Halt. Michael Donkor

Halt - Michael Donkor


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müssen Sie also bitte vervollständigen, Miss Belinda. Was noch?«

      »Viele tolle Geschenke von Aunty, Uncle und ihren Gästen Nana und Dr. Otuo. Viele. Aber … Ich werde sie aber wissen lassen, dass sie sich was anderes überlegen sollen. Denn warum sollte ein garstiges kleines Mädchen schöne Dinge bekommen?«

      »Die Frage ist zu einfach. Garstige Leute kriegen die ganze Zeit was Schönes. Guck dir Uncle an. Er furzt in der Nacht, er furzt am Nachmittag, und dann gibt er die Schuld Gärtner oder sonstwem, der so vorbeikommt.« Mary warf die Arme hoch. »Trotzdem kriegt er immer noch Schätze aus England und hat diesen Riesenpalast, in dem er mit seinem eigenen Generator wohnt, mit dir und mit mir besitzt er gleich zwei Hausmädchen, und ständig kommen reiche Besucher vorbei.«

      »Ha! Uncle hat nie gefurzt, nie im Leben! Das nimmst du zurück.«

      »Was krieg ich noch für schöne Dinge?«

      »Wart’s ab«, sagte Belinda.

       2

      Später an diesem Morgen warteten sie, Belindas Gefühl nach stundenlang, in der sengenden Sonne am Ende einer langen Schlange vor den Toren des Zoos von Kumasi. Sie standen hinter drei Krankenschwestern mit mächtigen Hinterteilen, die sich die Zeit vertrieben, indem sie immer wieder das alte Kirchenlied über die Kraft von Gottes beständiger Liebe summten. Mary spielte mit den grünen Perlen in ihrem Haar, von Belinda eingeflochten, nachdem die Kleine versprochen hatte, sie nie wieder heimlich beim Duschen zu beobachten. Während sich die Wartezeit hinzog, zertrat Mary die Reste von Bananenlaub unter ihren Sandalen und plapperte pausenlos. Belinda hörte bei diesem wortreichen Überschwang mal zu, dann wieder weg. Gerade war Mary der festen Überzeugung, dass eine der größeren Wolken über ihnen so geformt war wie ein dicker Mann, der sich vorbeugt, um seine Zehen zu berühren.

      Als sie bei der Hostess im bröckelnden Kassenhäuschen anlangten, zog Belinda Cedi-Scheine aus dem Bündel, das Nana und Aunty ihr gegeben hatten, und zählte sie ab. Während sie bezahlte, fiel ihr auf, dass Mary verstummt war. Sie beobachtete, wie Mary die Hostess anstarrte. Ihr Blick war so ernst und ruhig, dass sie viel älter wirkte als elf. Er wanderte von den Händen der jungen Frau, die auf einem Stapel Broschüren ruhten, zu den glänzenden Abzeichen auf ihren Schulterstücken und landete schließlich auf ihrem Käppchen.

      »Madam«, sagte Mary und strahlte auf einmal über das ganze Gesicht, »ich muss Ihnen sagen, dass Ihr Hut sehr schick und schön ist. So passend und angemessen. Mir gefällt dieser goldene Rand, er hat das gewisse Etwas. Ich gratuliere Ihnen herzlich zu diesem Hut.«

      »Solch lobende Worte lob ich mir.« Die Hostess beugte sich vor, und nun, da ihr Gesicht aus dem Schatten des Kassenhäuschens ragte, konnte Belinda ihre Züge besser erkennen: Nase und Wangenknochen waren ungewöhnlich fein, und ihre Tressen hatten einen schönen Glanz. »Welch höfliche, wohlerzogene junge Dame wir an diesem herrlichen Tag hier willkommen heißen dürfen. Wa ye adeɛ

      Mary straffte die Schultern. »Dieser Hut – er sieht aus wie aus einem sehr besonders schönen Stoff gemacht. Stimmt das? Dürfte ich ihn bitte mal anfassen? Ich pass auch gut auf.«

      »Aba!« Belinda zog an Marys Bluse. »Wir sind nicht hergekommen, um diese Dame bei ihrer wichtigen Funktion zu stören. Lass uns bitte weitergehen.«

      »Das stört mich gar nicht. Gerade sehe ich hinter Ihnen keine weiteren Besucher«, sagte die Hostess freundlich.

      »Gar nicht stört sie das, siehst du.« Mary ahmte die gelassene Haltung der Hostess perfekt nach, zuckte mit den Schultern und streckte die Hand aus. Belinda konnte sehen, wie gut die steife Beschaffenheit des Huts ihr gefiel. Dann fragte Mary die Hostess, wie lange sie schon im Zoo arbeitete und was sie an ihrer Arbeit am meisten liebte und was am meisten verabscheute und welche Tiere den meisten Ärger machten. Belinda zog die Schultern hoch und zupfte an dem affigen Rüschenkleid, zu dem Nana und Aunty ihr geraten hatten, weil es sich doch um einen wichtigen Anlass handelte. So sehr Belinda sich bewusst war, dass sie noch Wichtiges zu erledigen hatte und es schnell erledigen wollte, ließ sie Mary gewähren. Das schien ihr nur fair zu sein.

      Die Hostess nahm ihr schickes Käppchen ab und setzte es Mary schräg auf den Kopf. Es war ihr viel zu groß. Das fanden beide sehr lustig. Die Hostess pfiff und rief einen Kollegen – einen dünnen Mann mit kantigem Afro und wunden Stellen um den Mund – herbei, der ihren Platz im Kassenhäuschen übernehmen sollte, bevor sie Belinda und Mary eine Führung anbot. Wieder zupfte Belinda an ihrem Kleid und hielt dann inne, aus Angst, es könnte reißen.

      Sie wünschte, Spaß zu haben würde ihr leichter fallen. Als Nana und Aunty sie ein paar Tage zuvor auf die Veranda gerufen hatten, um dieses folgenreiche Gespräch mit ihr zu führen, bekam Belinda von beiden Frauen zu hören, sie solle nicht so ein langes Gesicht machen. Nana und ihr Mann Dr. Otuo waren seit zwei Wochen im Haus. Im Lauf ihres Besuchs hatte Belinda immer wieder über ihren eigentümlichen Geschmack gestaunt, darüber, wie froh die beiden waren, wenn der Tee genau die »richtige« Temperatur hatte. Doch als sie an diesem Dienstagabend am hinteren Ende der Veranda stand, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, löste Nanas Ratschlag, sie solle doch »fröhlicher« sein, bei ihr eher Verwirrung als Staunen aus. Belinda sah keinen Grund zur Entspannung. Wenn sie und Mary abends die Teller abgeräumt und die Granit- und Marmorflächen in der Küche saubergewischt hatten, ließ Aunty sie normalerweise gehen. Danach blieben ihnen vor dem Schlafengehen zwei ganze Stunden für Spiel und Spaß. Man hatte Belinda noch nie aufgefordert, nach dem Abendessen zum Tisch zurückzukommen, und so ging sie davon aus, dass sie einen Fehler gemacht hatte – vielleicht war der egusi-Eintopf nicht richtig gewürzt gewesen.

      Während sie auf ihr Urteil wartete, hatte Belinda, leicht geblendet von den Sternen, die am Himmel prangten, und den Kerzen, die Mary und sie auf Auntys Wunsch hin überall verteilt hatten, ihr Bestes versucht, um lockerer zu werden. Sie ließ die Arme baumeln und neigte den Kopf, worauf Aunty und Nana sich schallend anlachten. Ihre klobigen Armreifen klapperten und ihre Korbsessel knarrten. Sie nippten an ihrem Gulder und dann schwiegen sie. Belinda blickte hin und wieder zu den Oleanderbäumen im Garten, die ein leichter Wind bewegte, aber dann konzentrierte sie sich aus Sorge, unhöflich zu erscheinen, so gut es ging auf die beiden Frauen. Aunty lobte Belinda, weil sie so hart und unermüdlich arbeitete, und auf einmal fühlte sich der Tabbard weniger beengend an.

      Nana nickte, wobei ihr indigoblaues Kopftuch fast verrutschte. »Stimmt, du machst dich hier sehr gut. Während unserer Ferien konnte ich mich mit eigenen Augen davon überzeugen, wie großartig du bist. Schon bevor ich hierher kam, hat deine Aunty dich in jeder einzelnen Mail gepriesen, die sie mir von ihrem iBook-PC aus schrieb, du hättest sie mal hören sollen, sie meinte, sie brauche selbst keinen Finger zu rühren, nie, und dass du immer so achtsam vorgehst und sie dank dir einen so herrlich schönen Ruhestand genießen. Ich freue mich sehr für meine teuerste Freundin.«

      »Me da ase«, sagte Belinda leise.

      Aunty lud sie ein, sich zu setzen, also setzte Belinda sich.

      Nana fuhrt fort: »Vor allem, wie du mit Mary umgehst. So klug und umsichtig. Das finde ich hervorragend. Du leitest sie an und du kümmerst dich um sie. Was für ein Segen, das zu erleben.«

      »Wie schön, das zu hören. Ich danke Gott für all die Wohltaten, die uns in diesem Haus zuteilwerden. Aunty und Uncle haben mir große Güte erwiesen. Und auch Mary. Ein Wunder, dass meine Mutter auf dem Postamt in Adum dieses Kärtchen mit dem Jobangebot entdeckt hat. Ein Wunder paaa. Ich glaube, der Allmächtige hat dazu beigetragen, dass sie mich ausgesucht haben.« Als Belinda zu Ende gesprochen hatte, war sie außer Atem. Selbst ein flüchtiger Verweis auf Mutter konnte ihre Kehle rau und trocken machen.

      Eine Weile waren alle still. Aunty spielte mit dem Kronkorken ihres Gulders, Belinda sog die Unterlippe ein. Schließlich schleuderte Nana eine Serviette auf den Tisch, als hätte diese sie irgendwie beleidigt. »Belinda. Ich spreche dich jetzt als erwachsene Frau an. Einverstanden? Ich will nicht um den heißen Brei herumreden, wa te? Ich muss zu dir offen sein, weil das nun mal unsere Art ist und immer sein wird, wa te

      »Aane


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