Eisejuaz. Sara Gallardo
Seite vom Bahngleis, und auf den Augenblick hab ich gewartet, den der Herr mir verkündet hat. Auf den hab ich gewartet, der zu mir gesandt werden sollte.
Paqui, in seiner Ecke:
»He, sag mal, wozu hast du mich hergebracht?«
Das Feuer hatte die Kleider noch nicht getrocknet. Ich hab ihm Zeitung unter den Leib geschoben und Zeitung auf ihn draufgelegt. ›Hab ich den nicht schon mal irgendwo gesehen?‹
»Was kannst du bewegen? Die Hände, die Beine, na sag schon: Was?«
Und er hat zu schreien begonnen:
»Hier bleib ich nicht, nein, hier bleib ich nicht, nein. Nicht hier.«
Ich hab ihm die Suppe gegeben und die Kleider in der Sonne gewendet. Und er hat geschrien:
»Du weißt ja nicht, du wildes Tier, wer ich bin.«
Da hab ich die Kleider in den Wind gehängt und bin ins Dorf gegangen.
An der Tür vom Hotel, Doña Eulalia. »Du Undankbarer«, hat sie gesagt. Ich hab sie begrüßt.
»Gestern war dein Geburtstag. Hast du denn daran gedacht?«
Ich hatte nicht daran gedacht.
»Fünfzehn bist du an dem Tag geworden, als ich dich im Hotel bei mir aufnahm. Fünfunddreißig bist du gestern geworden. Die Zeit vergeht.«
»Wir aus den Bergen, wir feiern Geburtstage nicht.«
Und sie hat gesagt:
»Sei nicht so grob, mein Sohn, immer schön dankbar soll man sein.«
Da hab ich gewusst, dass Paqui der ist, den der Herr mir gesandt hat, der, den ich erwarte, und dass ich ihn als meinen ansehen kann. Und ich habe gesagt:
»Zu der Zeit hat das zweite Stück begonnen, von meinem Weg, Señora. Und heute hat das letzte begonnen.«
Doña Eulalia hat gesagt, ich bin unverbesserlich.
»Du reichst bis zum Türstock und bist breit wie ein Pferd, armer Lisandro. Die Zeit vergeht. Hier, sieh mich an, alt und hinfällig bin ich. Doch der heilige Josef, der keusche Hirte, verlässt seine Schafe nicht.«
Ich hab gesagt: »Auf Wiedersehen.« Und Doña Eulalia: ob ich wieder im Sägewerk arbeite, ob ich wieder Maschinist bin, ob ich eine andere Arbeit mache. »Nein, nicht mehr.« »Es ist nicht schön, Lisandro, wenn man ein Faulpelz ist. Du bist ein guter Arbeiter gewesen.« Aber ich bin weiter, und als ich allein war, da hab ich zum Herrn gesagt: »Es ist der, den du gesandt hast, der, den du angekündigt hast. Gut. Ich halte Wort. So sei es.«
Ich bin durch den Wald zum Fluss, damit ich niemand begegne, keinen Leuten und auch keinen Lastwagen, und dort hab ich die Arme erhoben. Ich hab den Fluss begrüßt, weil er ein Bruder des Pilcomayo ist, und die Trauer hat mich zu Boden geworfen. Ich hab zum Herrn gesagt: »Woher hast du den, so schlecht wie er ist?« Wegen Paqui hab ich so geredet. »Wie hast du dir das gedacht? Ging es nicht anders? Warum löst du so dein Versprechen ein?«
Ich hab geweint. »Ging es nicht anders?«
Ich hab mir an die Stirn geschlagen und gerufen:
»Ging es nicht anders?«
Der Herr hat über dem Fluss geglänzt, aber er hat nicht zu mir gesprochen, den Bergwald hat er bewegt, aber zu mir hat er nicht gesprochen.
»Hier ist Eisejuaz, Dieser Hier Auch, dein Diener. Sprichst du nicht mehr zu ihm? Das letzte Stück von seinem Weg hat begonnen, und du sprichst nicht mehr zu ihm? Aber Eisejuaz, Dieser Hier Auch, der wurde von deiner Hand gekauft. Beim Gläserspülen im Hotel, da hat er dein Wort gehört.«
So hab ich geweint. Und der Herr hat den Bergwald bewegt, und zugelächelt hat er mir auch.
Und ich bin ins Dorf zurück, ohne mir die Tränen abzuwischen.
Die Lastwagen sind an mir vorbei, sie haben Bretter nach Salta gebracht. »Wo ist denn dein Fahrrad, Vega?« Ich hab zum Abschied gewunken. »Das letzte Stück hat begonnen«, wollte ich sagen. Ich bin weitergegangen, und meine Schuhe sind vom Staub ganz weiß geworden.
Lauter Fliegen und der Geruch nach Paqui sind aus meiner Haustür gekommen. Aber es war nicht mehr die Tür von meinem Haus, es war die Tür von dem Haus von uns beiden. Ohne ein Wort hab ich die schmutzigen Zeitungen weg, hab Wasser über Paqui gekippt, mit Gras und Papier hab ich ihn getrocknet, ihm den Rest von dem Fisch gegeben, das Ende, das letzte Stück, das noch da war. Und dann war kein Fisch mehr da. Wieder hat er geschrien:
»Hier bleib ich nicht, nein, nicht hier. Du weißt ja nicht mal, wer ich bin.«
Ich hab draußen gegessen, vor dem Haus, eine Kartoffel, die ich noch hatte, und nachgedacht hab ich. Draußen vor dem Haus hab ich nachgedacht: ›Jetzt heißt’s arbeiten, Eisejuaz, für Essen sorgen, sich kümmern heißt’s jetzt.‹
Und dann bin ich aufgestanden.
»Wie heißt du?«
Er hat die Augen zugemacht.
»Wie heißt du?«
Er hat zu schreien angefangen:
»Hier bleib ich nicht, nein, hier nicht! Hier bleib ich nicht, nein, nicht hier!«
Ich hab die Hängematte geholt, sie über ihn geworfen, schmutzig wie sie war, und mir den Paqui auf den Rücken geladen.
Am Rand der Schlucht hab ich ihn auf den Boden gelegt.
»He, hilf mir, Spinner. Helft mir, lasst mich nicht sterben!«
Ich hab ihn liegenlassen, obwohl schon die Nacht kam.
Mauricia ist gekommen, und ich war zu Haus.
»Mauricia, was machst denn du hier?«
»Das weißt du. Du weißt doch, was ich hier mache.«
Genau wie ihre Schwester, dass es dir das Herz aufwühlt. So schön, dass es dir das Herz aufwühlt.
»Geh schon, verschwinde, dein Mann bringt dich um.«
»Hast du früher gesagt, dein Mann bringt dich um? Der Herr Pfarrer sagt, du sollst kommen. Er schickt mich.«
»Nichts schickt er dich, los, verschwinde. Ich sag es nicht zweimal.«
Da hat sich Mauricia auf den Boden gelegt, auf den Boden, genauso wie früher. Ich bin aus dem Haus und hab ihr gesagt:
»Verschwinde.«
Sie wollte mir das Gesicht zerkratzen. Da hab ich gesagt:
»Das letzte Stück von meinem Weg hat begonnen. Der, auf den ich gewartet hab, ist da.«
Sie: »Das wird dir noch leidtun.«
Sie hatte das Gesicht ihrer Schwester, und mein Herz hat sie aufgewühlt, denn ihre Schwester war meine Frau und meine Gefährtin und wusste über alles viel besser Bescheid. Aber auch das war vorbei. Und Mauricia, die Schöne, war immer neidisch auf uns gewesen.
Als es Nacht war, bin ich zur Schlucht. Und ich hab mich gesetzt, um zu hören, was dieser Paqui so allein für sich spricht, bis Mitternacht hab ich ihm zugehört, aber verstanden habe ich nichts. Besser so, nichts als Bosheiten sind aus seinem Mund gekommen. Und dann hat er mich gesehen, denn der Mond war aufgegangen. Und da hat er geschrien:
»Schon wieder!«
Nichts hab ich gesagt.
»Ich hab Hunger! Mir ist kalt!«
Nichts hab ich geredet. Hab ihn angesehen, und gesagt hab ich nichts.
»Also gut, bringt mich um. Bring du mich doch um, du weißt ja nicht mal, wer ich bin.«
»Wie heißt du?«
»Paqui heiß ich.«
»Und was willst du?«
»Sterben will ich.«
»Dann