Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
zu reden, aber irgendwie mußte er auf den Punkt kommen.
»Hat sie einen Virus mitgebracht? So was hört man ja jetzt öfter. Kim war ja immer schon so ein zartes Wesen, und zart besaitet war sie auch.«
»Sie ist gesund hingefahren und krank wiedergekommen, und ich würde gar zu gern wissen, was das eigentlich für eine Gesellschaft war. Aber ihr wart ja nicht dabei.«
»Für uns steht die Hochzeitsreise im Programm, und die geht nach USA, ich kann das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.«
»Er wird nicht mich, sondern ständig Geschäfte im Sinn haben«, sagte Gaby schmollend. »Wo ist Kim denn hingefahren? Ist sie mit Jan verreist? Die beiden passen ja wirklich zusammen.« Sie warf dabei ihrem Zukünftigen einen schrägen Blick zu.
»Kim befindet sich in einem Sanatorium. Sie muß absolute Ruhe haben«, sagte Constantin.
»Das tut mir aber leid«, sagte Gaby in einem Ton, der das Gegenteil bewies.
Constantin wollte das nicht hochspielen. Er merkte schon, daß er nicht viel erreichen konnte. Die beiden waren ein gutes Team, aufeinander eingespielt und unangreifbar.
»Ihr laßt euch kirchlich trauen?« fragte er ablenkend.
»Natürlich«, sagte Gaby überstürzt. »Man heiratet nur einmal. Jedenfalls sollte es so sein.«
»Wie schaut es bei dir aus, Constantin?« fragte Hanno.
»Ich habe noch keine Neigung.«
Es ist vergeudete Zeit, dachte er, so erfahre ich doch nichts, und so ging er einen Schritt weiter.
»Würde es euch etwas ausmachen, wenn ich euer Hochzeitsgeschenk schon bald schicken würde?« fragte er.
Blitzschnell tauschten die beiden einen Blick. »Uns macht das nichts aus«, erwiderte Gaby hastig, »wir haben schon einige Geschenke bekommen. Es ist nur schade, wenn von euch niemand kommt.«
»Ihr habt bestimmt genug Gäste«, sagte Constantin leichthin. »Ich habe mit Ulrike telefoniert. Sie kommt bald, und dann kann sie euch das Geschenk bringen. Ich habe zur Zeit wirklich sehr viel zu tun.«
»Hat Kim eigentlich die Absicht, Jan zu heiraten?« fragte Gaby.
»Ich nehme an, daß sie mal heiraten werden, aber wann, das steht in den Sternen, Sie haben es nicht eilig.«
Constantin erhob sich.
»Ich werde mich verabschieden, entschuldigt den Überfall, aber wenn du mir noch Unterlagen über die Projekte geben könntest, die du mir empfehlen kannst, Hanno?«
»Ich bringe sie dir vorbei, ich muß sie aus dem Büro holen. Bist du noch in eurem Haus?«
»Noch eine Zeit.«
»Gaby hat mir erzählt, daß du neue Schlösser einbauen ließest. Wurde bei euch eingebrochen?«
»Nicht direkt, uns war ein Schlüsselbund abhanden gekommen. Man muß sich vorsehen und absichern.«
»Dem kann ich nur beipflichten«, sagte Hanno. »Wenn Ulli kommt, könnten wir ja mal einen Abend zusammen verbringen«, schlug Gaby vor.
»Ich bin die nächste Zeit ausgebucht. Einen guten Start in die Ehe wünsche ich euch.« Das konnte er sich gerade noch abringen, aber draußen atmete er erstmal tief durch. Es war doch angebracht, daß ich immer so reserviert war, dachte er. Man kann in keinen Menschen hineinsehen.
*
»Er wollte uns aushorchen«, sagte Gaby zu Hanno, »er ist mir nicht ganz geheuer.«
»Er war schon immer ein arroganter Kerl. Was meinst du, wie er dauernd dahinter war, als ich mit Kim zusammen war. Wie ein Wachhund, damit seiner kostbaren Schwester ja kein Härchen gekrümmt würde.«
»Was du aber wohl gar zu gern getan hättest«, sagte Gaby anzüglich.
»Eifersüchtig brauchst du nicht zu sein. Was mir nicht in den Kopf will, ist Kims Krankheit. Wir sollten Ulli mal auf den Zahn fühlen, ob sie damit etwas zu tun hat.«
»Sie sagt doch nur, was ihr nichts schaden kann. Wir müssen viel vorsichtiger sein, Hanno. Ich traue Ulli auch nicht.«
»Du traust doch keiner anderen Frau.«
»Und auch keinem Mann außer dir«, schmeichelte sie. »Aber es ist zu dumm, daß wir nicht an Kim herankommen. Sie wird doch nicht mißtrauisch geworden sein?«
»Wir müssen eben noch vorsichtiger sein, aber wer soll uns schon etwas anhängen?«
»Ulli redet ein bißchen viel.«
»Das ist nun mal ihre Art, aber sie sollte nicht soviel trinken. Wir müssen die Fronten klären.«
*
Jan wäre am liebsten auf der Insel der Hoffnung geblieben, so beeindruckt war er von der Schönheit und dem Frieden dieser Landschaft. Hier würde Kim gut aufgehoben sein. So herzlich war schon der Empfang gewesen, daß sie gleich ganz gelöst war.
Nach dem gemeinsamen Essen hatte Jan einen langen Spaziergang mit Kim über die Insel gemacht. Sie hatten so viele besonders schöne Fleckchen gefunden, daß sie schon ganz von dem Zauber der Insel gefangen waren, wie so viele vor ihnen. Hier konnten sich Körper und Geist erholen, hier konnte man Sorgen und Ängste vergessen.
»Du wirst mich doch nicht vergessen, Jan?« sagte Kim, als der Abschied nahte.
»Wie kannst du nur so was denken! Ich werde jetzt mein Examen machen, und dann besuche ich dich wieder. Zum Glück gibt es ja das Telefon. Denk nur daran, daß du schnell wieder ganz gesund wirst.«
»Und dir wieder gefalle«, sagte sie leise.
»Jetzt gefällst du mir ja schon wieder viel besser.« Er küßte sie auf die Nasenspitze, und sie lachte. Es war noch nicht ganz das strahlende Lachen, das er so geliebt hatte. Er spürte immer wieder, wie sehr sie sich verändert hatte, aber zwischen ihnen war jetzt auch eine viel tiefere Bindung als früher.
Sie sah ihn forschend an, als wollte sie sich sein Gesicht noch einmal einprägen.
Dann legte sie den Zeigefinger auf ihre Lippen und dann auf seine.
»Ich liebe dich, Jan«, sagte sie mit einem Ausdruck, der ihm unter die Haut ging.
Er nahm sie fest in die Arme. »Etwas Schöneres konntest du mir nicht sagen, mein Kleinchen. Für mich gibt es nur dich. Ich werde dich immer lieben bis zum letzten Atemzug.«
»Obgleich ich dir weh getan habe?«
»Das gehört wohl auch zu einer Partnerschaft, daß man sich manchmal weh tut. Es ist nicht immer Sonnenschein, Kim. Aber wenn man sich liebt, findet man immer wieder zueinander. Willst du meine Frau werden?«
Sie schloß die Augen. »Ich möchte auch immer mit dir zusammensein, aber können wir nicht erstmal so zusammenleben? Vielleicht paßt dir doch manches nicht an mir.«
»Daran denke ich gar nicht. Wenn wir zusammenbleiben, soll alles Hand und Fuß haben. Ich möchte, daß deine Eltern einverstanden sind.«
»Meine Eltern, sie leben ihr Leben, wir sind ihnen doch ziemlich egal.«
»Das darfst du nicht denken. Sie lassen euch eure Freiheit, sie nehmen sich die ihre. Ich bin überzeugt, sie wären sofort gekommen, wenn wir ihnen Nachricht gegeben hätten, was dir passiert ist.«
»Um Himmels willen, auf das Theater kann ich wirklich verzichten! Papa hätte sofort Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um die Hintermänner zu finden, und Mama hätte das Drama des Jahrhunderts daraus gemacht, um als tragische Heldin zu posieren.«
Jan lachte herzlich. »Jetzt übertreibst du aber«, scherzte er.
»Du kennst Mama nicht. Sie liebt es, alles zu dramatisieren. Andererseits wird sie auch die Rolle der Brautmutter auskosten, wenn es mal soweit ist.«
»Meine Mutter wird sehr glücklich sein, wenn du