Ein Beagle namens Daria. Birgit Braunrath

Ein Beagle namens Daria - Birgit Braunrath


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applaudieren und wälzen sich vor Lachen auf dem Boden. Die Meute harmoniert.

      Nur ein Missverständnis müssen wir ausräumen: Unsere Entscheidung, einen Hund zu bekommen, fiel nicht zuletzt auf dringenden Wunsch der Kinder. Denn diese, so war bereits zu lesen, »stellten eines Tages kategorisch fest, dass sie ohne einen Hund nicht länger leben, in die Schule gehen, den Müll runtertragen oder ihr Müsli aufessen können«. An alle Leserinnen und Leser, die dachten, die Müll-und-Müsli-Diskussionen seien nun vom Tisch: Vergessen Sie’s! Müll und Müsli verschwinden zwar – wenn wir nicht aufpassen – neuerdings wie von selbst. Doch ganz ohne Zutun der Kinder. Ein eigener Hund macht Kinder nicht pflegeleichter. Nur glücklicher.

      Beagles sind stur? Ein Klacks gegen Kinder

      Man hat uns gewarnt: »Ein Beagle ist kein Hund für Anfänger.« Wir würden schon sehen, wohin wir als unerfahrene Hundehalter mit der Stursten aller Hunderassen kämen. Einen Beagle zu erziehen sei eine Aufgabe für Profis.

      Die Skeptiker kannten unsere Kinder nicht – sozusagen die Beagle-Klasse unter dem Nachwuchs. Wir waren erprobt im Umgang mit Beagle-Qualitäten. Die da wären? Naja, höflich formuliert, Intelligenz, Zielstrebigkeit und Eigenverantwortung. Der Beagle hat seinen Kopf nicht nur zum Fressen (obwohl es oft so aussieht), sondern auch zum Selberdenken. Und was dabei herauskommt, das zieht er durch, unabhängig von anderslautenden Kommandos.

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      Wir hatten damit nie Probleme. Eher hätte man uns vor der Pubertät der Kinder warnen sollen:

      Die Tochter grantelt. Eine Erziehungsintervention meinerseits stößt auf ihr Missfallen. »Du klingst schon wie so eine Mutter!«, mault sie. »Das könnte daran liegen, dass ich eine Mutter bin«, entgegne ich. »Ja, kann sein, aber bitte nicht eine, die so erzieherisch redet.«

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      Der Tag darauf. Die Tochter grantelt. Diesmal missfällt ihr Darias Bummeltempo. »Könntest du bitte endlich diesen Hund erziehen?«, mault sie. »Daria ist erzogen. Sie schnüffelt nur gern an den Spuren, die andere Hunde hinterlassen haben. So viel Zeit haben wir«, erkläre ich. »Ich nicht. Ich hab’s eilig. Und Daria soll jetzt weitergehen.«

      Die Tochter rät zum heftigen Leinenruck und ergänzt: »Hunde gehören erzogen. Aber die Einzige in dem Haus, die das weiß, bin ich. Wenn du ihr alles durchgehen lässt, wird sie dir immer auf der Nase herumtanzen.« Darauf ich: »Du meinst, so wie du?« Sie: »Was soll DAS jetzt?«

      Ich: »Du findest also, dass man Hunde erziehen sollte?«

      Sie: »Sicher, ständig, die müssen gehorchen.«

      Ich: »Und Kinder soll man nicht erziehen? Da klingt man gleich ›wie so eine Mutter‹?«

      Sie: »Natürlich muss man Kinder erziehen.«

      Ich: »Nur dich nicht?«

      Sie: »Mama, ich bin jetzt zwölf, da nützt das nichts mehr.«

      Ich: »Daria ist in Hundejahren doppelt so alt wie du.«

      Sie: »Aber Hundeerziehung hört nie auf.«

      Die Couch-Übertretung

      Wundern Sie sich nicht, wenn Sie zu uns kommen und zwei Couchtische liegen mit den Beinen nach oben auf dem großen Sofa. Die ruhen sich da nicht aus. Sie haben eine Art Barrikadenfunktion. Denn Daria hat beschlossen, die Regeln unseres Zusammenlebens neu zu definieren und nimmt – wie selbstverständlich – nicht mehr auf der Hundecouch, sondern auf der Menschencouch Platz.

      Ich wies sie schroff auf den Irrtum hin. Sie verzog sich, um Minuten später auf demselben Platz zu thronen. Also legte ich die Couchtische aufs Menschensofa, um es ihr möglichst unbequem zu machen (das ist zwar auch für die Menschen unbequem, aber in der Beagle-Erziehung müsse man kompromisslos sein, heißt es).

      Auf die Gefahr hin, als Hundehasserin dazustehen: Ich finde, es darf Orte geben, an denen Hunde nichts verloren haben. Etwa, weil ich mich dort hinlegen will, ohne dass mir währenddessen ein Fell wächst. Der Beagle haart immer und überall. Und Menschenkleidung zieht, wie übrigens auch die menschliche Haut, Hundehaare magnetisch an. Daher gibt es bei uns hundefreie Zonen wie das helle Wohnzimmersofa.

      Oder das Bett. Der verstorbene Kammersänger und Hundenarr Heinz Holecek soll ja gesagt haben: »Es gibt zwei Arten von Hundebesitzern, solche, die zugeben, dass ihr Hund im Bett schläft, und solche, die es leugnen.« Aber da hat er mich nicht gekannt. Ich schlafe bestens im Bett, während der Hund nebenan im Körbchen schnarcht.

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      Mitunter staune ich. So etwa, als wir dieser Tage mit Darias hübscher Hundefreundin Alina einen Spaziergang machten, die Hunde sich im Misthaufen wälzten und Alinas Herrl, ein gestandener Manager, seinen Hund mit den Worten ermahnte: »Alina, wenn du heute nicht duschst, kommst du mir nicht ins Bett!«

      Aufgrund meines lautstark fragenden Blicks erklärte er mir, dass seine Frau dies zwar nicht gern sehe, der Hund aber im Bett einfach besser schlafe.

      Daria hörte alles mit. Am Abend wollte sie ins Bett. Ich sagte: »NEIN.« Da schlich sie zum verbotenen Sofa und quetschte sich zwischen die beiden Couchtische.

      Guter Rat ist nicht geheuer

      Unter uns: Ich habe eine Schwäche für Ratgeber-Literatur. Das behalte ich aber lieber für mich, seit diese Neigung einen mehrtägigen Lachkrampf bei meinem Sohn hervorgerufen hat.

      Es war vor fünf Jahren: Familienurlaub in Griechenland, luftiges Strandhaus ohne Innenwände. Plötzlich schallendes Gelächter von der Balustrade oberhalb meines Bettes. Der Sohn hat die Urlaubslektüre auf meinem Nachtkästchen erspäht: »Die kompetente Familie«, ein wunderbarer Elternratgeber des von mir sehr geschätzten Jesper Juul. Der Sohn scheint das weniger zu schätzen und hält sich den Bauch vor Lachen: »WAS? IHR ERZIEHT UNS NACH EINEM BUCH?« Seine Schwester hebt nur verächtlich die Braue. Touché! Ich packe das Buch in meinen Koffer und lese Ratgeber seither im Geheimen.

      Dann kam Daria. Und mit ihr die Hunderatgeber. Nein, umgekehrt: Der Hund war noch gar nicht geboren, da türmten sich bei uns schon die Bücher: »Mit Hunden sprechen« / »Mit Hunden leben« / »Ratgeber für ein glückliches Beagle-Leben« / »Die große Welpenschule« / »Die kleine Welpenschule« / »Welpen richtig erziehen« / »Welpen richtig halten« / »Erfolg durch das Rudelkonzept« …

      Wir hatten ein Rudel Bücher, noch keinen Hund und stritten bereits über dessen Erziehung. Die Kinder fanden es nämlich »urpeinlich«, sich »von Büchern Vorschriften machen zu lassen«.

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      Als Daria da war, folgten wir dennoch den Ratgebern: »Kein Füttern bei Tisch, damit der Hund nicht bettelt.« – Den Kindern fiel ständig das Essen unter den Tisch. »Keine Abschiedsszenen, damit der Hund lernt, dass Sie gehen und wieder kommen.« – Die Kinder machten vor der Schule täglich eine herzzerreißende Szene.

      Da fand ich in einem Ratgeber den Satz: »Die Beteiligung von Kindern ist eines der schwierigsten Elemente bei der Hundeerziehung.« – Ich fühlte mich endlich verstanden. Die Kinder lachten mich aus.

      Einige Tage später sah ich, wie sie über einem YouTube-Video die Köpfe zusammensteckten: »Was tut Ihr da?« – »Wir schauen nur nach, wie wir Daria ›Gib Pfote!‹ beibringen können.« – »IHR VERWENDET EINEN RATGEBER!« Mein Triumphgeheul schallte durchs Haus. Die Kinder schüttelten die Köpfe: »Nein, Mama, das ist kein Buch.«

      »Ganz schön kritisch«

      Aus dem Blickwinkel eines Kindes,


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