Die Weltportale (Band 3). B. E. Pfeiffer

Die Weltportale (Band 3) - B. E. Pfeiffer


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der anderen Seite des Portals nicht zu Hilfe kamen.

      »Meine Kräfte sind zu schwach«, raunte Sarina ihrer Enkeltochter zu. »Ich brauche deine Magie. Denkst du, du kannst mir helfen und mir dein Licht borgen?«

      »Ich werde es versuchen«, raunte Eleonora zurück und schloss ihre Augen.

      Es war so leicht geworden, ihr Licht zu finden. Selbst nachdem sie unter dem Entzug der kraftvollen Magie, die sie gelenkt hatte, um die Insel zu heben, keine Zauber wirken konnte, war ihr Licht immer irgendwie da gewesen.

      Das vertraute Klingeln schwoll an und als Eleonora die Lider öffnete, erstrahlte der Mondstein auf Sarinas Zepter in hellem Gold. Die Lunara murmelte die Zauberworte erst leise und berührte ein Symbol auf dem Rahmen, das ebenfalls zu leuchten begann. Sarina drehte sich, sprach die nächsten Worte lauter und ein weiteres Symbol erstrahlte.

      Die Sonnenstrahlen berührten das Metall des Rahmens, der jetzt zu vibrieren begann, während ein Symbol nach dem anderen aufleuchtete.

      Eleonora wusste aus irgendeinem Grund, dass nur noch ein Symbol fehlte, um das Siegel zu brechen. Sie konzentrierte sich auf ihr Licht und beobachtete ihre Großmutter, welche die Worte nun fast brüllte und sich auf das nächste Zeichen zubewegte.

      Der Mondstein berührte es beinahe, als ein gewaltiger Donner erklang und sie alle von den Füßen riss.

      Es dauerte einige Augenblicke, bis Eleonora wieder etwas erkennen konnte. Die Druckwelle des Donners klang noch immer in ihren Ohren und das grelle Licht, das danach aufgelodert war und sie geblendet hatte, brannte in ihren Augen.

      Lucius hatte sich auf die Beine gekämpft und war zu ihr gelaufen. »Geht es dir gut?«, fragte er mit Sorge in der Stimme.

      Sie hörte es kaum, doch sie nickte. »Was war das?«, brüllte sie, weil sie nicht sicher war, wie gut er sie verstehen konnte.

      Der Ritter sah sich um und richtete sich zur vollen Körpergröße auf. Eleonora folgte seinem Blick und hielt den Atem an.

      Sarina lag auf dem Rücken und ein Wesen, das wie ein zu klein geratener Drache aussah, saß auf ihrer Brust und hielt ihr die Spitze eines Schwertes an die Kehle.

      Eleonora hob ihre Hand und stellte sich ein Seil aus Licht vor, mit dem sie das Wesen einfangen und von ihrer Großmutter herabziehen wollte. Als sie es zwischen ihren Fingern fühlen konnte, ließ sie es los und es flog auf die Kreatur zu. Doch noch bevor es in deren Nähe kam, sprang das Wesen hoch, drehte sich in der Luft und brachte ein Bein nach vorn. Eleonora wusste nicht, wie ihr geschah, als der Drache plötzlich auf ihrer Brust saß und ihr die Klinge unter die Nase hielt.

      Lucius zog sein Schwert, aber das Wesen hob eine Hand und der Ritter erstarrte in seiner Bewegung, als wäre er zu Stein geworden.

      Panik erfasste Eleonora. »Tu ihm nichts, bitte«, flehte sie.

      Das Wesen legte den Kopf schief. Seine dunklen Augen funkelten wie flüssiger Bernstein. Es blinzelte nicht, ganz gleich, wie lange Eleonora es anstarrte. Seine Haut war schuppig und trocken. Hätte es Flügel gehabt, hätte Eleonora es tatsächlich für einen Drachen mit viel zu kurzer Schnauze halten können. Das Gesicht des Wesens erinnerte sie mehr an eine Katze als an einen Drachen. Eine ziemlich schuppige Katze.

      »Wer bist du?«, fragte Eleonora mit fester Stimme. »Und wieso hast du uns angegriffen?«

      Sie blickte ängstlich zu Lucius, der sich immer noch nicht rührte.

      Das Wesen drehte seinen Kopf in die andere Richtung. Eleonora fragte sich, warum es überhaupt ein Schwert benutzte. Die Krallen an den drei Fingern seiner Klaue waren so scharf, dass es damit vermutlich Stein zerteilen konnte. Erst jetzt fiel ihr auf, dass es in der zweiten Hand einen Hammer hielt. Wollte es jemandem den Schädel spalten?

      »Viel wichtiger ist die Frage, wer du bist«, entgegnete das Wesen mit kratziger Stimme.

      »Ich bin Eleonora aus dem Haus Etoille«, erwiderte das Mädchen und betrachtete das Geschöpf genauer. Beim Reden hatte es scharfe Zähne entblößt und eine purpurne Zunge hatte bei jedem Wort gezischt. Es trug einen Gürtel um die Hüfte, wobei Eleonora nicht sicher war, ob es für gewöhnlich auf zwei oder vier Beinen lief. Falls sich das Wesen auf vier Beinen fortbewegte, war der Gürtel wohl hinderlich. Aber es schien Werkzeuge daran zu befestigen, zumindest erkannte Eleonora Nägel und ihr Angreifer hielt ein Schwert und einen Hammer in seinen Klauen.

      Die Kreatur starrte sie immer noch an und sagte nichts.

      »Ich habe dir gesagt, wer ich bin, jetzt bist du an der Reihe«, forderte Eleonora das Wesen auf, das jetzt doch blinzelte.

      Es ließ den Hammer sinken und trat einen Schritt zurück. »Warum willst du das Portal öffnen?«, fragte es, anstatt eine Antwort zu geben, und deutete auf den Rahmen, vor dem sie lagen.

      »Das sage ich dir, wenn du mir endlich verrätst, wer du bist.«

      Die Kreatur fauchte und entblößte ihre spitzen Zähne. »Ich antworte, wann es mir passt! Denkst du, du könntest mir Befehle erteilen?«

      Das Wesen sprang von Eleonora herunter, lief auf das Portal zu und schlug mit seinem Hammer darauf. Helles Licht blendete Eleonora, die schützend ihren Arm vor Augen hielt und den Kopf zur Seite drehte.

      Nachdem die Helligkeit abgeklungen war, blickte sie zu Lucius. Seine Gesichtszüge waren immer noch eingefroren. Sie wollte nach Sarina sehen, doch da bemerkte sie es: Niemand außer ihr und dem kleinen Wesen rührte sich.

      »Was hast du mit meinen Freunden gemacht?«, keuchte Eleonora und kämpfte sich auf die Knie. Ihr Körper fühlte sich schwerfällig an. Ob es daran lag, dass sie Magie genutzt und nun keine Kraft mehr hatte?

      »Nichts«, knurrte das seltsame Tier und zuckte mit den Schultern. »Ich habe die Zeit für sie angehalten. Für euch alle, aber bei einem Hybrid wie dir aus mehr als zwei Völkern scheint meine Magie nicht zu wirken.«

      »Hybrid?« Bei dem Wort musste Eleonora schmunzeln, weil es zu komisch klang. »Ich habe einige Namen bekommen, aber das klingt … seltsam.«

      Das Wesen ging nicht darauf ein, sondern baute sich vor ihr auf. Da Eleonora immer noch auf allen vieren hockte, waren ihre Augen auf derselben Höhe. Die Dunkelheit der Iriden ließ sie schauern. Sie wusste noch immer nicht, ob dieses Geschöpf ihr wohlgesonnen oder doch mit dem Schatten verbündet war.

      »Ich spüre alle vier erdfremden Völker in dir. So etwas habe ich noch nie gesehen«, meinte das Wesen nachdenklich, bevor es sein Schwert wieder hob. »Sag mir, Eleonora aus dem Haus Etoille, warum willst du das Portal der Lunara öffnen?«

      Eleonora warf einen Blick zu Sarina und Lucius, bevor sie tief einatmete und versuchte, nicht auf die Schwertspitze vor ihrer Nase zu starren. »Die magischen Linien wurden beschädigt und scheinen zu erlöschen. Die Lunara, die noch in dieser Welt leben, sind zu wenige und zu schwach, um sie allein zu retten. Deswegen benötigen wir die Hilfe aus der Heimat der Lunara.«

      Die Kreatur neigte den Kopf, als prüfe es etwas in Eleonoras Gesicht. »Ich fühle keine Lüge an dir, aber dennoch glaube ich dir nicht. Die Lunara benötigen nur den Mondstein, um die magischen Linien zu heilen. Das sollten sie wissen und du damit auch. Immerhin stammst du von ihnen ab.«

      Eleonora stieß den Atem aus. »Ich weiß erst seit etwa vier Monden, dass ich von mehr als zwei Völkern abstamme«, erwiderte sie. »Abgesehen davon ist es dem Schatten gelungen, den Stein zu stehlen, als wir die Insel der Lunara aus dem Meer gehoben haben.«

      Das Wesen bleckte die Zähne und ließ den Hammer auf den Boden donnern. Eine Druckwelle blies Staub und winzige Gesteinsbrocken in Eleonoras Gesicht, während grelles Licht in ihren Augen brannte. »Dann solltet ihr das Portal erst recht nicht öffnen!«, fauchte das drachenähnliche Geschöpf. »Ihr Narren! Wenn der Schatten frei ist und den Mondstein hat, wird er diese Welt ebenso verdunkeln wie jene der Lunara!«

      »Er ist nicht frei«, rechtfertigte Eleonora sich. »Er hat einen Splitter geschickt. Und meine Freundin in die Dunkelheit gestürzt, damit sie ihm hilft.« Sie schluckte die Tränen


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