Catch and Kiss. Jennifer Schreiner

Catch and Kiss - Jennifer Schreiner


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einreihte. Das konnte doch alles einfach nicht wahr sein!

      War es aber leider.

      »Hallo, Frischfleisch!« Eine Hand fuhr über meinen Rücken und verharrte knapp oberhalb meines Poansatzes, sodass ich mich gezwungenermaßen zu der Frau umdrehte. Sie lächelte mich an. Nur ihr Blick strafte ihre Lippen Lüge und untermauerte Hobbs` These, dass sich nur Verbrecher und Kriminelle hier aufhielten. Hobbs. Ich versuchte es zu machen wie er und mein Gegenüber emotionslos und von oben herab zu betrachten, ohne meine Gedanken preiszugeben. Leider war mein Mund in diesen Plan nicht eingeweiht und meinte: »Ist ein ziemliches Klischee, oder?«

      Schlagartig verschwand das Lächeln und machte dem Platz, was ich bereits in den Augen der Frau gelesen hatte: Wut.

      »Wen nennst du Klischee?«, fauchte sie und baute sich noch ein wenig imposanter vor mir auf, was gar nicht so einfach war, da sie meine Größe hatte – aber doppelt so breit war.

      Die anderen Frauen, die um uns in der Reihe gestanden hatten, brachten geistesgegenwärtig einige Meter zwischen uns und sich, bildeten aber einen Kreis um das sich anbahnende Schauspiel.

      »Was willst du machen? Wir sind hier nicht eine einzige Sekunde lang unbewacht«, behauptete ich, da ich bislang noch keinen Moment Privatsphäre gehabt hatte – oder das Gefühl, ich könnte welche bekommen.

      »Mehr als eine Sekunde brauche ich auch nicht!«, konterte die Frau und bewies ihre Aussage mit einem Schlag in meine Richtung. Naiverweise hatte ich nicht damit gerechnet und obwohl ich schnell auswich, erwischte sie mich. Genau wie ich sie. Ich bekam ihre Schlaghand zu fassen und nutzte den Schwung der Angreiferin, um ihren Arm auf den Rücken zu drehen und sie zu Boden zu drücken. Keine Sekunde zu spät, da einige andere Frauen aus dem Kreis der Zuschauer heraustraten und eingreifen wollte.

      »Stopp!« Ich setzte der Frau einen Fuß in den Nacken, was an sich schon allein wegen der potentiell dauerhaften Beschädigung der anderen Person ein Höchstmaß an Konzentration und Gleichgewichtssinn erforderte. Allerdings war mir eine mögliche Beschädigung in Anbetracht der Umstände und der akuten Bedrohung ziemlich egal. »Das würde ich nicht machen!«

      Zum Glück für die Angreiferin – und auch für mich – blieben die Frauen tatsächlich stehen. Dafür traf mich der Taser der Wache vollkommen unvorbereitet und ich ging, mehr oder weniger auf der anderen Frau, zu Boden – und gönnte ihr den sie treffenden Taser-Stromstoß von ganzem Herzen.

      Aber trotzdem. .. Shit! Wer hätte gedacht, dass das so weh tun würde?

      Als ich wieder erwachte, waren die Kopfschmerzen immer noch da. Oder schon wieder? Ich blinzelte verwirrt und erst nach und nach kristallisierte sich das, was ich sah, zu einem Bild zusammen.

      »Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt?«, meinte Hobbs, der sich über mich beugte und dessen Stimme irgendwie gelangweilt klang.

      Hatte er gerade eine Foto von mir gemacht mit einer Zeitung? Oder war er einfach nur als guter Retter erschienen? Seine Stirn war gerunzelt und jedem anderen Mann hätte ich abgenommen, dass er sich Sorgen machte, aber ihm nicht. Dazu waren seine Augen zu unbeteiligt.

      Selbst als er sein weißes Einstecktuch – wer trug heute noch Einstecktücher? – aus seiner Anzugjacke zog und es in meine Richtung streckte, kam ich nicht umhin, mich zu fragen, ob ich zu misstrauisch war oder einfach nur verwirrt. Trotz der Ermanglung einer Antwort auf diese Frage konnte ich mich nicht rühren, nur auf seine näherkommende Hand starren. Eine schöne Hand mit sehr gepflegten Nägeln und einem blütenweißen Tuch.

      Nachdenklich tupfte ich ihr das Blut vom Kinn und dachte daran, dass immerhin ich einen Vorteil aus dem Vorfall ziehen konnte: Ich konnte mir den Aderlass sparen, der beweisen würde, dass meine Gefangene noch lebte.

      Schmunzelnd betrachtete ich den kleinen Cut an der Unterlippe und tupfte auch dort das Blut fort. Ungleich sanfter, obwohl sie weder zurückwich noch zusammenzuckte.

      Schöne Lippen, dachte ich und überlegte, ob die dazugehörige hübsche Gefangene unter Schock stand. Einen Moment lang spielte ich mit dem Gedanken, sie erst zum Arzt zu bringen, bevor ich die obligatorische Strafe verhängen musste, dann verwarf ich die Überlegung. Es war nur ein einziger Schlag gewesen und er hatte sie nur gestreift. Damit hatte sie bewiesen, dass sie gut ausweichen konnte – zumindest einem Schlag, wenn auch keinem Konflikt. Anscheinend gehörte sie zu den Menschen, die Probleme anzogen, statt ihnen aus dem Weg zu gehen und dem musste ich so schnell wie möglich Einhalt gebieten.

      »Bringt sie in die Dunkelkammer!«, befahl ich deswegen und wappnete mich innerlich gegen den Protest der Geschlagenen.

      Wie in Trance stand ich auf und folgte den Männern. Mein ganzer Körper schien immer noch unter Strom zu stehen und zu vibrieren. Das musste eine Nachwirkung des Tasers sein. Wer hätte gedacht, dass etwas so scheinbar humanes, in den Medien so sehr gepriesenes, so fies sein konnte?

      Erst nach wenigen Schritten fiel mir auf, dass Hobbs nichts von der Dauer meiner Strafe gesagt hatte. Wie lange sollte ich in der Kammer bleiben? Eine Stunde? Ein Tag? Eine Woche? Wie lange konnte so eine Strafe sein? Nur zu gerne hätte ich gefragt, war mir aber sicher, dass jeder Laut meinerseits für eine Verlängerung der Strafe sorgen würde. Zu deutlich konnte ich den lauernden Blick des Direktors förmlich in meinem Rücken spüren.

      Trotzdem wurden meine Schritte mit jedem Meter den ich ging unsicherer, meine Knie weicher. Als die Kammer endlich vor mir lag, einem dunklen Loch gleich, welches aus einem Alptraum entsprungen schien, musste ich mich überwinden, um durch die offene Tür zu gehen. Deswegen schloss ich auch nahezu gegenwärtig die Augen und überließ mich einen Moment lang der Vorstellung zu Hause zu sein und in Sicherheit. Doch das war nicht nur sinnlos, sondern auch gefährlich. Wenn ich diesem Gedanken nachgab, würde mich meine Vorstellungskraft in den Wahnsinn treiben und meinen Willen brechen. Vielleicht nicht schnell und nicht sofort, aber langsam aber sicher würde es mich zermürben. Etwas, was ich ganz sicher nicht zulassen würde. Nie und unter gar keinen Umständen.

      Ich sah zu, wie die Gefangene die Kammer betrat und sich versuchte zu orientieren, solange sie noch etwas sah. Dann fiel die Tür hinter ihr zu und hinterließ sie in vollkommener Dunkelheit. In diesen wenigen Sekunden konnte sie nicht gesehen haben, wo sich was in ihrer Kammer befand. Normalerweise war das der Moment, in dem sich die Bestraften erst einmal auf das Bett setzten, das sich in dem schmalen Streifen des hereinfallenden Lichts befunden hatte. Doch Dank der Wärmebildkamera, die über dem Eingang hing, konnte ich sehen, dass dieses Exemplar anders war und sie sich langsam an der Wand entlangtastete, um zu prüfen, wie die Kammer beschaffen war. Eine exakte Kopie des normalen Gefängnisraumes – nur eben ohne Licht.

      Erst dann legte sie sich auf das Bett.

      Als ich meine nächste Runde begann, startete ich im Kontrollraum, prüfte auf den Monitoren die normalen Zellen, verglich die Zeiten und Abläufe des Personals und der Organisation und wechselte dann zu den Strafzellen.

      »Wie lange ist sie wach?«, erkundigte ich mich bei dem wachhabenden Kontrolleur, da die Bestrafte wider Erwartens bereits wieder auf den Beinen war.

      »Sie hat drei Stunden geschlafen.«

      Ich seufzte innerlich, ließ die Antwort aber stehen, obwohl ich das gar nicht gefragt hatte. Stattdessen rechnete ich und kam zu dem Ergebnis, das die Gefangene schon seit einer halben Stunde wach sein musste. Und immer noch gab es keinen Laut von ihr, kein Bitten um Strafmilderung!

      »Was macht sie?« Ich beugte mich vor und schaltete den Zoom ein.

      »Sieht aus wie ein Fitnessprogramm«, meinte der Mann neben mir und schaffte es gleichgültig zu klingen.

      »Ein Fitnessprogramm?«, wiederholte ich und starrte das Wärmebild an. Tatsächlich bewegte sich die Gefangene auf dem kleinen Raum und schien genau zu wissen, wie viel Platz sie hatte. Machte sie Yoga?

      Ich versuchte das Bild deutlich zu bekommen,


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