Resist Me - Widersteh Mir. Chelle Bliss
wäre ich ins Bad gerannt und hätte mich übergeben, doch ich blieb auf dem Bett und wartete mit geschlossenen Augen auf meinen Bruder.
Als die Badezimmertür aufschlug, schreckte ich hoch. Ich setzte mich schnell auf und sah, wie Tommy mich anstarrte.
Ich zwang mich zu einem Lächeln und neigte den Kopf zur Seite. „Alles okay?“ Meine Stimme klang heiser, als ich meine unbändige Neugier unterdrücken wollte.
„Geradezu wunderbar“, knurrte er und ging ans Fenster, sah hinaus, indem er durch die vergilbten Vorhänge spähte. „Wie gut kennst du James?“, fragte er und drehte sich zu mir um.
„Äh …“, sagte ich. Verdammt. Lüge! Sag ihm nicht die Wahrheit. „Ich habe ihn an Joes Hochzeit getroffen. Er hatte deine Karte gebracht und wir hatten ein paar Drinks zusammen.“ Ich hielt das künstliche Lächeln aufrecht und sprach schnell, um nicht an meinen Worten zu ersticken.
„Nur ein Drink?“
„Oder zwei.“ Ich hob die Augenbrauen. Himmel, ich war furchtbar in der Engelsnummer.
„James schien sehr daran interessiert, dir zu helfen. Vielleicht ist er sogar ein bisschen zu scharf drauf.“ Er stellte sich vor mich.
Ich sah zu ihm hoch. Er konnte bedrohlich sein, doch er war immer noch nur mein Bruder. Ich hatte nichts von ihm zu befürchten. Trotzdem würde ich ihm auf keinen Fall von meiner Nacht mit James erzählen.
„Er ist dein Freund, Tommy. Natürlich will er dir helfen. Du hast ihn um einen Gefallen gebeten, und wie jeder gute Freund hat er zugestimmt.“
Tommy schüttelte den Kopf und grinste. „Du warst noch nie eine gute Lügnerin, Izzy. Ich werde ihm in den Arsch treten, sollte er sich an dich ranmachen.“ Er hob eine Braue und ein Muskel zuckte an seinem Kiefer. „Niemand fasst meine Schwester an“, sagte er warnend und das kleine Grinsen war verschwunden.
„Thomas, ich bin kein Kind mehr. Wir hatten ein paar Drinks und selbst wenn ich mehr wollte – was ich nicht will – würde es dich nichts angehen.“ Ich stand auf und stach ihm zur Bekräftigung mit dem Finger in die Brust.
Er senkte den Blick auf meinen Finger. Ein tiefes Lachen machte sich den Weg frei. Er warf den Kopf nach hinten und lachte lauthals. Dann sah er mich an. „Izzy“, sagte er, umfasste mein Gesicht und in seinen blauen Augen schimmerten Lachtränen. „Das war das Witzigste, was du je von dir gegeben hast.“
„Was soll das heißen? Das war nicht witzig!“ Ich bohrte den Fingernagel noch tiefer in seine Brust. „Ich bin jetzt eine erwachsene Frau, falls es dir entgangen sein sollte. Ich treffe meine eigenen Entscheidungen.“ Ich sah ihn fest an.
Er wischte sich die Lachtränen fort und schüttelte den Kopf. „Du wirst immer meine kleine Schwester bleiben. Und Flash werde ich in den Arsch treten.“ Sein Lachen erstarb. „Er wird nicht wissen, warum, aber ich werde es tun. Er wird dafür bezahlen, dass er dich angefasst hat, denn er ist dich nicht wert.“
„Flash ist nur ein Freund.“ Das war nicht gelogen.
„Er hat dich flachgelegt, Schwesterchen. Versuch nicht, mich zu verarschen.“ Er sah mich ernst an und beobachtete genau meine Körpersprache. „Er wird dafür bezahlen.“
Ich seufzte und atmete die Luft aus, die ich angehalten hatte. „Mir egal.“
„Und James fasst dich besser auch nicht an.“
„Ich will gar nichts von James. Ich dachte immer, ihr Jungs seid schlimm, aber er lässt euch wie Kirchenknaben wirken.“
Tommy zog die Augenbrauen zusammen. „Und all das weißt du nach ein paar Drinks?“ Er knirschte mit den Zähnen. Der Klang jagte einen Schauder über meinen Rücken.
„Ganz genau.“ Mehr sagte ich lieber nicht. Ich wollte nicht seine Großer-Bruder-Sinne aktivieren, dass James mich ins Nirwana gefickt hatte.
„Schwörst du es?“
„Yep.“
Er seufzte und nahm mich in die Arme. Dann küsste er mich auf die Schläfe und seine Wärme fühlte sich wunderbar an. Er war mein Bruder und ich wusste endlich, dass er am Leben und in Sicherheit war.
„Wir gehen in zehn Minuten. Und wir müssen es glaubhaft aussehen lassen, Izzy.“
Ich sah zu ihm auf. „Wie meinst du das?“ Ich runzelte die Nase und dachte darüber nach.
„Sie müssen glauben, dass wir Sex hatten.“
„Verdammt“, murmelte ich und kaute an einem Fingernagel.
Wir verschmierten meinen Lippenstift, rissen mein T-Shirt unten ein und zerzausten meine Frisur. In der Bar war es düster und das musste reichen. Das Wichtigste würde mein Verhalten sein.
„Tu nicht so, als ob du mich magst, aber hassen darfst du mich auch nicht. Zwar hängst du nicht an Flash, aber du hattest schließlich keine Wahl, mit mir zu gehen oder nicht.“
„Ich liebe dich, Brüderchen. Du bist süß, und ich hätte ja Rebel nicht vögeln müssen.“
„Sag nicht vögeln und Rebel zusammen in einem Satz.“ Er schüttelte sich und öffnete mir die Tür. „Wenn wir da sind, sei einfach still und lass mich reden. Ich will, dass wir so schnell wie möglich da rauskommen, damit James dich aufsammeln kann.“
Ich seufzte, wünschte, diese Nacht wäre schon vorbei und ich wäre in meinem Bett, zu Hause an der anderen Küste. „Du weißt doch, wie gut das bei mir klappt mit dem still sein, Tommy.“
Er hielt abrupt inne und drehte sich um. „Von jetzt an bin ich nicht mehr Tommy. Ich heiße Blue. Himmel noch mal, Izzy, sei ein Mal für mich still!“ Er ging weiter.
„Männer sind scheiße“, murmelte ich.
An seinem Bike drehte sich Tommy zu mir um. „Wir werden uns eine Weile nicht mehr sehen, Iz. Auch wenn ich sauer bin, dass du hier bist, habe ich mich trotzdem gefreut. Ich hab dich vermisst, Schwesterchen.“ Er sah mich liebevoll an und breitete die Arme aus.
Ich sah mich um, unsicher, ob wir beobachtet wurden und ob ich ihn umarmen durfte.
„Schon gut. Komm her.“ Er winkte mich zu sich.
Ich umarmte ihn und klammerte mich an ihn. Was, wenn ich ihn nie wiedersehen würde? So durfte ich nicht denken. Thomas war der härteste Kerl, den ich kannte. Wenn jemand all den Scheiß durchmachen und lebend herauskommen konnte, dann war er es.
„Du wirst mir fehlen“, sagte ich und schluckte meine Tränen. Ich umarmte ihn fester und rieb mein Gesicht an seinem T-Shirt. „Komm bald nach Hause.“
Er ließ mich los und wischte mir mit dem Daumen eine Träne von der Wange. „Nicht weinen. Ich schaffe das schon.“ Er grinste und seine schönen blauen Augen strahlten im Straßenlicht. „Lass es uns hinter uns bringen, damit ich weiß, dass du in Sicherheit bist. Hör auf James und mach, was auch immer er sagt, Izzy. Er wird auf dich aufpassen.“
Ich verdrehte die Augen und konnte nicht verbergen, dass ich von dem Spruch genervt war. Ich ließ die Schultern hängen, als ich daran dachte, mit James egal wie kurz zusammen sein zu müssen. Es würde chaotisch werden.
„Na gut“, versprach ich im Sing-sang-Ton und setzte mir den Helm auf. „Es gefällt mir zwar nicht, aber ich werde versuchen, brav zu sein.“
„Er kann dich am Leben halten. Denk immer daran.“ Er setzte sich auf die Harley und drehte den Schlüssel um.
„Verstanden.“ Ich setzte mich hinter ihn und schlang die Arme um ihn. Ich lehnte die Wange an seinen Rücken und er startete, zurück zu den Männern. Das war geschmeichelt. Es handelte sich eher um Tiere, die sprechen konnten.
Hätte mein Bruder die schmutzigen Details meiner Nacht mit James gekannt, hätte er nicht verlangt, dass ich all seine Befehle befolgte. James hatte mich nach der Hochzeit nicht kontaktiert, wofür ich dankbar war. Ich hatte ihm nicht aus dem Weg gehen oder ihn auf dem Handy