Die Weltportale (Band 3). B. E. Pfeiffer

Die Weltportale (Band 3) - B. E. Pfeiffer


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Farbe hatten, stieß noch einmal den Atem aus. »Wie, wenn ich fragen darf? Wir haben alles versucht, aber ohne eine Priesterin scheint es unmöglich, das Portal zu finden.«

      Der Blick des Magierkönigs fiel auf Eleonoras Amulett, das stärker leuchtete. Seine Mundwinkel zuckten.

      »Ich verstehe. Du wirst dein Licht nutzen.«

      Eleonora wollte widersprechen, ließ es dann aber. Sie war sich nicht sicher, ob Seratus ihr glauben würde, dass sie mit einer vermeintlichen Göttin sprach.

      »Dann bitte, versuch dein Glück. Wenn du das Portal nicht findest, wird es wohl niemandem gelingen, denn mir gehen die Ideen aus«, gab Seratus zu.

      Der Magierkönig trat zur Seite und ließ Eleonora vorbei. Sie schritt neben Sarina und Lucius auf die Mitte des Platzes. Die Lunara, die nach dem Kampf gegen den Schatten und dem beschwerlichen Aufstieg ihrer Insel verloren wirkten, hielten in ihren Beschwörungen inne, um das Portal sichtbar zu machen, und beobachteten sie.

      Abgesehen von Hektor wagte es aber keiner, näher zu kommen. Der Lunara verneigte sich vor Eleonora, bevor er an ihre Seite trat. Er hatte ihr auf der Insel der Lunara geholfen und war ihr beigestanden. Seine Mutter Merana und Sarina waren Schwestern gewesen. Eleonora vertraute ihm, vor allem seit sie sich nach den Verlusten, die sie beide erleiden mussten, gegenseitig Trost geschenkt hatten.

      »Wie willst du das Portal finden?«, fragte er leise, als Eleonora ihre Kreise im Hof zog.

      Schweigend deutete sie auf ihr Amulett und Hektor nickte.

      Eleonora schloss die Augen und lauschte der Stimme, die sie leitete. Ein Klingeln mischte sich hinzu und sie wusste, dass ihr eigenes Licht erwachte. Sie hatte es seit dem Aufstieg zwar gespürt, nachdem sie von der Magie fast verschlungen worden war, die durch ihren Körper floss, um die Insel zu heben, aber es nicht mehr einsetzen können. Doch jetzt erstrahlte es und führte sie.

      Ihre Hände zitterten, als das Geräusch plötzlich anschwoll. »Genau hier«, flüsterte ihr die Stimme zu.

      Eleonora öffnete ihre Lider und blickte auf den sandigen Boden. Die Erde pulsierte unter ihr und sie ging in die Knie. Dies war kein gewöhnlicher Knotenpunkt der magischen Linien. Eine andere, uralte Magie wirkte genau an dieser Stelle.

      Sarina und Lucius knieten sich neben ihr hin und ihre Großmutter berührte das schwache Glimmen, das mit einem Mal durch die Erde drang. Die Lunara nickte. »Ich denke, du bist fündig geworden«, verkündete sie. »Berühre es und es wird sich offenbaren.«

      Eleonora holte tief Luft und führte eine Hand zu dem zarten Licht. Kaum hatte sie ihre Fingerspitzen daraufgelegt, schwoll es an und Linien brachen durch die Erde hindurch, hoben sich hell leuchtend von der Dunkelheit ab.

      Die Lunara keuchten, als die Linien fast den gesamten Schlosshof durchquerten und dabei Muster bildeten, die Eleonora noch nie gesehen hatte. Nachdem ein gewaltiger Kreis mit Zeichen entstanden war, erlosch das Licht.

      Eleonora war sich nicht sicher, ob die Magie versagt hatte, als der Boden zu ihren Füßen zu beben begann. Lucius reagierte schnell, fasste ihre Oberarme und zog sie mit sich fort, brachte sie gerade noch in Sicherheit, bevor die Erde sich erhob und Stück für Stück ein Gebilde aus Silber freigab.

      Lucius murmelte Worte, die sie nicht verstand, als ein Bogen, höher als das Schloss, sich gegen den Nachthimmel abzeichnete. Immer noch bebte der Boden, aber Eleonoras Neugierde war stärker als ihre Furcht. Während sich Symbole am Rahmen des Bogens formten, der sie an einen Spiegel ohne Glas erinnerte, schritt sie um das Tor herum, betrachtete es von allen Seiten und fragte sich, ob es tatsächlich das Portal war, nach dem sie gesucht hatten.

      Sie warf ihrer Großmutter einen zweifelnden Blick zu. »Wieso öffnet es sich nicht?«

      Sarina zuckte mit den Schultern. »Die Zeichen darauf stammen von den Clavema, einem alten Volk, das einst die Schlösser für die Portale erschuf. Wie es scheint, haben sie diesen Durchgang versiegelt.«

      »Und wie öffnen wir ihn?«, fragte Lucius, der Eleonora nicht aus den Augen ließ.

      »Das gilt es, herauszufinden«, meinte Sarina ernst. »Wir sollten deinen Großvater holen. Vielleicht weiß er etwas. Die Hüter der Auronen sammelten das Wissen. Wir können nur hoffen, dass er sich an die Magie erinnert.«

      Dano hatte die Arme um seinen Körper geschlungen und zitterte. Sarina stützte ihn während der wenigen Schritte, die er brauchte, um das Portal von der Treppe aus zu erreichen.

      Eleonora betrachtete ihren Großvater besorgt. Seit zwei Tagen lag er mit offenen Augen auf seinem Bett und verließ es nicht. Er hatte kaum mit ihr gesprochen, als sie sich zu ihm gesetzt hatte. Äußerlich schien er unverändert zu sein, aber was in ihm vorging, konnte sie nicht ahnen.

      Er hatte seine Unsterblichkeit geopfert, um Lordor, seinen Sohn, zu retten. Es musste für ihn schwer sein, mit dieser Veränderung umzugehen. Sie fragte sich, ob der Aurone jemals damit zurechtkommen würde.

      Hinter Dano erschienen Eleonoras Freunde Daphne und Cerim. Sie hatte darum gebeten, auch sie zu wecken, denn sie wollte die beiden bei sich haben.

      »Ich dachte, die Portale würden wie Türen aussehen.«

      Daphne gähnte und zog ihren Umhang fester um sich. Sie hatte ihre Haare auf seltsam anmutende Rollen aufgedreht, die an ihrem Kopf befestigt waren. Eleonora hatte sie oft so gesehen, weil Daphne behauptete, ihre Haare würden dann morgens schöner fallen. Offenbar hatte sie keine Zeit gehabt, sich zu frisieren, wie sie es für gewöhnlich tat.

      Cerim hatte einen Arm um sie gelegt und schwieg wie immer. Seine grauen Haare standen in alle Himmelsrichtungen ab, während seine hellgrauen Augen das Portal betrachteten.

      »Portale gibt es in allen Formen und Größen«, belehrte Seratus sie. »Solange sie nicht geöffnet sind, können sie ihre Position verändern, wenn sie nicht verankert wurden wie dieses. Wenn sie geöffnet werden, erstrahlen sie in hellem Licht, sind unbeweglich und führen in die andere Welt.«

      »Es sei denn, die Lunara haben sie von ihrer Seite aus verschlossen«, warf Lucius ein. »In dem Fall werden wir wohl gegen eine Wand laufen, wenn wir hindurchgehen.«

      Sarina schüttelte den Kopf. »Die Clavema haben die Portale auf Seiten dieser Welt verschlossen. Den Lunara fehlt die Magie, um ein Siegel auf ihrer Seite anzubringen. Keine Clavema wäre mit ihnen gegangen, denn dieses Volk kann im Eis der Lunara-Welt nicht überleben.« Sie wandte sich Dano zu, der reglos neben ihr stand und das Muster des Portals zu studieren schien. »Was meinst du, wie brechen wir das Siegel?«

      Dano sah sie einen Moment lang an, dann schüttelte er den Kopf, als wollte er ihr damit zeigen, dass er nicht sprechen würde.

      »Bitte, Großvater, wir müssen dieses Portal öffnen«, bat Eleonora eindringlich. »Wenn du etwas weißt …«

      Dano hob zittrig eine Hand und ließ sie gleich wieder sinken. Er schüttelte erneut den Kopf und ließ sich kraftlos auf die Knie fallen. »Ich weiß nichts«, krächzte er und vergrub seine Finger tief im Sand. »Es ist, als hätte ich alles vergessen. Vergebt mir.«

      Eleonora ging neben ihm ebenfalls in die Knie und legte ihre Arme um ihn. »Es ist gut. Wir finden eine andere Möglichkeit.«

      Sie gab sich Mühe, ihre Enttäuschung zu verbergen, aber sie wusste, dass ihr Großvater im Augenblick nicht er selbst war.

      Die Sonne erhob sich gerade hinter dem Meer und tauchte den silbernen Rahmen in ihr oranges Licht. Niemand sprach ein Wort, bis Sarina sich an die verbliebenen Ratsmitglieder wandte. Vier von ihnen hatten den Kampf gegen den Schatten überlebt, darunter Morgana, die eine Heilerin unter den Lunara war.

      »Morgana, Ihr seid doch in der Lage, die Magie der Linien zu lenken. Die Portale können nicht ohne die Linien bestehen. Wissen die Heiler etwas darüber, wie man das Siegel brechen kann?«, wollte Sarina wissen.

      »Dieses Wissen war nur den Priesterinnen und Beschützern vorbehalten.«


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