Operation Maulwurf. Mila Roth

Operation Maulwurf - Mila Roth


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das wäre?« Feli musterte sie aufmerksam.

      Janna knabberte an ihrer Unterlippe. Sie wusste nicht, wie sie ihrer Schwester verständlich machen sollte, was in ihr vorging, ohne sich damit um Kopf und Kragen zu reden. »Feli, du weißt doch, wie ich zu Beziehungen stehe und zu ... na ja, du weißt schon.«

      »Und wie ich das weiß.« Ihre Schwester lächelte gutmütig. »Kein Sex ohne die wahre Liebe. An sich vollkommen okay, aber der Mann, der bei dir ran will, muss auch noch zusätzlich ein Gelübde ablegen, dass er bis an sein Lebensende an deiner Seite bleiben und dich anbeten wird. Ich kann zwar verstehen, dass du nach dem Desaster mit Erik auf Nummer sicher gehen willst, aber ein bisschen altbacken sind deine Vorstellungen schon, das ist dir doch wohl klar? Aber was soll‘s. Ist ja dein Leben.«

      »Ganz genau.« Janna nickte. »Und deshalb konnte ich nicht länger mit Sander zusammen sein. Es wäre unfair ihm gegenüber, weil ich ihn einfach nicht liebe. Na ja, jedenfalls nicht so, wie es sein sollte.«

      »Wie sollte es denn sein?«

      Janna wand sich. Genau das war der Punkt, über den sie lieber geschwiegen hätte, weil sie nicht sicher war, ob sie nicht ein bisschen übers Ziel hinausschoss. Denn letztlich beruhte ihre Entscheidung, sich von Sander zu trennen, auf einer winzigen, vollkommen unbedeutenden Begebenheit, die eigentlich schon längst der Vergessenheit angehören sollte.

      Doch schon ein kurzer Gedanke an jenen Nachmittag auf Pützchens Markt ließ die Erinnerung sogleich in aller Deutlichkeit zurückkehren. Dabei war die Sache wirklich bedeutungslos und ganz sicher nur der Tatsache geschuldet, dass sie sich in einer Ausnahmesituation befunden hatte.

      Bei ihrem letzten Einsatz hatten Markus Neumann und sie zur Tarnung ein verliebtes Paar in inniger Umarmung mimen müssen. Dabei war sie dem ausgesprochen gut aussehenden Agenten zwangsläufig sehr nahegekommen. Noch jetzt spürte sie eine leichte Gänsehaut, wenn sie daran dachte, wie seine Lippen ihre Halsbeuge gestreift hatten. Verlegen blickte sie Feli an, die sie erwartungsvoll ansah.

      Schließlich fragte sie: »Hattest du jemals dieses Gefühl, unter Strom zu stehen, wenn du einem Mann nahegekommen bist?«

      Feli runzelte die Stirn. Mit dieser Frage hatte sie offenbar nicht gerechnet. Dann nickte sie jedoch. »Ja, schon irgendwie. Ist doch ganz natürlich, jedenfalls, wenn es ein klasse Typ ist.«

      »Eben.« Janna nickte zustimmend. »Und genau dieses Gefühl habe ich bei Sander nicht. Hatte ich auch nie. Er ist zuvorkommend, aufmerksam, liebevoll ... Alles, was eine Frau sich wünschen kann.«

      »Aber kein Stromstoß«, schloss Feli.

      »Nicht mal eine statische Entladung.«

      »Aha.« Nachdenklich wickelte sich Feli eine ihrer langen blonden Locken um den Zeigefinger. Dann richtete sie sich plötzlich kerzengerade auf. »Ha!«

      Janna zuckte bei diesem Ausruf erschrocken zusammen. »Was ha?«

      Ihre Schwester grinste breit und gestikulierte mit dem rechten Zeigefinger vor Jannas Nase herum. »Du hast einen anderen.«

      »Nein, hab ich nicht!«

      »Einen mit Stromanschluss.«

      »Feli!« Entrüstet starrte Janna sie an, musste aber sehr an sich halten, um nicht zu lachen.

      Feli prustete. »Na ja, nicht so einen aus dem Erotik-Shop für neunzehn Euro neunundneunzig! Komm schon, gib‘s zu. Du hast jemand anderen kennengelernt.« Sie streckte die Hand aus und zupfte an einer von Jannas kupferroten Locken. »Deshalb auch die neue Frisur. Steht dir übrigens ausgezeichnet.«

      Verlegen strich sich Janna durchs Haar. »Das ist doch nichts ... Ich habe bloß die Spitzen schneiden lassen wollen. Aber die Friseurin meinte, sie müsse unbedingt ein bisschen Façon in die Locken bringen, damit sie üppiger auf meine Schultern fallen. Das waren ihre Worte, nicht meine. Also hat sie hier und da ein bisschen herumgeschnippelt.«

      Feli griff nach ihrem Glas Orangensaft und nippte daran. »Erzähl mir nichts, Janna. Du hast dir die letzten zehn Jahre nicht an deinen Haaren herumschnippeln lassen, wie du es nennst. Immer nur Spitzen schneiden und fertig.«

      »Nun übertreib doch nicht so maßlos!«

      »Und jetzt schau dir das an«, fuhr Feli fort, ohne auf Jannas Einwand zu achten. Wieder zupfte sie an einer von Jannas Locken herum. »Wenn du jetzt noch die ewigen Jeans im Schrank lassen und stattdessen mal einen kurzen Rock tragen würdest, lägen dir die Kerle reihenweise zu Füßen.«

      »Feli, ich bin keine dreiundzwanzig mehr und habe es nicht nötig, mich in kurze Röcke zu quetschen, nur um auf irgendjemanden Eindruck zu machen.«

      »Ja, Omi.« Ihre Schwester kicherte. »Hast ja recht. Dein wahrhaft biblisches Alter bewahrt dich vor solchen Unannehmlichkeiten. Wie alt bist du noch mal? Dreihundertzwanzig? Ach nein, sorry, doch erst zweiunddreißig.« Sie schüttelte den Kopf.

      Nun musste Janna doch lachen. »Du weißt, dass ich das so nicht gemeint habe.«

      »Klar weiß ich das.« Mit wenigen Schlucken leerte Feli ihr Glas und stellte es geräuschvoll auf dem Küchentisch ab. »Na ja, dein natürlicher Charme dürfte wohl auch den einen oder anderen Mann anziehen. Es gibt ja welche, die durchaus darauf stehen.« Ein lauernder Ausdruck trat in ihre Augen. »Also, sag schon, wie heißt er? Woher kommt er? Was macht er, und wo hast du ihn kennengelernt?«

      ***

      Bonn, Kaiserstraße

      Institut für Europäische Meinungsforschung

      Samstag, 1. Oktober, 15:00 Uhr

      »Neumann, in mein Dienstzimmer!«, bellte Walter Bernstein und schloss sogleich wieder die Glastür des Großraumbüros hinter sich.

      Markus Neumann verdrehte die Augen. Er hatte gerade nach seinem Jackett greifen und sich auf den Heimweg machen wollen. Die Samstagsschicht war heute randvoll mit Papierkram angefüllt gewesen, weshalb seine Stimmung dem Nullpunkt bereits bedenklich nahekam. Hinter sich vernahm er das verhaltene Kichern seiner Kollegin Melanie Teubner.

      »Was?«, knurrte er und drehte sich zu der attraktiven Schwarzhaarigen um.

      Sie grinste. »Wird wohl nichts mit Feierabend, was? Zum Glück will er nur dich sehen und nicht auch noch mich. Ich mach mich jetzt vom Acker. Hast du etwas angestellt, dass er so verbiestert ist?«

      Markus zuckte die Achseln. »Nicht, dass ich wüsste. Aber seit die Sicherheitschecks auf unsere Abteilung ausgeweitet wurden, steht er unter Strom.«

      »Kein Wunder.« Melanie wurde wieder ernst. »Wenn man überlegt, dass wir den Maulwurf noch immer nicht gefunden haben. Die Überprüfungen laufen jetzt schon seit fast einem Monat und noch immer keine Spur.«

      »Mhm.« Markus nickte grimmig. »Als Nächstes wird Eggebrecht sich durch unser Privatleben wühlen, das wird ein Spaß.«

      »Er tut auch nur seinen Job«, befand Melanie. »Aber wenn selbst er keine Sicherheitslücken findet, sieht es düster für uns aus.«

      Markus nickte. »Dann steht eine Ermittlung der Internen an. Dr. Schwartz lässt grüßen.«

      Melanie schüttelte sich. »Beeil dich lieber, sonst regt Walter sich nur noch mehr auf.«

      Markus brummelte vor sich hin, warf sich sein dunkelbraunes Jackett über und machte sich auf den Weg zum Büro des Abteilungsleiters. Seit ihnen Burayd, der Anführer einer Terrorzelle namens Söhne der Sonne, vor drei Wochen bei einem Einsatz auf Pützchens Markt durch die Lappen gegangen war, herrschte im Institut der Ausnahmezustand. Die Sonderkommission, die sich schon seit Monaten mit dem Fall beschäftigte, war verstärkt worden. Da zu befürchten stand, dass Burayd Informationen über die Pläne des Geheimdienstes aus einer internen Quelle erhielt, lief nun zusätzlich noch eine intensive Überprüfung aller sicherheitsrelevanten Bereiche des Instituts. Doch wer auch immer der Verräter war, er verstand es, seine Spuren zu verwischen.

      In Walter Bernsteins Büro erwarteten Markus neben seinem


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