Nicht ohne meinen Schweinehund. Wolfram Pirchner
ich zuerst überhaupt nicht. Ich verspürte so etwas wie Zorn gegen ihn, gegen seinen vermeintlichen Egoismus. »Denkst du an deine Frau? An deinen Sohn? An deine Freunde? Nein, das tust du nicht. Du bist ein Egoist!« Er war sehr besonnen, wie meistens in unserer Freundschaft, und meinte: »Sei ein wenig gelassener. Auch jetzt. Schauen wir einmal.« Und dann meinte er: »Schon dieses gemeinsame Erlebnis jetzt, das war doch alles wert!?« Er drückte mich noch einmal und plötzlich verstand ich. Er-lebe dein Leben. Lebe es nicht nur. Vergeude nicht kostbare Stunden, Tage, Monate. Erlebe es. Übrigens:lebt. Recht gut sogar. Der Krebs und die Metastasen haben sich zurückgebildet, die Chemotherapie hat gut angesprochen. Er fühlt sich den Umständen entsprechend wohl. Er erlebt sein Leben.
Mich macht meine Hilflosigkeit in diesen wenigen Situationen, die ich erleben darf/muss, schwach. Daran werde ich noch arbeiten. Nutzen wir die Zeit, die uns zur Verfügung steht! Wir haben zwar gefühlt noch viel Lebenszeit, aber in der Realität? Sicher kennst du Mitmenschen, die immer wieder betonen, wie gut sie es sich gehen lassen werden, wenn sie endlich in Pension sind. »Da gönne ich mir dann viel«, »Da fahre ich dann nach XY«, »Da realisiere ich alle meine verdrängten und tatsächlichen Wünsche«, »Dann treffe ich endlich meine Freunde wieder« etc. In der Pension. Will ich dann meine »Freunde« wieder treffen? Nein. Ganz sicher nicht.
Oft hört man auch: »In der Pension, mit dem Ruhestand ändert sich alles.« Glauben das diejenigen, die das sagen, tatsächlich? Das Arbeiten ist schuld daran, dass wir uns gehen lassen? Dass wir unseren Wünschen, Bedürfnissen nicht nachkommen? Wenn wir nicht mehr arbeiten, dann schauen wir auf uns? Dann sind wir achtsam? Das ist ein Trugschluss. Wir gehen mit 65 oder 62 oder 60 in Pension, je nachdem. Und dann soll das Leben eine Wende nehmen? Zu unseren Gunsten? Nein, das glaube ich nicht. Nimm dein Lebensband zur Hand: Du weißt schon, ein Maßband mit einem Meter – schneide vorne die bereits gelebten oder erlebten Jahre ab, dann am Ende, je nachdem, ob du Frau oder Mann bist, deine durchschnittliche Lebenserwartung (Mann 78 Jahre, Frau 83 Jahre) und schau dir dann die Differenz auf 100 an: Das ist das, was dir an Jahren, an Lebensjahren (durchschnittlich wohlgemerkt) übrig bleibt. Und die letzten Lebensjahre werden relativ sicher qualitativ nicht die Besten sein, außer du schaust akribisch auf dich und bleibst von Schicksalsschlägen verschont …
Also? Was denkst du? Aufschieben? Pension? Jede Minute, jede Stunde, jeden Tag: Handle! Nimm dein Leben in die Hand! Ab jetzt. Ab heute. In deinen verschiedenen Lebensbereichen. Du kannst dein Leben verändern. Tu es!
Der Prozess – Proaktiv II
Habe ich dich überfordert? Wann kommt der Zeitpunkt des Veränderungswillens? Zumeist doch in Situationen, wenn einem verschiedene Lebensumstände, ärgerliche, kränkende Situationen über den Kopf wachsen, die Traurigkeit zunimmt, die Frustration wächst, die eigene Sinnhaftigkeit infrage gestellt wird. Stell dir in solchen Situationen gezielte Fragen wie: Will ich etwas ändern? Was? Wann? Bringt es mir einen Vorteil, wenn ich diese Veränderung auch erwirke? Vielleicht sogar mehrere? Viele? Werde ich Kontakte verlieren? Werde ich auf diverse – materielle – Vorteile verzichten müssen? Werde ich mich frei fühlen? Werde ich frei sein? Macht es mir etwas aus, was »die anderen« über mich reden? Würden sie mir im Fall der Fälle abgehen? Denk darüber nach. Denke nach und spiele in deiner Fantasie deine gewünschte Veränderung durch. Schreib deine Gedanken auf. Handschriftlich. Was will ich verändern? Was passt mir nicht? Was nervt mich? Wer nervt mich? Warum lasse ich mir das gefallen? Wie könnten mögliche Konsequenzen von meiner Seite aus aussehen? Stelle dir schriftlich nur Fragen, die dich betreffen. Nicht die anderen. Nur dich. Bleib ganz bei dir. Veränderung tut weh, aber der mögliche Folge-Schmerz lässt nach. Ganz sicher. Und zur intensiven, nachhaltigen Be- und Verarbeitung kannst du dich professionell begleiten lassen. Und zwar genau dann, wenn du es willst.
Auch in dieser Hinsicht ist »Proaktivität« gefragt. Wir besitzen die Fähigkeit und vor allem auch die Initiative, um Dinge, Prozesse in unserem Leben zu gestalten. Das heißt ja nicht, dass wir unangenehm oder aggressiv sein müssen. Es bedeutet, dass wir Verantwortung für unser Leben übernehmen. Es geht auch um Kreativität. Unter Kreativität verstehe ich die Summe aus dem eigenen Potenzial und Logik. Darin steckt freilich auch ein großes Problem für jene Menschen, die in einer tiefen emotionalen Abhängigkeit stehen oder stecken. Von diesen ist keine sehr kreative Kooperation hin zur Veränderung zu erwarten, weil sie zu instabil, zu unsicher und viel zu wenig selbstbewusst sind.
Zu deiner Beruhigung aber sage ich dir, dass unsere grundlegende Beschaffenheit so ist, dass wir »machen« wollen und nicht »gemacht« werden wollen. Das ist die Ausgangsbasis. Was immer dazu geführt hat, welche Manipulationen erfolgreich waren, welche Gedankenmuster sich aufgrund einer langjährigen Gewohnheit manifestiert haben – grundsätzlich sind wir »Macher«. Wir tun. »Hin zu« statt »weg von«, das ist ein ganz wichtiges Lebensmotto für mich. »Hin zu« hat natürlich mit Motivation zu tun und ohne Motivation geht meiner Meinung nach nur sehr wenig bis gar nichts weiter. Um bei meinem »Schweinehundprojekt« zu bleiben – ich muss motiviert sein (motiviert werden, um Erfolg zu haben). Was bedeutet das Wort Motivation? Es kommt aus dem Lateinischen und ist auf das Wort »movere« (bewegen, antreiben) zurückzuführen. Motivation bedeutet »Triebkraft« und bezeichnet das auf emotionaler und neuronaler Aktivität (Aktivierung) beruhende Streben des Menschen nach Zielen oder wünschenswerten Zielobjekten. Die Gesamtheit der Beweggründe (Motive), die zur Handlungsbereitschaft führen, nennt man Motivation.6
Unsere Zweifel sind Verräter.
Sie lassen uns das Gute verlieren,
das wir oft erringen könnten,
weil wir den Versuch fürchten.
WILLIAM SHAKESPEARE
»Hin zu« statt »weg von«
Hast du schon einmal von Anthony Robbins gehört oder etwas von ihm gelesen? Robbins ist meiner Meinung nach ein erfahrener, gebildeter, auch sehr geschäftstüchtiger Mann. Und er hat – wieder meiner Meinung nach – in vielen Dingen sehr recht. Vieles dreht sich bei ihm um Inspiration (also »hin zu Motivation«) oder Verzweiflung (»weg von Motivation«). Ich mag vieles von dem, was Robbins behauptet, sagt oder schreibt. Der Bestsellerautor schreibt über Erfolg und Neuro-Linguistisches Programmieren und ist auch Begründer der sogenannten Neuroassoziativen Konditionierung. Robbins hat sich auch intensiv mit den Themen Gesundheit und Ernährung beschäftigt, hält zahlreiche Seminare ab. Und er wird auch kritisiert. Wie die meisten erfolgreichen Menschen, die proaktiv unterwegs sind. Man wirft ihm unter anderem vor, wissenschaftlich nicht bewiesene Techniken zu bewerben. Dazu zählen die Einnahme von Weizengras-Säften sowie die Magnetfeld-Theorie, die Lebensmittel aufgrund ihrer Energiefrequenz bewertet. Das geht wiederum auf das Ehepaar Harvey und Marilyn Diamond zurück, welches die Fit for Life-Bestseller geschrieben hat. Ich habe diese Werke früher schon gelesen, das war inhaltlich zweifelsohne etwas, das mir ernährungstechnisch sehr entgegengekommen ist und mir vom Aufbau her sympathisch war. Viel Obst, Gemüse, keine Kohlenhydrate. Nur das Salatessen am Abend – nach 17 Uhr – finde ich verdauungstechnisch nicht sehr sexy.
Inspiration gegen Verzweiflung also – ein konkretes Beispiel dazu: Du bist im Urlaub, der Wecker klingelt und du freust dich auf den Tag, einen Tag voller schöner, bereichernder Erlebnisse, und das Aufstehen fällt dir leicht. Das ist die »Inspirationsmotivation«. Wenn der Wecker an einem Arbeitstag oder an einem Schultag klingelt oder summt, wie reagierst du? Du bist müde, demotiviert, angefressen, dass du schon wieder aufstehen musst. Ja, du musst aufstehen, weil es sonst wahrscheinlich Folgen für dich haben wird, wenn du es nicht tust. Es würde ganz sicher Konsequenzen geben. Und daher bist du in diesem Fall aus einer Verzweiflungshaltung heraus motiviert aufzustehen. Faktum ist, dass wir alle beide Arten der Motivation anwenden. Auf der einen Seite wollen wir die »Störer« loswerden, also ohne Schmerz, ohne große Anstrengung leben, stressfrei sein, wenn es geht, keine Sorgen haben usw. Auf der anderen Seite wollen wir glücklich, gesund sein, uns entspannt fühlen, Lebensfreude verspüren, entflammt sein für gute Ideen und Vorsätze. Das ist es, was wir wollen.
Beide Stile sind gleichwertig: Wenn du im Berufsbereich erfolgreich sein möchtest, was ist deine Motivation? Entweder du möchtest Erfolg, Ansehen, Geld erreichen oder du bist in einer armen Familie aufgewachsen und möchtest nie wieder