Wyatt Earp Staffel 7 – Western. William Mark D.
der alten Treibherdenstadt trotteten.
Der Vater und der kleine Jim hatten beide Frauen stützen müssen, so erschöpft waren sie.
Beim Dodge House Hotel, gleich zu Beginn der Straße, hielt der Alte an.
»Bleibt hier, setzt euch da auf die Bank. Ich werde mit Jimmy einen Sheriff suchen…«
Jim sagte laut:
»Einen Sheriff? Nein, Vater, wir suchen Wyatt Earp!«
Ein Mann kam die Stufen des Hotels hinunter, und Jim lief auf ihn
zu.
Im zuckenden Schein des Windlichts, das über der Treppe hing, sah er, daß es ein großer Mann war, mit einem gutgeschnittenen, etwas kühlen Gesicht und sehr klugen Augen.
Er trug einen schwarzen Hut, ein blütenweißes Rüschenhemd, eine grünschillernde elegante Weste und einen vornehmen schwarzen Anzug.
Seine Stiefeletten glänzten wie neu.
Jim sah aber auch unter dem offenstehenden Rock den breiten Waffengurt, der zwei mit Elfenbeinknäufen beschlagene schwere Revolver hielt.
Der kleine Jim war so von der außergewöhnlichen Erscheinung des Mannes beeindruckt, daß er einen Augenblick gar nicht sprechen konnte.
»Mister«, sagte er dann, »wo können wir Wyatt Earp finden?«
»Das Marshals Office ist drüben, gleich an der Ecke der Bridgestreet, die zum Arkansas River hinunterführt. – Ich weiß allerdings nicht, ob er in der Stadt ist.«
»Nicht…?« Der Kleine schluckte in aufkommender Angst. »Lieber Gott – was – was machen wir dann?«
Der Fremde streichelte dem Jungen über den Wuschelkopf und fragte:
»Was hast du für Sorgen, Boy?«
Da schluchzte Jimmy los, und wild brach es aus ihm heraus:
»Wir sind überfallen worden. Von fünf Banditen. Eddie Perkins-Breek war es – sie haben Mike erschossen – und Pat haben – sie mitgenommen. Die Wagen haben sie umgeworfen und verbrannt! All unsere Sachen – sie sind verbrannt…«
Der Mann ging in die Hocke und hob den Kopf des Jungen.
»Wo ist das passiert?«
Da trat Hellmers heran.
»Oben auf der Overlandstraße nach Westen. Unweit von der Abzweigung nach Dodge City.
»Und wann?«
»Heute…«
Der Mann erhob sich wieder, nahm ein silbernes Zigarettenetui aus der Tasche, öffnete es und hielt es dem Briten hin.
Der lehnte ab.
»Thanks, Mister, ich kann jetzt nicht rauchen.«
»Nehmen Sie eine Zigarette, vielleicht beruhigt sie…«
Mit zitternder Hand nahm der Engländer eine Zigarette aus dem wohlgefüllten Etui.
Er wußte so wenig wie der kleine Jim, daß der elegante Fremde niemand anders als Doc Holliday war, der Freund Wyatt Earps, der berühmte Gambler und Revolverkämpfer aus Georgia.
»Sie meinen, daß der Marshal nicht in der Stadt ist?«
»Ich weiß es nicht sicher. Aber gehen Sie nur hinüber, es sind sicher zwei von seinen Deputys im Office.«
Hellmers winkte ab.
»Auch in Kansas City kam ein Deputy, im vergangenen Jahr, als ein Bandit meinen Bruder auf offener Straße niedergeschossen hatte…«
Sie gingen trotzdem hinüber zum Office.
Ric Hellmers stand vor der großen Glasscheibe, die in der Tür eingesetzt war und auf die der Marshalstern Wyatt Earps gemalt war.
Hellmers klopfte an.
»Yeah…!« kam es von innen.
Hellmers öffnete.
Zusammen mit Jim trat er ein.
Ein großer vierschrötiger Mann von vielleicht dreißig Jahren stand drüben am Gewehrständer und hatte einen Waffengurt in der Hand, den er wahrscheinlich gerade poliert hatte.
Auf seiner Brust blitzte der Stern.
»Marshal, mein Name ist Hellmers, ich – wir haben gehört, daß Wyatt Earp hier in Dodge City ist – und weil wir – wir sind gekommen – denn nur Sie – also Jimmy meinte…«
Der Mann mit dem Stern unterbrach die konfuse Rede des verwirrten Fremden.
»Ich bin nicht Wyatt Earp. Mein Name ist Masterson. Der Boß ist nicht da…«
»Nicht in der Stadt?« warf Jimmy rasch ein.
»Nein, er ist nicht in der Stadt. Aber um was geht es? Vielleicht kann ich auch helfen.«
Es war William Bat Masterson, Wyatt Earps Chief Deputy, der bärenhafte Mann, der selbst einen großen Ruf als Policeman im Westen hatte und viel später, wenn Wyatt Earp nicht mehr in Dodge City sein würde, hier County Sheriff werden sollte.
Masterson war erfahren genug, um sofort zu sehen, daß diese Menschen in Not waren.
»Wir sind auf dem Weg nach Colorado gewesen, mit zwei großen Wagen, Mister Masterson. An der Abzweigung nach Dodge City, oben auf der Overlandstraße nach Westen, wurden wir überfallen, von fünf Banditen. Sie haben meinen Sohn Mike niedergeschossen und meine siebzehnjährige Nichte Patricia mitgenommen. Die Wagen haben sie verbrannt und alles, was wir mit uns führten. Den Toten durften wir nicht einmal begraben…«
»Es war Eddie Perkins-Breek, er hatte vier Männer bei sich«, warf Jimmy ein.
Masterson rieb sich das Kinn.
»Perkins-Breek, diese verdammte Krähe. Wahrscheinlich waren Hypro Vaugham bei ihm und Kid Plaggstaff.«
»Richtig…«
»Well, und es war also an der Abzweigung nach Dodge?«
Eine Viertelstunde später brach Bat Masterson mit drei Leuten auf, um an den Ort des Überfalls zu reiten…
Die Hellmers standen vor dem Office auf dem Vorbau.
So umsichtig der etwas ruppige Masterson war – daran hatte er nicht gedacht, daß die vier Menschen, denen so fürchterlich mitgespielt worden war, total erschöpft waren und nicht wußten, wohin sie gehen sollten.
»Setzt euch da auf die Vorbaukante«, sagte der Alte rauh. »Ich werde herumfragen, ob wir irgendwo in einer Scheune übernachten können.«
Geld hatte er nicht mehr.
Ric Hellmers überquerte die Straße und hielt auf eine der Nebengassen zu.
Jim wollte auf die Ecke der
Bridgestreet zulaufen, als ihn seine Mutter zurückrief.
»Bleib hier.«
»Ich komme sofort zurück. Vielleicht ist da um die Ecke irgendwo ein Mietstall…«
Der Junge lief um die Vorbauecke herum, der Hund folgte ihm – plötzlich hielt Jim inne.
Hinter dem Haus des Marshals Office war gerade ein Reiter angekommen und aus dem Sattel gestiegen.
Trotz der hier in der Gasse herrschenden Dunkelheit erkannte Jim sofort den Mann wieder, der ihnen neulich oben in der Prärie gegen Perkins-Breek und seine Bande beigestanden hatte.
»Mister…!«
Jim rannte auf ihn zu, klammerte sich an seine Brust und preßte seinen Kopf schluchzend gegen den Missourier.
»Mister…«
Wyatt Earp bückte sich, nahm sein Taschentuch hervor und wischte dem Jungen die Tränen aus dem Gesicht. Dann strich er ihm die blonden Haarsträhnen aus der Stirn und fragte: