Chinesische Medizin gegen Krebs. Georg Weidinger
Jahren. Das wäre sehr untypisch für die klassische Form der Duchenne-Muskeldystrophie. Doch seither schreite sie konstant voran. Seit ein paar Monaten könne er auch seine Hände nicht mehr benutzen und vermutete, dass es wohl in ein paar Monaten zu Ende gehen würde. Als chinesischer Arzt fühlte ich den Puls und sah mir die Zunge an und ich musste sagen, dass beide alle Kriterien von Gesundheit erfüllten. Ich hatte selten so einen schönen Puls gefühlt und so eine schöne Zunge gesehen! Und natürlich konnte man die Erkrankung beweisen, sofern man eine Biopsie der Muskulatur machte und den Abbauvorgang dort sah. Aber warum dann eine gesunde Zunge und ein gesunder Puls? Weil für diesen Körper diese Erkrankung ganz normal war. Die Erkrankung steckte in den Genen und da lief ein Programm ab, das bereits bei der Zeugung des Herrn X gestartet worden war. Dieser Körper erkennt die Veränderungen als «normal» und stuft sie daher als gesund ein.
Für mich bedeutete es, dass mein chinesisches System bei Herrn X nicht griff. Wie soll man eine Erkrankung behandeln, die der Körper nicht als krank erkennt? Und natürlich versuchte ich mit chinesischen Kräutern, den fortschreitenden Lähmungsprozess zu verändern, mit allem, was mir zur Verfügung stand, und leider änderte ich damit gar nichts. Ich besuchte Herrn X weiterhin, weil unsere Gespräche sehr gut waren, klärte ihn darüber auf, dass ich wohl der Falsche sei, um ihm zu helfen, konzentrierte meine Heilkunst dann mehr auf seine Frau, die über Menstruationsbeschwerden klagte und der ich gut helfen konnte.
Es ist eine wichtige Lektion für uns Ärzte, ehrlich mit unseren Patienten zu sein, gerade und vor allem dann, wenn wir glauben zu wissen, dass wir nicht helfen können. Unwirksame Therapie längerfristig verabreicht sollte uns nie das Gespräch als Arzt mit dem Patienten ersparen, ihn ehrlich, nach bestem Wissen und Gewissen, über die Realität der Erkrankung und der Therapie aufzuklären. Leider werden gerade in der Krebstherapie immer wieder zu viele Chemotherapien verabreicht, die zu oft keine Erfolgschance auf Verbesserung des Zustandes oder auf eine Heilung haben, verabreicht nur, damit sich der Arzt nicht eingestehen muss, dass er in diesem Fall nichts mehr ausrichten kann. Es ist die Verantwortung von uns Ärzten, gerade dann sehr ehrlich mit den Patienten zu reden und ihnen zusätzliches Leid, welches aus einer sinnlosen schwerbelastenden Therapie resultiert, zu ersparen. Zu oft musste ich in den letzten 30 Jahren zusehen, wie Menschen elendiglich an einer Chemotherapie zugrundegegangen sind. Was wir auf dieser Welt haben, ist Zeit. Und diese Zeit können wir nur nutzen, wenn es unserem Körper halbwegs gut geht und wir bei klarem Verstand sind. Unser klarer ärztlicher Verstand sollte so funktionieren, dass es weniger um Verlängerung eines lebensunwürdigen Lebens geht als um Lebensqualität mit nutzbarer Zeit auf dieser Erde, frei von vorgetäuschten oder sogar nie angesprochenen Heilsversprechen. So oft war ich in all den Jahren der erste Arzt, ich als der Komplementärmediziner, der den Patienten über seine Krankheit und seine Prognose aufgeklärt hat. Ich musste ihm beibringen, ehrlich sagen, dass er stirbt. Und fast immer habe ich sofort erleichterte Blicke gesehen und erleichterte Worte gehört. Patienten spüren doch meist selbst, wie es wirklich um sie steht. Ehrlichkeit hilft, damit man die verbleibende Zeit wirklich sinnvoll nutzen kann und sie nicht für falsche Therapien verschwendet. Und wer weiß, vielleicht bringt genau diese Klarheit dann noch eine verbesserte Prognose und doch noch zusätzliche Zeit!
Ich darf Ihnen noch ein Beispiel aus meiner Praxis berichten: Einem Kollegen, einem Gynäkologen, konnte ich mit chinesischen Kräutern wunderbar bei seinen Magenbeschwerden helfen. Er wollte dann eine Zusammenarbeit mit mir und hat begonnen, mir seine Brustkrebspatientinnen zur Begleitung der schulmedizinischen Therapie zu schicken. Doch gleich bei der ersten Patientin zog ich mir seinen Zorn zu: Die Dame, etwa 60 Jahre alt, bekam seit zwei Jahren permanent Chemotherapie wegen ihrem Krebs, einem metastasierten Mammakarzinom. «Und, wie geht es Ihnen denn?», fragte ich sie. «Furchtbar, ich möchte nur sterben!», erzählte sie mit Tränen in den Augen. Durch die Chemotherapie könne sie nicht mehr essen, sie könne praktisch nicht mehr gehen, weil sie ihre Füße nicht mehr spüre und ihre Beine schlecht koordinieren könne, in den Fingern habe sie überhaupt kein Gefühl mehr, sodass sie auch nicht mehr ihren Hobbys nachgehen könne, und durch die Blutarmut sei sie ständig so müde, dass sie praktisch gar nicht mehr aus dem Bett komme. Der einzige Wunsch, den sie noch habe, sei, endlich sterben zu dürfen. Ich habe sie dann vorsichtig gefragt, ob sie schon überlegt hätte, die Chemotherapie zu beenden. «Ja, natürlich! Aber mein Arzt hat es mir verboten! Er sagt, dass ich nur wegen dieser Therapie noch am Leben wäre!» Einen Tag später erhielt ich einen Anruf von ebendiesem Kollegen, der mich auf das Schlimmste am Telefon beschimpfte und mir mit Klage drohte, weil ich es gewagt hatte, mich in seine Therapie einzumischen. Meine Worte, ob er denn das Leben seiner Patientin für lebenswert hielt, ich mich ja gar nicht eingemischt hätte, sondern ihr nur ihren freien Willen klarmachen wollte, wischte er weg mit der Bemerkung, dass sie ohne ihn ja gar nicht mehr am Leben wäre und dass es ganz wichtig für die Studie sei, dass sie weitermache mit der Chemotherapie. Der Kollege hat mich nicht verklagt, hat mir aber auch keine Patientinnen mehr geschickt …
Unser Ziel sollte daher eine globalisierte Medizin mit guten Therapieansätzen aus aller Welt ohne falsche Heilsversprechen, angewandt von mitfühlenden, sich an den Patientenwünschen orientierenden Ärzten ohne versteckte ökonomische Interessen von Pharmakonzernen. Zu viel verlangt? Ich glaube nicht! Es liegt an uns als Gesellschaft, die Weichen für die Zukunft der Medizin zu stellen. Wenn bereits in der Ärzteausbildung auf Begegnung verschiedener Medizinsysteme auf Augenniveau geachtet, wenn Mitgefühl und der persönliche Wunsch des Patienten als vorrangiges Ziel gelehrt und wenn im Spitals- und Praxisalltag auf humanere Arbeitszeiten, eine bessere Personalsituation und regelmäßige Supervision geachtet werden würde, könnte der Arzt der Zukunft der Komplementärmediziner schlechthin sein. Stellen Sie sich vor, jeder Allgemeinmediziner und jeder Spezialist, den Sie konsultieren, bietet Ihnen immer die Möglichkeiten sowohl der westlichen als auch der Chinesischen Medizin an (und vielleicht noch der ayurvedischen und indianischen und anderer)! Für diese Vision unterrichte ich, arbeite ich tagtäglich.
Krebs ist nicht eine einzelne Erkrankung, sondern der Sammelbegriff für mehr als hundert verschiedene. Jeder Typ wird anders behandelt. Im dritten Jahrhundert nach Christus lebte Zhang Zhong Jing. Nachdem 80 Prozent seiner Familie an einer epidemischen Krankheit verstorben waren, schrieb er das große Meisterwerk gegen Kältekrankheiten, Shang Han Za Bing Lun, und rettete damit Millionen von Menschen in den darauffolgenden Jahrhunderten das Leben.
Krebs ist eine Form der modernen Epidemie, mit dramatischer Zunahme der Erkrankungs- und Sterbefälle pro Jahr. Um 1900 lag die Erkrankungsrate an Krebs in Österreich und Deutschland bei etwa zwei Prozent. 2020 liegt sie bereits bei über zwanzig Prozent. In den USA sind die Daten noch weit dramatischer: Mehr als 30 Prozent aller Todesfälle sind auf Krebs zurückzuführen! Dabei sind sowohl in Europa als auch den USA manche Krebsarten in den letzten zehn Jahren um mehr als 100 Prozent gestiegen. Zum Beispiel erkrankte 1940 etwa jede dreißigste Frau an Brustkrebs. Heute ist es bereits jede achte (!) Frau. Was passiert hier gerade auf unserer Welt? Was sind die Auslöser dieser schweren Krankheiten, welche die Ursachen und wollen wir es WIRKLICH wissen? Oder wissen wir es SOWIESO und sehen wir lieber weg, anstatt dramatische Änderungen in unserer Gesellschaft durchzuführen? Ja, denn genau darum geht es. Denken Sie nur an die halbherzigen Maßnahmen, die derzeit weltweit beschlossen werden, um den Klimawandel zu stoppen. Diese Maßnahmen sind mehr ein Pflaster, welche die Wunde verkleben, damit wir sie nicht mehr sehen. Genau das Gleiche passiert in der Krebsprävention. Wir WISSEN, welche Chemikalien in unserer Luft, unserem Wasser und unserer Nahrung Krebs verursachen. Wir wissen um die chronischen Virusinfektionen, verursacht durch ein schwaches Immunsystem, welches wiederum durch unseren Lebenswandel verursacht wird, welche bösartige Erkrankungen auslösen. Wir kennen das krebserregende Potenzial des metabolischen Syndroms, also der Kombination aus Fettsucht, von erhöhten Blutfettwerten, Insulinresistenz und damit von Diabetes mellitus und hohem Blutdruck. Wir wissen, dass unsere Lebensführung – der hohe Zucker- und Kohlenhydratkonsum, der hohe Konsum von tierischem Eiweiß, der chronische Bewegungsmangel, der hohe Stresspegel, die geringen Ruhephasen, der mangelnde Schlaf – uns genau dorthin bringt, und trotzdem ändert sich im Großen gar nichts. Wir schieben lieber genetische Faktoren vor oder das höhere erreichte Lebensalter, um ja nichts verändern zu müssen. Tatsache ist, dass sich ein Gen nur dann aktiviert, wenn die Umwelteinflüsse entsprechend sind. Gene sollen nicht die Ausrede dafür sein, nichts zu verändern, weder