Die Weltportale (Band 3). B. E. Pfeiffer
ist mit dir?«, fragte Lucius, der neben Eleonora stand.
Sie konnte das Zittern ihrer Hände nicht verbergen und wandte sich hastig ab, als alle Augen sich auf sie richteten. Wut mischte sich in die Angst, die sie empfand.
Konnte es wirklich stimmen, was Nina ihr gerade gesagt hatte?
»Eleonora?« Lucius legte seine Hand auf ihre Schulter. »Was ist los?«
»Nina«, hauchte Eleonora, als auch Sarina und Seratus neben sie traten, und erzählte von dem Gespräch, das offensichtlich nur in ihrem Kopf stattgefunden hatte.
»Lumeno soll fallen?« Lucius strich sich nachdenklich über das Kinn. »Aber wieso warnt Nina dich dann? Das kann doch nur eine Falle sein.«
»Ich frage mich viel eher, wofür der Schatten das Amulett will«, überlegte Sarina laut und betrachtete das Schmuckstück, das sich in Eleonoras Händen immer noch warm anfühlte. »Er kann es nicht verwenden. Niemand kann das, außer dir.«
»Was meinst du?«, hakte Eleonora nach.
In dem Moment kräuselte sich die silberne Oberfläche des Portals erneut, diesmal trat jedoch der Älteste Lamir mit einigen weiteren Lunara heraus.
»Entschuldigt, dass es so lange gedauert hat.« Der Älteste zupfte an seinem Gewand und räusperte sich. »Der Rat hat entschieden, euch zu helfen. Wir sind nur die Vorhut, der Rest wird bald folgen.«
Sein Blick glitt über die Lunara, die immer noch im Hof standen und warteten. Eleonora meinte, Enttäuschung darin zu erkennen.
»Wie viele Lunara leben noch in dieser Welt?«, fragte Lamir nach einiger Zeit.
»Das sind alle«, erwiderte Sarina. »Deswegen haben wir euch um Hilfe gebeten.«
Lamir nickte. »Dann ist es wahr, die Zeit der Lunara neigt sich dem Ende zu. In dieser wie in unserer Welt.« Er schüttelte den Kopf, als wollte er damit jede Frage unterbinden. »Später. Dafür haben wir später Zeit. Wo sind die Auronen?«
»Die … Auronen?« Sarina sah den Ältesten verständnislos an.
»Die magischen Linien werden von uns gereinigt, aber die Auronen müssen ihre Sonnenkräfte nutzen, um sie erneut mit Magie zu fluten. Wir nutzen dafür die nächste Morgendämmerung, da in dieser Zeit die Kräfte des Mondes noch ausreichend Stärke besitzen, um uns zu unterstützen, die Macht der Sonne aber schon genug Kraft hat, um die Auronen zu stärken.« Er blickte sich noch einmal um. »Also, wo sind die Auronen?«
Eleonora schluckte und suchte den Hof nach Dano ab, der auf der untersten Stufe zum Schloss kauerte. Selbst wenn Lordor bei Bewusstsein wäre, gab es im besten Fall drei Auronen, die ihre Magie hier wirken konnten.
»Wir wussten nicht, dass die Auronen benötigt werden«, warf Seratus ein und wandte sich Hektor zu. »Wusstest du davon?«
Der Lunara schüttelte den Kopf. »Nein, ich dachte … es wären nur die Heiler nötig, um die Linien zu retten.«
»Nun, um sie zu reinigen, ja«, meinte Lamir. »Aber ihr wollt, dass sie wieder Magie führen, oder?«
»Aber … was sollen wir jetzt machen?« Eleonora sah verzweifelt zu Lucius, der sich wieder über das Kinn rieb.
»Ich fürchte, wir werden die Auronen früher suchen müssen, als ich gedacht habe«, sagte Sarina. »Es wäre mir lieber gewesen, wir hätten erst aufbrechen müssen, nachdem wir die Linien geheilt haben, aber es gibt wohl keinen anderen Weg.«
»Dann los«, forderte Seratus. »Wir brechen sofort auf und durchsuchen die Wüste. Irgendwo muss es Hinweise auf ihren Verbleib geben.«
Der Magierkönig wollte gerade Befehle erteilen, als ein Flügelpferd am Horizont erschien und so schnell im Hof landete, dass es durch den Schnee kaum zu stehen kam, bevor es ins Schloss krachte. Cerim und Daphne, die in Danos Nähe standen, rissen ihn von der Treppe weg, wo das Pferd strauchelnd anhielt, ehe sein Reiter um Atem ringend absprang.
»Mein König«, brachte er keuchend hervor. »Lumeno, es …«
Ein eiskalter Schauer lief Eleonora über den Rücken, bevor der Bote seine Nachricht überbringen konnte. Sie musste die Worte nicht hören, um zu wissen, dass Lumeno angegriffen wurde. Genau wie Nina es angekündigt hatte.
Kapitel 8
»Wie schlimm ist es?«, fragte Seratus, nachdem sich die dunklen Holztüren der Bibliothek geschlossen hatten.
Der Magierkönig wollte keine Panik aufkommen lassen und hatte sich deswegen mit wenigen Lunara, Magiern und Elfen zurückgezogen, um die schlechten Neuigkeiten aus Lumeno zu besprechen. Neben Sarina hatte Lamir darum gebeten, der Besprechung beiwohnen zu dürfen, und Wyn mitgenommen, der jedoch nur mit verschränkten Armen neben seinem Ältesten stand. Von den Elfen befanden sich Eleonoras Tante Ariane, die hiergeblieben war, um ihre Schwester Athela zu unterstützen, nachdem die Lunara das Meer verlassen hatten, und Elena, die Fürstin von Dragonis, im Raum. Dano saß auf einem Stuhl, die Ellbogen auf seine Knie gestützt und die Hände an den Ohren, als würde er die Stimmen der Anwesenden nicht ertragen.
Eleonora war froh, ihre Freunde an ihrer Seite zu haben. Neben Daphne, Cerim und Lucius hatte sie auch Hektor gebeten, sie zu begleiten.
»Schlimm, Hoheit«, erklärte der Bote, nachdem er einen Kelch Wasser geleert hatte. »An mehreren Orten sind vom Schatten besessene Wesen aufgetaucht. Sie haben Gebäude angegriffen, die auf magischen Linien errichtet wurden. Wen auch immer sie mit ihren Klauen berühren, verwandelt sich in schwarzen Stein. Unsere Magie kommt gegen die ihre nicht an.«
»Was ist mit dem Königshof?«
Seratus stützte sich auf dem schweren Holztisch aus Eichenholz ab, in den die Wappen Dutzender Völker eingeritzt waren. Eleonora vermutete, dass früher Versammlungen daran stattgefunden hatten.
»Die Magier des Rates haben ihn mit einer Barriere gesichert. Sie wissen aber nicht, wie lange sie diese halten können.«
»Wenn das Schloss fällt, wird er den Knotenpunkt zerstören, mit dem die Wächter des Schattenkristalls versorgt werden«, warf Sarina leise ein.
»Das weiß ich«, erwiderte Seratus und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Die Frage ist nur, wie wir diesen Angriff aufhalten, wenn unsere Magie versiegt und die Linien ohne die Hilfe der Auronen nicht gerettet werden können.«
»Der Schatten besitzt den Mondstein«, flüsterte die Göttin Eleonora ins Ohr. »Nur mit seiner Magie kann er die Barrieren der Magier durchbrechen. Ohne ihn wird ihm das nicht gelingen.«
»Der Mondstein«, sagte Eleonora laut und wiederholte, was die Lunaragöttin ihr gesagt hatte.
»Du denkst, Nina hat ihn diesem Wesen gegeben?«, wollte Seratus wissen.
»Ich glaube vielmehr, dass sie selbst den Angriff anführt«, erwiderte Eleonora. »Immerhin hat sie mir angekündigt, dass Lumeno fallen wird.«
»Dann sollten wir ihr den Stein abnehmen«, meinte Lamir. »Ein Lunara kann den Stein fühlen, wenn er in der Nähe ist. Wenn die Magier und Elfen uns unterstützen, sollte es uns gelingen, ihn zu finden und diesem Mädchen zu entreißen.«
Seratus verschränkte die Arme und wandte sich wieder an den Boten. »Du musst aufbrechen und Nachricht nach Eirini schicken«, sagte er.
Dort befand sich die Akademie der Magie. Valeria, die Direktorin, war erst vorgestern dorthin aufgebrochen, um den wichtigen Knotenpunkt zu überwachen.
»Valeria muss vorgewarnt werden. Es wäre möglich, dass der Schatten auch dort angreift«, fuhr Seratus fort. »Wir müssen diesen Knotenpunkt um jeden Preis verteidigen.«
»Was ist mit den Linien?«, warf Sarina ein. »Ihr sprecht nur davon, dass ihr die Knotenpunkte beschützen wollt. Aber das eigentliche Problem ist unsere schwache Magie.«
»Ich schlage vor, dass unser Licht die Auronen sucht«, meinte Lamir und nickte