Operation Maulwurf. Mila Roth

Operation Maulwurf - Mila Roth


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ein ehemaliger Agent des Instituts, der sich inzwischen seit fast zehn Jahren um die Sicherheitstechnik kümmerte. Seine Firma hatte einen exklusiven Vertrag mit dem Institut, und er führte mit seinen Mitarbeitern sowie einigen Institutsagenten die derzeitigen Sicherheitschecks durch.

      Markus nickte ihm und Murat nacheinander freundlich zu. Er kannte beide schon lange und hoffte, dass sie endlich ein Ergebnis bei der Suche nach dem Maulwurf vorzuweisen hatten.

      »Was gibt es, Walter?«, fragte er und blieb mitten im Raum stehen. »Sie wissen schon, dass ich eigentlich seit einer Viertelstunde Feierabend habe? Ganz zu schweigen von den Überstunden, die ich mal allmählich abbauen sollte.«

      »Überstunden abbauen?« Walter, der hinter seinem großen Schreibtisch saß, raufte sein dunkelbraunes, an den Schläfen leicht ergrautes Haar. »Sie machen wohl Witze, Markus. Daran ist in nächster Zeit überhaupt nicht zu denken. Coskun, erzählen Sie ihm, was Sie herausgefunden haben.«

      Murat Coskun wandte sich Markus zu. Sein Erscheinungsbild war ungewöhnlich, denn das schulterlange blonde Haar wollte ebenso wie die strahlend blauen Augen so gar nicht zu seinem türkischen Namen passen. Doch schon sein türkischstämmiger Vater war, wie nur wenige seiner Landsleute, blond. Murats Mutter war Deutsche und ebenfalls hellhaarig und blauäugig. Murat scherzte oft darüber, dass er der wohl blondeste Türke Bonns sei. Sein durchaus ansprechendes Äußeres, gepaart mit seinem meist gut gelaunten Wesen, nutzte er darüber hinaus erfolgreich, um seinen weiblichen Bekanntenkreis ständig zu erweitern. Im Augenblick sah er allerdings alles andere als fröhlich aus. »Erinnerst du dich an die DVD mit den Daten über die Söhne der Sonne, die Bernd Meuser im Sommer an sich gebracht und an dich weitergegeben hat?«

      Markus nickte. »Wie sollte ich das vergessen? Die Aktion hat Meuser und Wolhagen das Leben gekostet.« Ein Gefühl des Bedauerns über den Verlust der beiden Kollegen überkam ihn, doch er unterdrückte es sogleich. Emotionen waren in seinem Beruf vollkommen fehl am Platz, vor allem, wenn es darum ging, einen gefährlichen Terroristen und dessen heimliche Helfer zu fassen.

      Murat trat einen Schritt vor, nahm einen Hefter vom Schreibtisch und hielt ihn Markus hin. »Riemann hat die DVD im Zuge unserer Ermittlungen noch einmal untersucht und einen versteckten zweiten Layer darauf gefunden.«

      »Einen zweiten Layer?« Markus nahm das Dokument mit einem fragenden Stirnrunzeln entgegen.

      »Ein gut versteckter Bereich, der sich auf einer zweiten Speicherebene befindet«, erklärte Eggebrecht mit der für ihn typischen leisen Stimme. Auch er war blond, trug sein Haar aber kurz. Er war der Prototyp eines Nerds – ein Computerfreak durch und durch. Adam Eggebrecht verbrachte den Großteil seines Lebens mit Bits und Bytes – und hin und wieder bei einem Kegelabend im HellHole. Genau diese Eigenschaft machte ihn so überaus hilfreich für das Institut, denn er ließ sich nicht von vielen Dingen bei seiner Arbeit ablenken. Doch obgleich Eggebrecht alles andere als ein Partylöwe war, hatte er unter den Agenten eine Vielzahl von Freunden.

      Markus blickte ihn fragend an. »Was befindet sich auf diesem versteckten Layer?«

      »Ein Voiceprint«, übernahm nun wieder Murat das Wort. »Riemann ist rein zufällig darauf gestoßen, als er die DVD nach Tonspuren gescannt hat. Der Stimmabdruck gehört, wie wir vermuten, zu einem Verbindungsmann der Söhne der Sonne, genauer gesagt, zu einem Informanten hier im Institut.«

      Markus zog verwundert die Stirn in Falten. »Weshalb habt ihr diese Zusatzschicht nicht früher gefunden? So etwas entgeht doch der IT-Abteilung normalerweise nicht. Ich dachte, ihr hättet das Ding bis in seine Moleküle zerlegt.«

      »Das dachten wir auch«, antwortete Murat mit einem schiefen Grinsen. »Aber die zweite Datenschicht war ausgesprochen trickreich getarnt. Wie gesagt, es war reiner Zufall, dass Riemann darauf gestoßen ist.«

      »Na, wunderbar.« Markus schnaubte. »Und zu wem gehört der Voiceprint?«

      Walter räusperte sich vernehmlich und deutete auf den Hefter, den Markus noch immer unbeachtet in den Händen hielt.

      Markus schlug ihn auf und überflog die erste Seite des Dossiers. Seine Augen weiteten sich. »Das kann nicht sein!«

      »Laut unserer Datenbank ist es eine fünfundsiebzigprozentige Übereinstimmung«, sagte Murat sichtlich unfroh.

      »Das ist verrückt!« Markus fuhr sich erregt durch sein dunkelbraunes Haar. »Dirk Kellermann?«

      »Wir haben ihn bereits von seinem derzeitigen Auftrag abgezogen und zunächst mit einer Innendienstaufgabe betraut. Auf diese Weise behalten wir ihn leichter im Auge. Er darf jedoch unter keinen Umständen erfahren, dass wir gegen ihn ermitteln.«

      »Aber ... du liebe Zeit, Kellermann?« Vehement schüttelte Markus den Kopf. »Er kann nicht der Maulwurf sein, Walter. Kommen Sie schon, Sie kennen ihn so gut wie ich. Das ist unmöglich.«

      Walter seufzte resigniert. »Markus, wenn Sie mal so lange im Dienst sind wie ich, werden Sie wissen, dass nichts unmöglich ist.« Ehe Markus etwas erwidern konnte, hob er rasch abwehrend die Hand. »Ich werde ihn selbstverständlich nicht vorverurteilen. Doch Meuser und Wolhagen haben, wie Sie wissen, sehr lange undercover bei den Söhnen der Sonne ermittelt. Wenn Meuser diesen Voiceprint auf der DVD versteckt hat, wird er damit etwas bezweckt haben.«

      »Aber warum so versteckt?«, warf Markus ein. »Wenn es sich um einen Hinweis auf den Maulwurf handelt, wäre er doch nicht das Risiko eingegangen, dass die Information vielleicht nie entdeckt würde.«

      »Eins vergessen Sie dabei«, widersprach Walter. »Meuser ging davon aus, dass Axel Wolhagen die DVD entschlüsseln würde. Die beiden waren ein eingespieltes Team. Vermutlich hätte Wolhagen den Layer wesentlich schneller entdeckt als wir.«

      »Trotzdem«, beharrte Markus. »Kommen Sie, Walter! Wir sprechen hier von Dirk Kellermann.«

      Walter seufzte. »Ich weiß, er ist ein Freund von Ihnen. Genau deshalb möchte ich, dass Sie ab Montag die Ermittlungen gegen ihn übernehmen. Sie kommen an ihn heran, ohne Verdacht zu erwecken.«

      Wieder fuhr sich Markus durch die Haare. »Warum nicht gleich heute?«

      »Weil Sie jetzt Feierabend haben«, sagte Walter mit einem schwachen Lächeln. »Sie haben die letzten drei Wochen mehrere Sonderschichten eingelegt. Ich kann es nicht verantworten, Sie ohne Ruhepause auf diesen Fall anzusetzen. Gehen Sie nach Hause und schalten Sie ein paar Stunden ab. Bis Montag kümmern sich Eggebrecht und seine Leute um die nötigen Personenchecks, damit wir am Montag alle relevanten Daten zur Verfügung haben.«

      »Vorhin haben Sie noch behauptet, Sie könnten mich nicht entbehren.«

      »Das kann ich auch nicht«, antwortete Walter ernst. »Aber noch weniger kann ich einen ausgebrannten Agenten gebrauchen. Also verschwinden Sie jetzt, Markus, das ist eine Anordnung. Spannen Sie aus. Machen Sie sich einen schönen Sonntag.«

      »Ja, ruf das süße Häschen von neulich an«, warf Murat grinsend ein. »Wie hieß sie noch gleich? Rebecca? Und frag sie, ob sie nicht eine Freundin hat. Ich hab morgen Abend nämlich frei und noch nichts vor.«

      »Haha.« Markus klappte den Hefter zu und warf ihn auf den Schreibtisch. »Die Sache schmeckt mir nicht.«

      »Mir auch nicht, glauben Sie mir«, stimmte Walter zu. »Nun gehen Sie schon. Sollte sich kurzfristig etwas Wichtiges ergeben, werde ich Sie anrufen.«

      Markus nickte schweigend, verabschiedete sich und verließ nachdenklich das Büro seines Vorgesetzten.

      2

      Köln-Rath, Porzer Straße

      Mehrfamilienhaus, Burayds Wohnung

      Samstag, 1. Oktober, 18:30 Uhr

      Burayd tippte sein Passwort in die Eingabemaske und gab dann noch den aktuellen Sicherheitscode ein. Ungeduldig wartete er, bis die Verbindung zum Sicherheitsserver der IT-Abteilung des Instituts stand, und hackte sich dann in die Handyortung der Agenten ein. Mit wenigen Mausklicks hatte er Neumanns Daten ausgelesen und nickte zufrieden vor


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