Gampe's Erzgebirge mit Einschluss der böhmischen Bäder Teplitz, Karlsbad, Franzensbad und Marienbad. Gampe Theodor
von Nollendorf.
Die Nollendorfer Höhe gehört zu den besten Aussichtspunkten des Erzgebirgs. Ueberraschend sind die Blicke auf das bizarre Mittelgebirge mit dem Millischauer. In der Tiefe bei Kulm sind sämmtliche Schlachtdenkmäler sichtbar. Im fernen Hintergrund gegen Osten taucht der Isarkamm auf mit dem Jeschken. Ferner sehen wir den Tannenberg, Kaltenberg, Rosenberg, den nahen Schneeberg, die Tyssaer Wände und viele Höhen des Elbsandsteingebirges. Aussig mit dem Schreckenstein im Hintergrund und viele Basaltkegel dieser Gegend schliessen malerisch das Bild ab. Gegen West und Südwest ist der Punkt beschränkter.
Die Strasse führt nun in starken Windungen hinab nach dem böhm. Kessel. Tellnitz ist Station der Dux-Bodenbacher Bahn. Kulm ist ein Pfarrdorf am Kapellenberg (Horkaberg). Hier entschied sich die Schlacht, die schon am Kohlberg bei Pirna begonnen. Das franz. Corps ward aufgerieben und Vandamme selbst mit 11 000 Mann gefangen genommen. Unter der Kriegsbeute befanden sich 82 Geschütze. Das Preussische Denkmal steht rechts der Strasse unweit des Posthauses in Arbesau; es ist eine 10 m hohe Spitzsäule mit der Inschrift: Die gefallenen Helden ehrt dankbar König und Vaterland. Sie ruhen in Frieden. Das Oestr. Denkmal steht links der Strasse, es ist dem gefallenen östr. General Collorado-Mannsfeld gewidmet, der am 17. Sept. 1813 die Franzosen bei Arbesau zum zweiten Male schlug. Die 30 m hohe eiserne Pyramide trägt Brustbild und Wappen des Generals. Bekrönt wird dasselbe vom öster. Doppeladler. Am Fuss der böhm. Löwe. Das Russische Denkmal, das prunkvollste, steht hinter Kulm bei Pristen, unfern der Stelle, wo General von Ostermann verwundet wurde. Die 5 m hohe Victoria ist eine Nachbildung der griech. Antike zu Brescia. Die Errichtung ordnete Kaiser Franz I. an. Die Einweihung geschah jedoch erst am 28. Sept. 1835 in Gegenwart des Kaisers Nicolaus von Russland, des Kaisers Ferdinand von Oestreich und des Königs Friedrich Wilhelm III. von Preussen.
Eine gerade Strasse führt uns über Sobochleben nach Turn (zur Ritterburg, Turner Bier) mit vielbesuchten fürstl. Clary'schen Park. Uralte Baumgruppen mit überraschenden Lichtungen, welche fesselnde Landschaftsbilder im Hintergrund zeigen. Auf dem Platz an der Försterei öfter Concerte von Teplitzer Kapellen. Im erhöhten Strohtempel herrliche Ausblicke auf den Teplitzer Thalkessel.
Teplitz (Teplice-Warmbach). Stadt London. Posthotel. König von Preussen. Altes Rathhaus. Schwarzes Ross. Kronprinz Rudolph. Adler. Lamm (billig). Blauer Stern. Am Weg nach Schönau: Haus Oestreich. Neptun. Rest.: Kursalon am Stephansplatz. Gartensalon im Schlosspark. Drei Rosen. Goldnes Fassel. Schönpriessner und Leitmeritzer Bierhalle.
Teplitz zählt mit Schönau 16 000 Einw. Die Lage der Stadt im weiten Thalbecken, unfern des isolirten Teplitzer Schlossberges, gehört zu den anmuthigsten im landschaftlich reichen Böhmerland und die natürlichen Vorzüge unterstützen herrliche Parkanlagen, wohlgebaute Dorfschaften, inter. Klöster, historisch merkwürdige Stätten, schattige Wälder, viele und bequeme Verkehrsmittel und a. m., und wenn auch der industrielle Habitus der nahen Kohlenfelder den landschaftlichen Reizen nicht gerade zu Gute kommt, so beweisen doch an 20 000 Passanten jährlich, dass diese trotzdem unwiderstehlich sind. Die Badefrequenz betrug 1880 gegen 10 000 Badegäste.
Die Heilkraft der Teplitz-Schönauer Thermen gegen Gicht, Rheumatismus und Lähmung ist weltberühmt; auch nach schweren Verwundungen leisten die Quellen vorzügliche Dienste. Preussen, Oestreich und Sachsen besitzen eigene Militärbäder zu Teplitz. Der Wärmegrad der Wässer variirt zwischen 21 und 39° R.; sie enthalten Alkalien und salinische Bestandtheile, darunter kohlensaures Natron. Trinkbar sind sie ihres widerlichen Geschmackes wegen nicht, man benutzt sie zum Baden. (Im Januar 1881 entquoll der Erde eine neue Therme bei Teplitz.)
Am 13. Febr. 1879 brach über Teplitz die weltbekannte Quellenkatastrophe herein. In den 8 km entfernten Ossegger Kohlenschächten hatte man einen Porphirgang angehauen, aus welchem sich ganz plötzlich eine ungeheure Menge auf 20° R. erwärmtes Thermalwasser in die Baue ergoss und bald darauf versiegte die Teplitzer Urquelle im Stadtbad. Am 3. März fand man dieselbe in einem rasch niedergeteuften Schacht 27 m tief wieder auf, doch ist der Quell damit noch nicht gesichert und hat man neuerdings eine tiefere Ausschachtung angeordnet.
In Teplitz selbst liegen die Bäder: Fürstenbad, Herrenhausbad, Stadtbad, Judenbad, Steinbad und Stephansbad. Das Schlangenbad und das Neubad liegen auf Schönauer Gebiet. Die Hauptbadezeit ist Morgens. Nachmittags baden die ärmeren Klassen zur Hälfte der Taxen. Die Badeconcerte finden früh 6 bis 8 Uhr im Kurgarten und von 11 bis 1 Uhr im Schlosspark statt. In den Anlagen am Schlangenbad in Schönau spielt Mittwochs und Sonnabends von 5 bis 7 Uhr und Sonntags von 10 bis 11 Uhr eine Militärkapelle. Sämmtliche Concerte sind für Passanten frei. Das Badeleben culminirt von 11 bis 1 Uhr im Schlosspark; eine Tanzreunion wird Sonnabends im Gartensalon dieses Parks abgehalten.
Geschichtliches. Der Sage nach trieben am 29. Aug. 762 die Hirten des Vladiken Kostolug von Settenz Schweine in den Wald, von denen eines die heisse Urquelle aufwühlte. Zweifellos ist, dass sehr frühzeitig eine Burg an dem Heilquell entstand, welche als die Vorläuferin des jetzigen fürstl. Clary'schen Schlosses anzusehen ist. Urkundlich wird berichtet, dass die Gemahlin des Böhmerkönigs Wladislav II. ein Nonnenkloster an den warmen Quellen errichtete, welche 1278 Rudolph I. zerstörte. 1420 plünderten es die Hussiten und 1424 äscherten sie es ganz ein. Im 30jähr. Krieg litt die blühende Badestadt durch Raub und Plünderung, auch verödeten die Bäder durch Mangel an Badenden. Im 7jähr. Krieg wurde die Stadt von beiden Heeren als neutral respectirt. Nach der Schlacht bei Kulm (30. Aug. 1813) glich die Stadt einem grossen Lazareth. Als Curiosum sei mitgetheilt, dass Napoleon I. mehrfach verdriessliche Aeusserungen über den Namen »Teplitz« fallen liess, weil er ihn nicht richtig auszusprechen vermochte, er nannte die Stadt consequent Telpsich. Im Jahre 1878 fand Kaiser Wilhelm nach dem Nobiling'schen Attentat im Herrenbade zu Teplitz völlige Genesung.
An Gebäuden sind erwähnenswerth das Neue Theater von Schreiber in Dresden mit Skulpturen von Henze, die Evang. Kirche, ein romanischer und die neue Kath. Kirche in Schönau ein gothischer Ziegelrohbau. Im Clary'schen Schloss goth. Schlosskapelle.
Spaziergänge. Vor Allem sind hier Kurgarten und Schlosspark zu nennen, besonders der letztere mit seinen uralten Bäumen und seinen idyllischen Weihern ladet zu längerem Verweilen ein. Unfern des Theaters liegt der Seumepark, ein umgewandelter alter Kirchhof mit dem wohlgepflegten Grabe des »Spaziergängers nach Syrakus.« Auch die Kirchhofkapelle ist erhalten. Ein reizender Spaziergang ist der nach der Königshöhe mit einem Denkmal des Königs Friedrich Wilhelm III. von Preussen, der 22 Jahre lang die Teplitzer Thermen brauchte. Die Stadt liegt hier in ihrer ganzen Ausdehnung dem Beschauer zu Füssen. In der Nähe der Königshöhe liegt auch die Schlackenburg mit Camera obscura (10 Kr. Eintritt), ein origineller Bau aus Schlacken, Ziegelstücken und Scherben. Im Belvedere Mineraliensammlung. Café Bella vista. Die ganze Königshöhe hat herrliche Anlagen und gewährt schöne Thalbilder, wie auch Fernsichten auf Erz- und Mittelgebirge. Der Mont de Ligne, ein Porphirfelsen liegt über der Stadt gegen Schönau hin. Das Restaurant nennt der Volksmund seiner Form wegen die Pfefferbüchse. Nach dem Turner-Park, 1 km. Siehe Seite 21.
Ausflüge von Teplitz.
Nach dem Schlossberg. Reitesel 75 Kr. Entfernung 3 km. 393 m hoher Klingsteinberg mit schönen Ruinen und unvergleichlich schöner Aussicht. Die alte Veste Dobrowska hora gehörte einst dem Grafen Kinsky, der zu Eger mit Wallenstein ermordet wurde. Die Kaiserlichen stritten mit den Schweden hart um die Burg. 1655 wurde sie auf Befehl aus Wien geschleift, weil die verwilderte Soldateska von hier aus die Gegend brandschatzte. Ferdinand II. verschenkte nach Kinskys Tod Schloss mit Herrschaft an den Feldmarschall Aldringer. Durch Heirath fiel sie an die Fürstenfamilie Clary-Aldringer. In die Schlosstrümmer ist ein empfehlenswerthes Restaurant eingebaut. Die Aussicht von den Ringmauern mit den zum Theil erhaltenen Thürmen ist, wie schon erwähnt,