Das Vermächtnis des Drachenlords. Rael Wissdorf

Das Vermächtnis des Drachenlords - Rael Wissdorf


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sondern das, was Ihr wissen müsst. Meine vollständige Geschichte befindet sich in einem Journal, welches ich auf den Wolkeninseln gelassen habe. In der Satteltasche meines Flugdrachen.«

      »Eures … was? Flugdrachen?«

      Lohtsé nickte lächelnd. Munuel konnte ihm ansehen, dass er diese kleine Überraschung genoss.

      »Er heißt Simáo. Nur ich durfte ihn reiten. Ich muss mich jetzt ausruhen – kommt morgen früh wieder, dann erfahrt Ihr mehr.«

      »Gut.«

      Lohtsé sah den jungen Magier kritisch an. »Ihr versteht noch nicht viel von Ränken und Intrigen, nicht wahr? Dazu seid ihr wahrscheinlich zu jung. Ich werde euch all diese Dinge lehren, wenn ihr Euch mir anvertraut. Es steht außer Frage, dass Crusalioth mit seinen Untergebenen kommuniziert, Befehle erteilt, Strategien entwickelt. Anders wären die gezielten Angriffe nicht möglich. Und da er dies tut, wird er längst Spione und Agenten in Akrania platziert haben – wahrscheinlich auch in Hegmafor. Ich habe euch erzählt, dass sich die Stimmung dort änderte – der unheilvolle Einfluss eines Eroberers. Und der lange Arm des Drachen erstreckt sich bis nach Savalgor, dessen könnt Ihr sicher sein. Daher auch meine Befürchtung, er könnte der Tochter des Shabibs habhaft werden.«

      »Sie wird niemals die Wolkeninseln betreten«, erklärte Munuel. »Ich versuche Gelmard davon zu überzeugen, mit ihr nach Savalgor zurückzukehren. Ich kann allerdings nicht versprechen, dass er auf mich hören wird.«

      »Und ihr geht zu den Wolkeninseln und rettet mein Volk?«

      »Euer Volk?«

      Der Lohtsé schaute betrübt zu Boden. »Es ist zu meinem Volk geworden. Wenn ich zurückblicke, waren die letzten sieben Jahre die glücklichsten meines Lebens. Ihr jetziges Oberhaupt Aeryn heranwachsen zu sehen, war … nun, kein Vater könnte stolzer sein, und mehr von Liebe erfüllt. Sie änderte mein ganzes Wesen, sie machte einen besseren Menschen aus mir. Und ich wünschte mir so sehr, dass …«, er machte eine wegwischende Handbewegung, so als wolle er eine Wolke vertreiben. »Ach, das ist nur törichtes Gerede eines alten Mannes.«

      Munuel blickte den Lohtsé forschend an. »Ich weiß immer noch nicht, warum ihr ausgerechnet zu mir kommt?«

      Lohtsé seufzte. »Leider ist das die einzige Frage, die ich Euch nie persönlich beantworten werde.«

      ooOoo

      Am Abend saß er mit Islin zusammen bei einem Glas Wein. Genauer gesagt: Zuerst saßen sie am Tisch, dann lagen sie im Bett. Dann saßen sie wieder, diesmal aneinander gelehnt in einem Berg von Kissen und vernichteten den Rest von Munuels Rotem aus dem Rebenland. Munuel mochte die Idee, einen Wein aus Hegmafor zu trinken, denn die Abtei war nicht nur für ihre Magie bekannt, sondern vor allem auch für ihren Rebensaft. Um Hegmafor herum grenzte ein namhaftes Weingut an das andere.

      Nach einer Weile fragte Islin:

      »Jetzt erzähl doch mal. Wie ist die Prinzessin so?«

      Munuel lachte kurz auf. »Na das musste ja irgendwann kommen! Die holde Weiblichkeit im Dorf hat dich doch sicher verpflichtet, ja nicht ohne Informationen aus erster Hand wiederzukommen, habe ich recht?«

      Islin tat zunächst empört. »Wie kommst du denn darauf? Ich würde nie …«, nur um dann leicht beschämt den Kopf zu senken. »Ja.«

      Munuel strich ihr über die Wange. »Ich kann das ja verstehen. Wann hat man schon ein Mitglied der Herrscherfamilie im eigenen Dorf. Da läuft die Gerüchteküche natürlich heiß. Also, was willst du wissen?«

      »Hab ich doch eben gefragt. Wie ist sie so?«, sie kuschelte sich enger an ihn. »Sie ist doch ein sehr liebliches Geschöpf. Und unfassbar hübsch. Ich könnte morden, für diese Figur. So jemand ist doch bestimmt sehr … kapriziös.«

      »Ja das ist sie auch. Aber ich werde mich hüten, mehr zu verraten, denn ich muss ja jetzt davon ausgehen, dass alles, was ich dir hier erzähle, brühwarm weitergetragen wird.«

      »Quatsch. Ich gebe nur weiter, was unverfänglich ist. Vertrauliche Dinge behalte ich für mich, das ist doch Ehrensache. Ich bin keine Klatschbase. Oder denkst du das etwa?«

      »Nein, auf keinen Fall!«, beeilte sich Munuel, zu sagen.

      »Dann sprich weiter, da ist doch noch mehr.«

      »Hm.« Munuel dachte nach. Wie weit konnte er sich ihr anvertrauen? Er musste mit jemanden darüber reden, und er schätzte ja auch ihren praktischen Verstand.

      »Sie ist verwöhnt. Sie ist es gewohnt, dass alle nach ihrer Pfeife tanzen.«

      »Wirklich? Auch ihr Vater? Auch dein Onkel?«

      »Nein, die nicht. Sie ist ja noch nicht die Herrscherin von Akrania.«

      »Dann ist das ganz normal. Jeder kommandiert die, die unter ihm stehen. Ich zum Beispiel meine Mullohs … und dich!«

      Sie lachte. Er lachte halbherzig mit. »Haha. Aber weder bist du eine Prinzessin, noch bin ich ein Prinz. Sie ist zweifellos gebildet, sie hat gute Schulen besucht. Das merkt man. Aber sie ist auch sehr versponnen – sie spricht mit ihrem Pferd in einer eigenen Sprache.«

      »Wie süß von ihr!«

      Islin klang entzückt. »Und weiter? Irgendwie klingt das, als gäbe es da ein Problem.«

      Munuel druckste ein wenig herum, bis er dann sagte: »Mein Oheim verlangt von mir, mit zu diesen Wolkeninseln zu gehen. Und solange sich die Prinzessin anpasst, habe ich damit auch gar kein Problem, ich fürchte nur, sie kann das nicht. Was ist, wenn sie Mist baut?«

      »Was lässt dich vermuten, dass sie Mist bauen könnte?«

      Munuel richtete sich auf und blickte ins Leere. »Sie kokettiert mit der rohen Magie. Das ist gefährlich.«

      »Die gleiche rohe Magie, die du morgen früh von dem alten Magier lernen wirst?«

      Er sah sie streng an. »Das ist was anderes!«

      »Warum?«

      »Sei nicht so vorlaut, du Schnapsdrossel. Weil ich die Elementarmagie immerhin beherrsche. Erst kommt die Pflicht, und dann die Kür. Verstehst du?«

      »Rohe Magie ist die Kür?«, sagte sie neckisch und strich ihm mit einem Fingernagel über den Rücken.

      »Nein, natürlich nicht. Aber ich meine. das Beherrschen von … noch stärkeren Kräften ist … ach du kannst einen durcheinander bringen mit deinen Fragen, weißt du das?«

      Sie lächelte und strich ihm über die Brust. »Und ich dachte, ich würde dich mit anderen Dingen durcheinander bringen … na gut … dann eben mit Fragen.«

      Sie seufzte und drehte sich auf den Bauch. Dabei ließ sie ihn ihr knackiges Hinterteil sehen. Er klatschte ihr frech auf eine Pobacke und sagte: »Du bringst mich nicht durcheinander, Islin. Du rückst mich zurecht.« Er küsste sie auf die andere Pobacke. Sie kicherte.

      »Hast du dich entschieden?«, murmelte sie schläfrig.

      »Ich bleibe hier. Die ganze Unternehmung ist ein paar Nummern zu groß für mich.«

      »Hat es vielleicht auch was mit mir zu tun?«

      »Was? Nein! Du bist ja ein großes Mädchen.«

      Sie nickte. »Jetzt mal im Ernst. Du verweigerst deinem Onkel deine Hilfe? Nach allem, was er für dich getan hat? Findest du das nicht ein bisschen schäbig von dir?«

      Munuel drehte sich auf den Rücken und seufzte.

      »Ja … aaah«, sagte er gedehnt. »Eigentlich kann ich ihm das nicht abschlagen. Aber …«

      »Und wenn ich mitkäme?«, unterbrach sie ihn.

      Munuel schoss wie elektrisiert in aufrechte Sitzhaltung.

      »Was? Du willst mit?«

      »Ja«, sagte sie lachend und schwenkte ihr Weinglas. »Ich hätte große Lust auf ein Abenteuer. Und für die Mullohs


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