Mensch, Oma!. Bärbel Kempf-Luley

Mensch, Oma! - Bärbel Kempf-Luley


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Und überhaupt. So viele Pfannkuchen kann sie gar nicht backen.

      »Ja, du hast recht. Ich eigentlich auch nicht. Also, lieber Elefant. Das geht jetzt leider doch nicht. Wir haben gar nicht mehr so viele Eier. Und auch nur zwei Äpfel. Vielleicht ein anderes Mal. Nicht traurig sein.«

      Sie horcht. Nora ebenfalls.

      »Hast du gehört?«

      Nora schüttelt den Kopf.

      »Du hast es nicht gehört?«, fragt Oma nochmals erstaunt.

      »Nein, Oma. Was denn?«

      »Na, das Stampfen. Er ist weggestampft!«

      »Wirklich?«

      »Ja, ganz wirklich.«

      »Für immer?«

      »Ja. Für immer.«

      »Schade«, sagt Nora, obwohl sie erleichtert ist.

      »Ja, schade«, stimmt Oma zu. War doch eigentlich ein Netter, der Elefant. »Na, wie auch immer. Was vorbei ist, ist vorbei. Wir machen jetzt Apfelpfannkuchen.« Und das machen sie.

      Nach dem Essen endet Oma wie immer mit dem Spiel, das sie beide so mögen: »Ei, wer kommt denn da daher? Ist das wohl ein brauner Bär?« Beide klatschen mit den Händen auf den Tisch. »Oder gar ein Elefant aus dem fernen Morgenland?« Vier Fäuste donnern auf den Tisch. Einen Moment hält die Oma inne und denkt: »Oder gar ein Elefant …?« Und da begreift sie.

      Dann trippeln zwanzig Finger in Windeseile über den Tisch und kitzeln den anderen am Hals. »Nein, es ist ein kleines Mäuschen, und es kommt aus seinem Häuschen, und es macht bei Nora/Oma Kille Kille Käuschen.«

      »So.« Oma steht auf. Sie geht Richtung Flur. Dann bleibt sie stehen.

      »Ich muss mal. Und du musst mit!«

      Nora blickt zur Oma auf. »Was ist, Oma?«

      »Ich trau mich nicht.«

      »Wieso?«

      »Ich … ich glaub, im Flur sind Mäuse!«

      Nora lacht. »Mensch, Oma! Im Flur sind doch keine Mäuse.«

      »Nicht? Und du bist ganz sicher?«

      Nora nickt. Und dann gehen sie zusammen durch den Flur, in dem keine Elefanten wohnen und keine Mäuse und sicher auch keine braunen Bären.

      FAULE OMA

      »Mensch, Oma!«, schimpft Nora. »Du bist eine faule Oma!« Sie zieht die Stirn kraus und blickt die Oma streng an.

      Die Oma lümmelt auf dem Sofa und seufzt. Sie hat heute keine Lust. Zu gar nichts. Sie will nicht auf den Spielplatz. Sie will nichts malen. Sie will nicht mal was zu essen machen. Das ist doch unerhört! So hatte sich Nora das aber nicht vorgestellt.

      »Ach, Nora«, seufzt die Oma wieder. »Wenn ich doch so müde bin? Was soll ich denn machen? Nein, heute mag ich nicht. Heute bin ich faul.«

      »Ja, eine faule Socke bist du, Oma! Immer bist du eine faule Socke!«

      Jetzt zieht Oma die Stirn kraus. »Hallo? Immer bin ich nicht eine faule Socke. Nur jetzt halt mal. Ich glaube, ich brauche einen Faulsein-Doktor!«

      Nora überlegt. Sie verschwindet in die Küche. Etwas scheppert. Etwas klappert. Die Oma wird unruhig.

      »Nora? Was tust du da?«

      »Nichts, Oma! Bleib schön liegen! Du bist doch heute faul!«

      Stimmt ja.

      Nach einer Weile taucht Nora wieder auf. Sie hat die Hände voller Gerätschaften. Gerade so, dass sie alles tragen kann. Gerade so, dass ihr nicht alles aus der Hand fällt. Anstrengend. Schwer. Sie stöhnt. Oma blickt besorgt.

      »Soll ich dir helfen?«

      »Nein. Du bist doch faul heute, Oma. Ich bin der Faulsein-Doktor. Guck mal!« Sie strahlt. Und breitet ihre Gerätschaften auf dem Boden aus. Ein roter Stift. Ein grüner Stift. Ein Schneebesen. Ein Trichter. Ein Gummiband. Tesafilm. Ein Küchentuch.

      Jetzt wird Oma aber neugierig. Sie will sich aufrichten. »Liegen bleiben, Oma!«, befiehlt Frau Doktor Nora streng. »Wenn man faul ist, darf man sich nicht bewegen!«

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      Die Oma sinkt brav in ihre Polster zurück. Nun ist sie aber mal gespannt. Und ein bisschen ängstlich. Sieht irgendwie, hm, nun ja, abenteuerlich aus.

      Nora blickt sich suchend um. Das Allerwichtigste fehlt nämlich noch! Ah, da ist sie ja. Omas Lesebrille. Nora setzt sie auf die Nase. Zwar sieht sie jetzt alles ganz verschwommen, aber die Brille muss sein. Denn ohne Brille kann Frau Doktor nicht arbeiten.

      »Oma, du bleibst jetzt ganz brav liegen. Das sag ich dir.« Oma nickt.

      Der Trichter landet auf Omas Bauch. Nora horcht angestrengt.

      »Hundert, fünfzig«, lautet der Befund.

      »Muss ich sterben, Frau Doktor?«, fragt Oma.

      »Nein, nein. Alles wird gut.« Der rote Stift kommt zum Einsatz. »Gib mal deinen Arm, Oma.«

      Die will aber nicht. »Neiiin. Hilfe. Aua. Das tut weh.«

      »Oma! Ich hab doch noch gar nix gemacht«, ruft Nora und hält den roten Stift hoch.

      »Ach so.«

      »Arm her! Nicht zappeln, Oma!«, sagt das Fräulein Doktor streng. Und dann malt sie rote Striche auf Omas Arm.

      »Ich blute! Hilfe! Aua!«, schreit die Oma wieder.

      Nora ist genervt. »Mensch, Oma, jetzt stell dich nicht so an.«

      Oma reißt sich zusammen.

      Bald ist der Arm voller roter Striche. Sieht schlimm aus. Sie muss wohl doch sehr krank sein. Inzwischen hat Nora den roten Stift zur Seite gelegt und den grünen genommen. Bald verschwinden die roten Striche unter den grünen. Ein brauner Mischmasch entsteht. Schön sieht das nicht aus. Frau Doktor aber ist sicher: »Bald bist du wieder gesund, Oma!«

      Na dann. Und ab jetzt schweigt Oma, ist sehr brav und lässt die Behandlung über sich ergehen. Über dem rot-grün-braunen Farbmischmasch klebt sehr schnell Tesafilm. Nun noch ein bisschen den Bauch mit dem Schneebesen behandeln. Das kitzelt. Oma kichert. Frau Doktor blickt streng durch ihre Brille, Oma hält still. Zuletzt wickelt Nora das Küchentuch um Omas bunten, verklebten Arm. Und darüber das Gummiband. Sie deckt die Oma noch gut zu. Fertig. Die Brille setzt sie ab und legt sie auf den Tisch.

      »So, Oma. Jetzt geht’s dir wieder gut.«

      Oma horcht in sich hinein. Tatsächlich. Schon viel besser. »Nur noch einen Moment ausruhen, ja?«, fragt sie. Nora nickt und quetscht sich neben Oma auf das Sofa. Es ist eng, es ist warm, es ist kuschelig. Eine Weile sind beide ganz still. Dann sagt Oma:

      »Und? Was machen wir jetzt? Wollen wir auf den Spielplatz?«

      Nora schüttelt den Kopf.

      »Malen?« Nora schüttelt den Kopf.

      »Na, was denn dann?«

      »Ich weiß nicht. Ich bin müde.« Noras Stimme klingt matt.

      »Mensch, Nora. Habe ich dich angesteckt?«

      Nora nickt.

      »Und was machen wir da? Soll ich dich auch behandeln?«

      Nora schüttelt den Kopf.

      »Hm. Ein schwerer Fall von Fauler Socke«, sagt Oma und denkt eine Weile nach. »Ich hab’s!«, ruft sie. »Wie wär’s mit Apfelpfannkuchen?«

      Nora strahlt und nickt. Diesmal begeistert. »Au ja. Oma, ich hab sooo Hunger.«

      »Ich auch«, fällt Oma auf.


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