die Nacht, der Falter und ich. Elisabeth Steinkellner

die Nacht, der Falter und ich - Elisabeth Steinkellner


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href="#uee41d632-3158-57c6-8dec-50785f3d6027">all das und noch viel mehr

       Beeren

       Farbenspiel

       fern

       Tränenlast

       Mondscheinsonate

       Wortschatz

       Besserwisser

       ganz im Moment

       am Ziel

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im Sommer image

      Vorboten

      wenn meine Füße

      den Schlurfgang gegen

      den Hopserschritt tauschen

      und meine Fingerspitzen

      tagelang wohlig kribbeln

      wenn meine Haut schuppt

      und darunter sattes Grün

      zum Vorschein kommt

      und durch meinen Bauch

      ein Bienenschwarm fegt

      dann liegt etwas in der Luft

      etwas winterlang

      Ersehntes

      Schwalben / 1

      knallpink

      springen die Tabletten

      über den Tisch

      klak-klak-klak-klak-klak

      deine Hand kommt ihnen

      nicht flink genug hinterher

      eine rollt über die Kante

      und landet auf dem Boden

      direkt vor deinem Fuß

      ich bücke mich danach

      hebe sie auf und

      lege sie zu den anderen zwei

      in deine faltige Hand

      mit einer schnellen Bewegung

      wirfst du alle in den Mund

      und spülst mit Malzkaffee nach

      Linde-Kaffee, wo früher

      kleines Spielzeug drinnen war

      Tiere oder Puppenmöbel

      die Tiere bekam mein Onkel

      die Möbel meine Mutter

      es waren viel öfter

      Tiere drin

      schau, sagst du

      die Schwalben sind schon da

      heute Morgen hat mich

      ein Rotkehlchen geweckt

      ich habe seit Jahren

      kein Rotkehlchen mehr gesehen

      sage ich und du schaust mich

      verwundert an und fragst:

      kennen wir beide uns?

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      Erdbeerkiwikarussell

      Im Bus ist es stickig. Jemand öffnet ein Fenster und sofort spüre ich den kühlen Wind im Haar. Durch die Scheibe scheint die Sonne, wärmt meine Arme, lässt die feinen Härchen glänzen und die Haut wohlig kribbeln. Die Hitze macht mich träge, das aufgekratzte Lachen ringsherum verschwimmt in meinen Ohren zu einem monotonen Rauschen. Ich lehne meinen Kopf gegen die Fensterscheibe und mache die Augen zu.

      Als unsere Station kommt, stupst du mir mit dem Ellbogen in die Seite, stehst auf und drängst dich an denen vorbei, die wie üblich die Türen verstellen. Ich bin ein wenig benommen, stolpere fast, folge dir aber dicht hinterher.

      Draußen heben wir die Arme und strecken sie weit vom Körper weg, damit der Wind in unsere Shirts fahren und unsere Achseln kühlen kann. Die Pullis verstauen wir in den Rucksäcken, und dann machen wir uns auf den Heimweg.

      Eine ungewohnte Gemächlichkeit hat sich über alles gelegt, über die Dorfstraße, auf der die Sonne liegt und schläft, und über die Häuser, aus deren geöffneten Fenstern leise Radiomusik in unsere Richtung schwappt. Mittagstischgerüche wehen uns um die Nase, machen uns hungrig, und du bleibst stehen und kramst aus deinem Rucksack einen Schokoriegel hervor. Wickelst ihn halb aus dem Papier und beißt hinein. Dann hältst du ihn mir hin, ich koste, dann wieder du, dann wieder ich.

      So schlendern wir dahin, mitten auf der Straße, auf der fast nie ein Auto kommt, und die Fliederbüsche hängen ihre schwer behangenen Zweige aus den Gärten und uns vor die Nasen. Und wir sind wie benebelt von dem süßlichen Duft. Eine Kirchturmuhr wirft uns dumpf zwölf Schläge zu und in einer Einfahrt, an der wir vorbeikommen, liegt eine dreifärbige Katze und döst.

      »Wünsch dir was«, fordere ich dich auf.

      »Wie?«, fragst du und siehst mich verständnislos an. »Von dir?«

      »Nicht von mir, vom Universum«, erkläre ich. »Man darf sich doch was wünschen, wenn man eine dreifärbige Katze sieht.«

      Du überlegst. Eine ganze Weile.

      »Ich weiß schon«, meinst du irgendwann, da sind wir längst an der Katze vorbei, »ich wünsch mir, dass das ganze Jahr aus lauter Tagen wie heute besteht.«

      »Aber man darf den Wunsch nicht laut sagen, sonst geht er nicht in Erfüllung«, werfe ich ein.

      »Tut er ja sowieso nicht«, lachst du.

      »Stimmt«, gebe ich zu. »Leider.«

      »Aber die Vorstellung«, sagst du, »die ist echt gut.«

      »Was ist eigentlich das Besondere an Tagen wie heute?«

      Du überlegst wieder.

      »Keine Ahnung«, meinst du schließlich, »vielleicht dass sie so gut sind, dass es gar keine Worte dafür gibt. Man müsste glatt neue erfinden.

      So wie rundquergestreift oder zirkuszinnoberrot oder …«

      »Erdbeerkiwikarussell!«, rufe ich.

      »Genau«, grinst du.

      In diesem Moment tritt ein Mann aus einem Haustor und als wir an ihm vorbeigehen, rufe ich ihm übermütig zu: »Guten Erdbeerkiwikarussell-Tag!«

      Der Mann sieht uns verständnislos an und neben mir wirfst du den Kopf in den Nacken und brichst in schallendes Gelächter aus. Dann streckst du wie zur Erklärung die Arme zur Seite und beginnst, dich am Stand zu drehen, immer schneller und schneller.

      »Erdbeerkiwikarussell«, jauchzt du, und ich


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