste ihn an. »Den Großteil eines Päckchens.«

      »Ich hab ihm gesagt, dass er nicht so viel reinzumachen braucht«, sagte das Mädchen mit dem Kopf auf Willies Schulter.

      Oh Gott, oh Gott, oh Gott! Er hatte nur einmal in seinem Leben Gras geraucht, als er achtzehn und zu seiner Überraschung auf eine Abschlussparty eingeladen gewesen war. Außerhalb der Theater-AG war er nicht sonderlich beliebt gewesen. High zu sein, hatte ihm nicht gefallen. Er mochte dieses schwebende Gefühl von Watte im Kopf nicht, das Gefühl, nicht alles unter Kontrolle zu haben. Seither waren fünf oder sechs Jahre vergangen, und jetzt würde es wieder passieren.

      Der einzige Grund, warum er nicht in Panik ausbrach, war die Tatsache, dass er sich immerhin zu Hause befand. Keine Verwirrung, bei einem Fremden zu sein, dessen Haus aus allen Nähten platzte. Keine Sorgen ums Fahren. Wenn ich nur ins Corner Bistro gegangen wäre, hätte ich das vielleicht vermeiden können. Er sah Willie an und schüttelte den Kopf.

      »Was ist, Alter?«, fragte Willie.

      Alter. Gott, er hasste dieses Wort.

      »Ich gehe ins Bett, Willie…«

      »Und verschwendest das High?« Er hatte die Augen ungläubig aufgerissen.

      »Ja. Und kannst du mir einen verfickten Gefallen tun?« Es forderte seine ganze Willenskraft, nicht zu schreien.

      Das Mädchen drehte sich um und schwankte zurück in den lila Schleier des Wohnzimmers.

      »Was?«, fragte Willie.

      »Kannst du die Musik ein bisschen leiser stellen? Bitte. Und um Himmels willen, leg ein aufgerolltes Handtuch unten an die Tür. Man kann das Gras den halben Weg die Treppe runter riechen.«

      »Okay!« Willie hob die Hände. »No problema! Mann, echt.«

      In diesem Moment spürte Artie, wie sich sein Kopf von ihm ablöste und versuchte, davon zu schweben.

      Whoa. Oh wow. Jetzt schon?

      Irgendwie kam er in sein Zimmer und schloss die Tür. Er zog sich halb aus, machte das Licht aus und kletterte ins Bett. Zum Glück schlief er fast augenblicklich ein.

      Das machte es umso schockierender und erschütternder, als eine ungewisse Zeit später seine Schlafzimmerbeleuchtung erstrahlte und er zu einer Polizistin aufblickte, wobei er mit den Händen die Augen abschirmte.

      »Entschuldigen Sie, Sir. Sie müssen aufstehen und sich anziehen. Sie sind festgenommen.«

      Für Artie hatte der Abend im Himmel begonnen. Ein gutes Essen in einem Lieblingsrestaurant mit einem guten Freund, gefolgt von seinem Laster, einem Konzert seiner Lieblingsband. Aber dann wurde der Abend zur Hölle, als er nach Hause gekommen und von dröhnender Musik und einem mit Gras gefüllten Apartment begrüßt, versehentlich high gemacht, verhaftet und ins Gefängnis gebracht worden war.

      Gefängnis?

      Er. Artie Bailey. Verhaftet!

      Er, der üblicherweise nicht mal bei Rot über die Straße ging.

      Alles war so verwirrend gewesen, insbesondere, weil er so bekifft war, dass er – aus den Augenwinkeln – immer wieder kleine Viecher über den Boden huschen sah, die unangenehm nach Animal aus der Muppet Show aussahen.

      Ja. Verhaftet.

      Und da es spät war, musste er die Nacht in einer Zelle verbringen. Es gab keine Möglichkeit, eine Kaution zu veranlassen. Nicht, wenn die Richter alle zu Hause in ihren Betten schliefen. Wo er jetzt auch wäre – wenn er nur ein Viertel ihres Verstandes hätte.

      So wurde er in eine große, beängstigend aussehende Zelle gebracht, die mit ungefähr fünf oder sechs anderen Männern besetzt war. Er brauchte Hilfe, dorthin zu gelangen, weil er kaum laufen konnte. Anscheinend hatte es in dieser Nacht eine ungewöhnliche Anzahl an Festnahmen gegeben.

      Er hatte sich noch nie in seinem Leben so gefürchtet.

      Das Einzige, was ihn davon abhielt, komplett durchzudrehen, war der Brownie. Wow, er war so was von bekifft.

      Das Gefängnis war wie im Fernsehen. Gitterstäbe. Kleine Bänke. Hart aussehende Männer, die ihn anstarrten. Er konnte sich lediglich fragen, wann der Ärger beginnen würde. Würde er bald ihre Schlampe sein? Ein großer, mexikanisch aussehender Mann mit Veilchen hatte ihn bereits im Auge, hielt seinen üppigen Schritt umklammert und murmelte etwas vor sich hin, das Artie nicht verstehen konnte. Entweder weil er so bekifft war oder weil die Worte Spanisch waren. Er musste gegen die Tränen ankämpfen. Aber irgendwie, sogar durch den Nebel hindurch, dachte er, dass das genau das sein könnte, worauf sie warteten.

      Ein großer, muskulöser schwarzer Mann saß neben ihm auf der winzigen Bank. Artie versteifte sich, zutiefst verängstigt. Was willst du?

      »Kümmer dich nicht um den«, sagte der Mann.

      »Huh?«, erwiderte Artie mit brüchiger Stimme.

      Der Mann nickte in Richtung des Mexikaners. »Der da. Der wird dich nich' ärgern. Nich', wenn ich hier neben dir sitz.«

      Artie schaute hinauf ins Gesicht des Mannes. Er war riesig. Ein Berg. Grob aussehend. Aber… aber da war etwas in seinen Augen. Etwas, das Arties pochendes Herz dazu brachte, sich ein wenig zu beruhigen.

      »Wer… wer bist du?«, traute Artie sich zu fragen.

      »Ich bin das Arschloch, das Wetback das blaue Auge verpasst hat.«

      Artie hätte beinahe gelacht. Zum Glück schaffte er es irgendwie, es nicht zu tun. Wer wusste, was passieren würde, wenn er das tat?

      »Ich bin Demaine«, sagte sein Banknachbar und hielt ihm die Hand hin.

      Artie streckte seine eigene aus und sah zu, wie sie in der Hand des größeren Mannes verschwand.

      »Ich werde mich um dich kümmern.«

      Aber was werde ich für dich tun müssen?

      Demaine legte den Kopf schief, schüttelte ihn und seufzte. »Ich will nix. Ich passe nur auf einen Bruder auf.«

      »Bruder?«, quietschte Artie. »Ich?«

      Demaine nickte. Er beugte sich vor und sagte leise: »Ich bin auch schwul.«

      Arties Mund klappte auf.

      Demaine nickte.

      »Du?«

      Noch ein Nicken. »Ja. Aber mach dir keine Sorgen. Du bist nicht mein Typ. Zu klein. Und ich mag schwarze Männer.«

      »Oh«, sagte Artie und hoffte, dass es nicht nach einer Frage klang.

      Artie schaute sich um und sah, dass der Mexikaner nicht einmal mehr in seine Richtung blickte. Er atmete erleichtert auf.

      »Warum sitzt du, kleiner Mann?«, fragte Demaine.

      Artie sah wieder auf und versuchte zu entscheiden, was er darauf antworten sollte. Nach einer langen Pause erzählte er Demaine alles.

      »Das ist scheiße«, sagte Demaine.

      »Das kannst du laut sagen.«

      »Ist dein Mitbewohner hier? Mach ihm klar, dass er ihnen sagen soll, dass du da nicht mit drinhängst.«

      Artie schüttelte den Kopf. »Ich hab keine Ahnung, wo er ist.«

      »Schade«,


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