Ein Beagle namens Daria. Birgit Braunrath

      »Heute ist mein 10. Tag bei der neuen Meute. Ich habe meine Mama immer noch nicht gefunden und langsam denke ich auch nicht mehr, dass ich sie je wiedersehen werde. Eigentlich sind diese Leute aber ganz nett, und ich glaube, dass ich mich daran gewöhnen könnte, hier zu leben.

       Ich wachte heute, wie an jedem Tag, durch einen ohrenbetäubenden Piepston auf. Die große, nette Frau rollte sich bei dem Lärm, wie immer, in ihrem großen Körbchen herum und stieg dann langsam heraus. Danach ging sie eine steile Stiege nach oben. Ich wundere mich immer, wie sie da raufkommt. Denn wenn ich raufgehen will, ist ein Gitter davor, das die Frau irgendwie öffnen kann, ich aber nicht. Als sie oben war, raunzte dort jemand, wie immer. Nach einiger Zeit kamen der Bub und das Mädchen herunter. Zuerst rannten sie auf mich zu, wie immer, dann quietschen sie wahnsinnig laut und drückten mich zusammen. Eine riesige Aufregung …«

      So ging das dahin: Daria diktierte dem Mädchen Satz für Satz, wie anstrengend das Zusammenleben mit den beiden Kindern für sie sei. Der Deutschlehrer fand den Beitrag sehr gelungen, merkte jedoch an: »Ganz schön kritische Sicht auf die lauten Kinder ;-)«

      Das Mädchen nickte zustimmend –, um sich bei nächster Gelegenheit erneut »quietschend« auf den kleinen Hund zu stürzen und ihn wie wild zu drücken. Daria nahm das wohlwollend zur Kenntnis. Inzwischen hat sie sich längst daran gewöhnt, dass in ihrer Meute Platz für alle ist: die Lauten und die Sehr-Lauten, diejenigen, die sie mit Liebe überschütten, und die, die sie vor lauter Liebe fast zerdrücken.