Dietmar Grieser für Kenner. Dietmar Grieser
Geldmittel locker, Hollywood-Stars wie Emil Jannings verhelfen dem Vierunddreißigjährigen, der sich inzwischen den wohlklingenden Künstlernamen Josef von Sternberg zugelegt hat, zum Durchbruch. Und als der gleiche Jannings, vor der Rückkehr nach Europa stehend, an seinem Debüt beim gerade aufkommenden Tonfilm bastelt, nimmt er den zehn Jahre Jüngeren kurzerhand nach Berlin mit und betraut ihn mit der Regie des »Blauen Engels«.
Heinrich Mann erklärt sich mit der totalen Umkrempelung der Story vom »Professor Unrat« einverstanden, Carl Zuckmayer verwandelt die Romanvorlage in ein Drehbuch, Friedrich Holländer steuert die Musik bei. Nur die Hauptdarstellerin fehlt noch: Wer käme für die Rolle des verruchten Vamps Lola in Betracht, die den Schultyrannen Raat zugrunde richtet? Sternberg blättert in den Photokatalogen der Schauspieleragenturen. »Frl. Dietrich« heißt die unbekannte Blondine, die ihm ins Auge sticht. Doch sein Assistent, um seine Meinung befragt, winkt ab: »Der Popo ist nicht schlecht, aber brauchen wir nicht auch ein Gesicht?« Da sieht Sternberg sie wenige Tage später wieder – und diesmal leibhaftig: Mehr oder minder zufällig ist er in eine Theatervorstellung geraten, in der dieses »Frl. Dietrich« – Georg Kaisers Revuestück »Zwei Krawatten« steht auf dem Programm – eine kleine Rolle innehat. Und jetzt fällt es ihm wie Schuppen von den Augen: Die oder keine!
Alles Weitere ist Filmgeschichte: »Der blaue Engel« wird zur Weltsensation. Und Marlene Dietrich folgt ihrem Entdecker, als dieser in seine Wahlheimat zurückkehrt, nach Amerika und dreht unter seiner Regie ein Meisterwerk nach dem anderen: »Marocco«, »Blonde Venus«, »Shanghai Express«, »Die scharlachrote Kaiserin«, »Die spanische Tänzerin«. Und als wären Sternberg und sein Superstar schicksalhaft aufeinander angewiesen, wird keiner seiner späteren Filme – darunter »The King steps out«, »Sergeant Madden«, »The Shanghai Gesture«, »Jet Pilot«, »Macao« und der in Japan gedrehte »Anatahan« – an jene Hits der dreißiger Jahre anknüpfen, die Sternberg mit Marlene Dietrich geglückt sind. Mit sechzig zieht er sich aus dem Filmbetrieb zurück, 1965 veröffentlicht er seine Memoiren, am 22. Dezember 1969 stirbt der einstige Wiener Praterbengel Jonas Stern alias Josef von Sternberg fünfundsiebzigjährig in einer Klinik in Hollywood.
Aus: Heimat bist du großer Namen, 2000
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.