West-Östlicher Divan. Johann Wolfgang von Goethe

West-Östlicher Divan - Johann Wolfgang von Goethe


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wie der Teig durch Säuerung

      Sich in Bewegung setzet.

      So, Hafis, mag dein holder Sang,

      Dein heiliges Exempel,

      Uns führen, bei der Gläser Klang,

      Zu unsres Schöpfers Tempel.

      Phänomen

      Wenn zu der Regenwand

      Phöbus sich gattet,

      Gleich steht ein Bogenrand

      Farbig beschattet.

      Im Nebel gleichen Kreis

      Seh ich gezogen,

      Zwar ist der Bogen weiß,

      Doch Himmelsbogen.

      So sollst du, muntrer Greis,

      Dich nicht betrüben,

      Sind gleich die Haare weiß,

      Doch wirst du lieben.

      Liebliches

      Was doch Buntes dort verbindet

      Mir den Himmel mit der Höhe?

      Morgennebelung verblindet

      Mir des Blickes scharfe Sehe.

      Sind es Zelte des Wesires,

      Die er lieben Frauen baute?

      Sind es Teppiche des Festes,

      Weil er sich der Liebsten traute?

      Rot und weiß, gemischt, gesprenkelt,

      Wüßt ich Schönres nicht zu schauen;

      Doch wie, Hafis, kommt dein Schiras

      Auf des Nordens trübe Gauen?

      Ja, es sind die bunten Mohne,

      Die sich nachbarlich erstrecken

      Und, dem Kriegesgott zum Hohne,

      Felder streifweis freundlich decken.

      Möge stets so der Gescheute

      Nutzend Blumenzierde pflegen

      Und ein Sonnenschein, wie heute,

      Klären sie auf meinen Wegen!

      Zwiespalt

      Wenn links an Baches Rand

      Cupido flötet,

      Im Felde rechter Hand

      Mavors drommetet,

      Da wird dorthin das Ohr

      Lieblich gezogen,

      Doch um des Liedes Flor

      Durch Lärm betrogen.

      Nun flötet's immer voll

      Im Kriegestunder,

      Ich werde rasend, toll;

      Ist das ein Wunder?

      Fort wächst der Flötenton,

      Schall der Posaunen.

      Ich irre, rase schon;

      Ist das zu staunen?

      Im gegenwärtigen Vergangnes

      Ros' und Lilie morgentaulich

      Blüht im Garten meiner Nähe;

      Hinten an, bebuscht und traulich,

      Steigt der Felsen in die Höhe;

      Und mit hohem Wald umzogen

      Und mit Ritterschloß gekrönet,

      Lenkt sich hin des Gipfels Bogen,

      Bis er sich dem Tal versöhnet.

      Und da duftet's wie vor alters,

      Da wir noch von Liebe litten

      Und die Saiten meines Psalters

      Mit dem Morgenstrahl sich stritten;

      Wo das Jagdlied aus den Büschen

      Fülle runden Tons enthauchte,

      Anzufeuern, zu erfrischen,

      Wie's der Busen wollt und brauchte.

      Nun die Wälder ewig sprossen,

      So ermutigt euch mit diesen,

      Was ihr sonst für euch genossen.

      Läßt in andern sich genießen.

      Niemand wird uns dann beschreien,

      Daß wir's uns alleine gönnen;

      Nun in allen Lebensreihen

      Müsset ihr genießen können.

      Und mit diesem Lied und Wendung

      Sind wir wieder bei Hafisen,

      Denn es ziemt, des Tags Vollendung

      Mit Genießern zu genießen.

      Lied und Gebilde

      Mag der Grieche seinen Ton

      Zu Gestalten drücken,

      An der eignen Hände Sohn

      Steigern sein Entzücken;

      Aber uns ist wonnereich.

      In den Euphrat greifen

      Und im flüss'gen Element

      Hin und wider schweifen.

      Löscht ich so der Seele Brand,

      Lied, es wird erschallen;

      Schöpft des Dichters reine Hand,

      Wasser wird sich ballen.

      Dreistigkeit

      Worauf kommt es überall an.

      Daß der Mensch gesundet?

      Jeder höret gern den Schall an,

      Der zum Ton sich rundet.

      Alles weg, was deinen Lauf stört!

      Nur kein düster Streben!

      Eh er singt und eh er aufhört,

      Muß der Dichter leben.

      Und so mag des Lebens Erzklang

      Durch die Seele dröhnen!

      Fühlt der Dichter sich das Herz bang,

      Wird sich selbst versöhnen.

      Derb und tüchtig

      Dichten ist ein Übermut,

      Niemand schelte mich!

      Habt getrost ein warmes Blut,

      Froh und frei wie ich.

      Sollte jeder Stunde Pein

      Bitter schmecken mir,

      Würd ich auch bescheiden sein,

      Und noch mehr als ihr.

      Denn Bescheidenheit


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