Liebe ohne Kaution. B.G. Thomas

Liebe ohne Kaution - B.G. Thomas


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Hand auf die Schulter und drückte sie. Die Schulter fühlte sich härter an, als er gedacht hätte. Konzentrier dich! »Du wirst schon wieder. Du hast nur eine Menge Gras gegessen. Morgen bist du wieder fit.«

      Artie erzitterte und schaute weg. »Das will ich hoffen.«

      Dann dachte August an etwas, das ihm vorher nicht eingefallen war. Etwas, über das er sich normalerweise keine Gedanken machte. Etwas, das ihn letztendlich wirklich nichts anging.

      »Kommst du irgendwie nach Hause, Artie?«

      Artie schüttelte den Kopf. »Mein Auto ist bei meiner Wohnung.«

      »Bus?«, schlug August vor.

      Artie seufzte sehr tief und zeigte dann die Straße hinunter. »Ich hab's versucht. Aber als ich mir den Fahrplan angesehen habe, habe ich ihn nicht verstanden…«

      Durch und durch high. August musste sich zusammenreißen, um nicht zu lachen. Aber das wäre gemein, oder? Und Artie war wirklich hinreißend.

      Bevor er wusste, dass er es tat, fragte August: »Hättest du gern einen Kaffee, Artie?«

      Artie schaute auf, und oh, die Dankbarkeit, die dieses Gesicht erfüllte. »Oh ja…«

      »Es gibt ein nettes Café nicht weit von hier, in das wir gehen können, The Radiant Cup. Das ist das Mindeste, was ich tun kann.«

      Artie seufzte. »Du hast mich schon aus dem Knast geholt.«

      »Das ist mein Job.«

      Artie sah weg und nach einem Moment musste August sich fragen, ob Artie sich daran erinnerte, dass er hier war. »Artie?«

      »Oh!«, quietschte Artie.

      So, wie der Junge zusammenzuckte, hatte August wohl recht gehabt.

      »Kaffee?«, fragte August.

      Artie lächelte. »Ja, bitte.«

      August stand auf, half Artie auf die Beine und führte ihn zurück zu seinem Auto auf dem Parkplatz am Ende der Straße. Artie gefiel der Wagen sichtlich, was schön war, denn es war ein älteres Auto, ein blauer Chevy Malibu, Baujahr 1972, mit zwei weißen Streifen auf der Motorhaube und einem weißen Textilverdeck. August hätte sich etwas Neueres und Schickeres leisten können – Lincoln konnte das definitiv –, aber dieses Auto hatte etwas an sich. Er fuhr es schon lange und kümmerte sich darum, als wäre es ein Kind. Es hatte seinem Vater gehört, der es ihm als erstes eigenes Auto geschenkt hatte. Er hatte das Gefühl, dass es ihm Glück brachte. Wie ein Talisman. Auf dem Rücksitz dieses Autos hatte er seine Jungfräulichkeit an einen anderen Jungen verloren und unwiderruflich und für immer entdeckt, was er seit einiger Zeit vermutet hatte – dass er schwul war. Er konnte sich einfach nicht von diesem Auto trennen.

      »Ooh«, sagte Artie seufzend. »Ein Cabrio. Kann man es aufmachen?«

      »Na klar.« Dann begriff August, dass Artie ihn wohl genau darum bat. »Soll ich?«, fragte er, als er Artie einsteigen ließ.

      »Ja, bitte«, sagte Artie überschwänglich und voller Wärme und dieses Mal lachte August doch.

      Er ließ das Verdeck herunter – wobei er wegen dem stechenden Schmerz in seiner Wunde zusammenzuckte –, stieg ein, startete den Motor und rollte aus der Parklücke in Richtung des Cafés…

      Und bemerkte plötzlich, dass er noch seinen Smoking trug.

      Einem Impuls folgend sagte er: »Artie, würde es dich stören, wenn wir noch kurz bei mir zu Hause vorbeischauen? Ich würde mich wirklich gerne umziehen. Ich trage nicht jeden Tag einen Smoking und ich weiß, dass die Leute mich im Cup anstarren werden und –«

      »Mich stört gerade gar nichts«, sagte Artie und schmiegte sich in seinen Sitz.

      August schaute ihn an und dachte wieder, dass er geradezu niedlich war. Das könnte ein Fehler sein… Er sollte ihn vermutlich einfach nach Hause bringen und…

      Artie wandte sich ihm zu, lächelte albern und Augusts Herz galoppierte wieder davon. Er schluckte. Schwer.

      »Es wird nur ein paar Minuten dauern.«

      »Kein Problem«, sagte Artie und drehte sich dann so, dass er sehen konnte, wohin sie fuhren.

      Sie hatten es nicht weit. Augusts Loft war nicht weit entfernt vom Crown Center. In den 1920ern war es ein großer, weitläufiger, dreistöckiger Büro-Komplex gewesen, ganz aus Backsteinen und wuchtigen Holz- und Stahlbalken. Durch den Umbau waren überraschend schöne Apartments entstanden.

      Aus einer Laune heraus hatte er sich eines angeschaut, das von einem süßen rothaarigen Kerl verkauft worden war, und hatte sich sofort verliebt. Natürlich hatten die Kunstwerke oder Möbel nicht dazugehört, aber der Kerl hatte ihm angeboten, ihm beim Dekorieren zu helfen. Letzten Endes hatte August das Apartment gekauft und ihn mit der Raumgestaltung beauftragt. Die Karte des Jungen hatte er immer gezückt, wenn Leute ihm sagten, wie sehr ihnen sein Apartment gefiel. Leslie Parks. Netter Kerl. Auch schwul. Hatte gerade einen niedlichen Bären geheiratet. Und August mochte es, sein Geld in die LGBT-Community zu investieren.

      Artie schien die Wohngegend ebenfalls zu beeindrucken und obwohl August nicht der Typ war, der sich seine Besitztümer zu Kopf steigen ließ, konnte er nicht anders, als erfreut zu sein. Und wenn Artie die Wohnung von außen gefiel –

      »Ich bin tausendmal hier vorbeigefahren und habe mich immer gefragt, wie es von innen aussieht!«

      – drehte er förmlich durch, als er Augusts Apartment sah.

      So niedlich!

      August hatte Leslies Vorschläge angenommen und deshalb viel aus Leder und Chrom. Er mochte, wie männlich es wirkte, und Artie ging es genauso.

      »Mann, das ist Mann!«, rief er aus. Er drehte sich zu August um, schob seine Hände in die Hosentaschen und wippte in seinen Vans vor und zurück. »Bist du ein großer, männlicher Kerl?« Dann wurde er so rot, dass August in Gelächter ausbrach.

      »Hinsetzen!«, befahl August und zeigte auf die Couch. »Sofort.«

      Artie setzte sich, immer noch errötet, und August ging ins Schlafzimmer und zog sich um. Ein großes orangefarbenes Fellknäul hatte sich auf seinem Bett zusammengerollt. Als er sich aus seiner Hose schälte, schob sich ein Kopf aus der orangen Mähne und bedachte ihn mit einem schimpfenden Miau! und einem wütenden Blick.

      »Tut mir leid, Max. Ich hätte anrufen sollen!«

      Max erhob sich und machte viel Aufhebens darum, wie er sich streckte, während August die Unterwäsche wechselte. Gerade, als er ein frisches Paar anzog – dunkelblaue Boxershorts – hörte er ein »Oh!« und sah Artie hinter sich stehen.

      Dieses Mal war August derjenige, der errötete.

      Arties Blick senkte sich auf Augusts Schritt, dann sah er wieder auf, eindeutig beschämt, die Augen weit aufgerissen. »Entschuldigung!«

      Da war wieder dieses charmante Quietschen und August wusste nicht, ob er sich mit irgendetwas bedecken sollte oder nicht. Artie war jetzt so rot, dass es fast besorgniserregend war.

      »Ich habe das Badezimmer gesucht, und dann habe ich diesen großen Verband an deiner Schulter gesehen, und ich… herrjemine!«

      Er floh.

      August stieg in eine alte Jeans mit einem großen Loch an einem Knie, zog sich ein Sweatshirt über und folgte Artie barfuß zurück ins Wohnzimmer.

      Artie sah von der Couch aus zu ihm auf, sagte noch mal »Entschuldigung« und biss sich auf die Unterlippe.

      August lachte wieder. Er konnte nicht anders.

      »Ist schon okay. Ich hätte die Tür nicht offen lassen sollen.« Es war einfach so lange her, seit er jemanden hiergehabt hatte.

      Artie schaute auf Augusts nackte Füße hinunter und dann wieder hoch. »Himmel, bist du sexy«, sagte er. Oder zumindest glaubte August, dass es das war, was er gesagt hatte. Es war leiser als ein Flüstern. Aber dann war er wieder


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