Motte und Co Band 4: Die Insel der Drogenbande. Ulrich Renz

Motte und Co Band 4: Die Insel der Drogenbande - Ulrich Renz


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mal angelegt.

      Die Strammscheitel tummelten sich zum Glück an einer der anderen Scheiben, aber selbst aus der Ferne war ihr Gegröle kaum auszuhalten. Nur Benni war bei uns, er wich Ute keinen Schritt von der Seite.

      „Liebe Sportschützen!“, kam nun über Lautsprecher die Stimme von Lulu. „Um die Sache etwas sportlicher zu gestalten und ein bisschen Spannung reinzubringen, haben wir uns was Supercooles ausgedacht. Ein Mannschaftsturnier, bei dem es was richtig Geiles zu gewinnen gibt! Nämlich“, – sie machte eine lange Spannungspause –, „für jeden aus der Siegermannschaft eines von unseren supercoolen Club-Caps!“ Sie wedelte wie wild mit ihrem Cap rum. „Und wer will, kriegt sogar noch ein Autogramm von Chrissy drauf.“ Das hatte sie bestimmt nur wegen Ute gesagt.

      „Okay Jungs, holen wir uns die blöden Caps!“, hörte ich von den Strammscheiteln. Sie klatschten sich grölend ab. Von Benni wussten wir, dass sie in ihrem schicken Internat Bogenschießen als Unterrichtsfach hatten, zusammen mit Fechten und Reiten.

      Lulu machte weiter und erklärte nun die Regeln. Es sollten sich Mannschaften von je fünf Leuten zusammentun, und an jeder Scheibe sollten zwei Mannschaften gegeneinander antreten. „Jedes Team hat 15 Schuss, jeder darf also dreimal schießen, und zwar alle drei Schüsse hintereinander. Der äußerste Ring zählt 10 Punkte, der zweitäußerste 20, der dritte 30, und so weiter. Der kleine schwarze Kreis ganz innen bringt 150 Punkte.“

      Sie deutete auf eine Anzeigetafel an der Wand der Bretterbude: „Hier wird der Punktestand für jede Mannschaft angezeigt, die Treffer werden nämlich per Funk direkt von der Zielscheibe hier auf das Display übertragen.“

      Aha, das war also die Sache mit der „Hightech“.

      Jede Mannschaft sollte sich jetzt einen Namen ausdenken, mit dem sie auf der Anzeigetafel stehen wollte. JoJo war nur mit Mühe von „Die Meisterdetektive“ abzubringen. „Wir haben schließlich Ferien“, meinte Simon. Das mit den Ferien hatte es ihm offenbar angetan. Am Ende einigten wir uns auf „Eistanker“. Ute sollte anfangen, Benni war der Schlussmann. Simon hatte weiterhin Ferien.

      Die Suche nach einem Mannschaftsnamen hatte uns so beschäftigt, dass wir gar nicht gemerkt hatten, dass sich die Strammscheitel zu uns gesellt hatten. Offenbar hatten die Animateure sie unserer Scheibe zugeteilt.

      „Da haben wir ja die Arschkarte gezogen, mit den Billigheimern vom Campingplatz“, ätzte Attila gleich los. Wir versuchten wegzuhören. Was aber gar nicht so leicht war, denn es blubberte nur so aus ihm raus. „Gestern Abend bei Luigi … Alter, war das geil … is sowas von abgegangen … aber is ja nichts für euch Kleinen, ihr macht ja noch in die Pampers …“

      Ich war froh, als Lulu ankam und meinte, wir könnten doch eigentlich loslegen.

      „Wir machen die so was von platt“, musste Attila noch loswerden, worauf Lulu trocken zurückgab: „Mit dem Mundwerk auf jeden Fall.“

      Mit einem Münzwurf wurde ausgelost, dass die „Masters of the Universe“ – wie sich die Strammscheitel offenbar genannt hatten – anfangen sollten.

      Ihr erster Schütze war Bennis Bruder Wulfius, nach seinen drei Schüssen standen 150 Punkte auf der Tafel.

      Bei uns war JoJo der Erste. Zwei Pfeile gingen daneben, immerhin traf der Dritte, wenn auch nur knapp.

      „Glückstreffer, Dicker!“, höhnten die Strammscheitel.

      Der zweite von ihnen erhöhte das Konto der Masters of the Universe auf 320, und damit lagen sie auch in der Gesamtwertung in Führung, an zweiter Stelle kam „Oranje“. Das konnten nur die Holländer sein, die an der anderen Zielscheibe gegen ein paar ältere Leutchen antraten, die sich „Rentnerkanonen“ nannten.

      Bei uns kam als zweite Ute dran. Wie erwartet vermasselte sie alle Schüsse, was ihr aber nichts auszumachen schien, denn von Chrissy kam ein „Gut gemacht, Ute!“ Darüber freute sie sich so heftig, dass ihr die Tränen runterliefen.

      Von den Strammscheiteln kam nichts als höhnisches Gelächter. Und der Kommentar „Selber schuld, wenn ihr Pussies mitmachen lasst.“

      Nach dem dritten Scheitel-Typen hatten sie ihren Vorsprung auf 450 Punkte ausgebaut, und klatschten sich ab, als ob sie eine Olympiamedaille gewonnen hätten.

      MM hatte leider eine Pechsträhne und blieb weit unter ihren Möglichkeiten. Immerhin schaffte sie 140 Punkte.

      Und dann kam ich dran. Als ich den Bogen nahm, brachen die Strammscheitel in Buh-Rufe aus. Um mich zu verunsichern hätte aber auch ein Blick an die Tafel gereicht. Wir standen an letzter Stelle, mit über 300 Punkten Rückstand zu den führenden Masters.

      Leider war auch mir keine Glanzleistung vergönnt. Der erste Pfeil ging daneben, die beiden anderen trafen ganz knapp.

      Von den Strammscheiteln kam das übliche Gefeixe. Deren Schlussmann war Attila höchstpersönlich.

      „Jetzt könnt ihr mal sehen, wie ein richtiger Könner das macht.“ Und dann schoss er immerhin 80, 80 und 70. Und wurde natürlich gefeiert wie ein Weltstar. Die anderen klopften ihm minutenlang auf den Rücken und wälzten sich johlend mit ihrem Superhelden auf dem Boden.

      Benni schaute betreten weg.

      „Völlig durchgeknallt“, sagte MM neben mir, „wie wenn sie Drogen genommen hätten.“ Genau das war mir gerade auch durch den Kopf gegangen.

      Als sie sich wieder eingekriegt hatten, kam Attila auf uns zu. „Na, Pampers-Kiddies, ihr seid ja voll am Abkacken … voll die Letzten, und jede Wette, das seid ihr auch am Schluss.“

      „Nö, erste.“

      Das kam von Simon.

      Attila hatte es offenbar die Sprache verschlagen. Er schaute irritiert zu seinen Freunden.

      Simon hatte schon einen Bogen in der Hand. Sein Gesicht war unbewegt, aber ich konnte spüren, wie empört er war.

      „Ich dachte, du hast Ferien?“, flüsterte ich ihm zu.

      Simon schien das nicht gehört zu haben. Er war in Gedanken weit weg. Ganz ruhig ging er die paar Schritte zu dem Eimer mit den Pfeilen und suchte sich drei Pfeile aus. Dann ging er ebenso ruhig zur Linie.

      „Erste – hahahaha, habt ihr das gehört?!“ Attila hatte offenbar seine Stimme wiedergefunden. „Wir sind 350 Punkte vor euch!“

      „Also, um was wetten wir?“, fragte JoJo.

      „Eine Packung von dem geilen Zeug von Luigi“, grinste Attila.

      „Dass ihr uns für den Rest des Urlaubs in Ruhe lasst. Und uns am Pool die Liegen nicht mehr wegnehmt“, sagte JoJo.

      „Okay Dicker, geht klar!“

      Simon stand schon an der Linie und legte den ersten Pfeil an. Ganz langsam hob er den Bogen und spannte ihn. Und schon zischte der Pfeil los.

      Schwarz. Mehr Mitte ging nicht. Von der Anzeigetafel kam eine kleine Fanfare, die offenbar einprogrammiert war, wenn die innere Scheibe getroffen wurde.

      „Glückstreffer!“, grölten die Strammscheitel. Das Hohngelächter klang aber etwas angestrengt.

      Simon hatte schon wieder angelegt. Losgelassen. Wieder die Fanfare.

      Von den Attilas kein Ton.

      Simon nahm nun den dritten Pfeil. Ganz langsam, wie in Zeitlupe, setzte er ihn an, und genauso langsam hob er den Bogen, richtete ihn in voller Spannung aus, verharrte noch einen Moment unbewegt. Und dann: Zisch!

      Der Pfeil steckte im Schwarzen.

      Hatte es da nicht an der Tür geklopft? Motte schob das Heft weg, er musste sich erst einmal orientieren. Nochmal ein Klopfen, ganz leise. Das konnte nur Mama sein.

      „Herein!“ Es klang einladender als es gemeint war.

      Tatsächlich, Mama, mit einem Becher Tee und einem Teller ihrer


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