Verfluchtes Drachenherz. Inka Loreen Minden
Humor.«
Verdammt, sah der Kerl heiß aus. Er hatte wunderbar helle, gerade Zähne und wohlgeformte Lippen, die regelrecht danach schrien, geküsst zu werden!
Fay wandte schnell den Blick ab. »Meinen Humor werde ich bald verlieren, wenn ich nicht endlich etwas finde.«
Stirnrunzelnd sah er zu ihr her. Mist, sie durfte sich nicht verplappern!
»Eine gute Story!«, setzte sie schnell hinzu. »Mein Chef wird mich feuern, wenn ich ihm keinen Artikel liefere. Sie scheinen sich auszukennen, Mister …«
»Nennen Sie mich Loan.« Ohne zu zögern, streckte er ihr die Hand hin. »Loan Balour.«
»Ein interessanter Name.« Sie grinste und reichte ihm ebenfalls die Hand. »Fast ein Zungenbrecher.«
»Sagt … wer?«
Nun lachte Fay, und das letzte bisschen Eis zwischen ihnen war gebrochen. »Entschuldigen Sie, ich heiße Fay Ravenwood.« Ihre Hände wollten nicht mehr auseinanderfinden und sie starrte auf die Stelle, an der sie miteinander verbunden waren. Seine Hand war groß und warm, vielleicht ein bisschen rau, das konnte sie gerade nicht richtig beurteilen. Doch seine Finger wirkten lang und schlank wie die eines Klavierspielers und es wuchsen keine Härchen darauf.
»Fay«, raunte er. »Und woher kommen Sie?«
»Aus London.« Schnell ließ sie ihn los und zückte ihren Block, bevor sie schon wieder ihr Herz an einen unerreichbaren Kerl verlor. Sie stammten aus verschiedenen Welten. Sie war eine Hexe und er nur ein Mensch, der hier mitten im Nirgendwo lebte. Wobei … sie könnte Nicolas fragen, ob er ihr ein Portal hierher öffnen könnte, damit sie die weite Strecke nicht mit dem Auto zurücklegen musste.
Hör auf, schon wieder Pläne zu schmieden!, ermahnte sie sich.
Je älter sie wurde, desto schneller schien sie sich zu verlieben. Wahrscheinlich trieb ihre innere Uhr sie an, die unaufhörlich lauter tickte. Dabei wollte Fay nicht einmal Kinder. Noch nicht. Dazu liebte sie ihre Freiheiten zu sehr. Aber nach einem festen Partner sehnte sie sich dennoch. Was, wenn Loan der Richtige war? Es gab durchaus Beziehungen zwischen »Normalos« und Menschen wie ihr, die funktionierten. »Dann schießen Sie mal los, Sie Drachenexperte.«
»Es heißt, dass in dieser Gegend schon immer Drachen gelebt haben. Große Monster mit Flügelspannweiten, die einem Kleinflugzeug Konkurrenz machen könnten. Sie spuckten Feuer, verwüsteten ganze Landstriche und töteten jeden, der sich ihnen in den Weg stellte.«
Fays Stift schwebte über dem Papier, aber sie machte sich keine Notizen. Seine Schilderungen klangen wie aus einem Fantasyfilm. Kannte Loan die Legende überhaupt? Oder erzählte er ihr einfach bloß eine Geschichte, weil er sie näher kennenlernen wollte? Sie vermutete außerdem, dass er gar nicht von hier stammte. Er besaß einen leichten Akzent, der sich amerikanisch anhörte. Loan verbarg ihn ganz gut, aber hin und wieder schlüpfte ihm die andere Aussprache durch.
»Und diese Menschenfrauen«, fragte sie, wobei sie versuchte, sich ihre Skepsis nicht anmerken zu lassen. »Was passierte mit ihnen?«
»Sie wurden im Unterschlupf des Drachen gefangen gehalten, um das Kind aufzuziehen und zu versorgen.«
»Drachen … waren … Machos«, notierte sie schmunzelnd, wobei sie jedes Wort betonte und aus den Augenwinkeln zu Loan spähte. »Also ganz normale Männer.«
Er grinste erneut wie ein Pirat. »Ganz normale Männer waren sie ganz und gar nicht.«
Sie verkniff sich, zu fragen, ob ein Drache, wenn er sich in seine mythische Gestalt verwandelte, zwei Schwänze hatte, und schlug die Beine übereinander. Wie Loan wohl nackt aussah? Vielleicht bekäme sie seinen Körper in einer Vision zu sehen, wenn sie ihn noch einmal berührte?
»Es waren also keine Gefühle im Spiel? Keine Liebe? Nicht mal körperliche Anziehung?«, fragte sie möglichst kühl, obwohl sie innerlich langsam verglühte. Und nun pochte es auch noch köstlich zwischen ihren Schenkeln. Verdammt!
Loan streckte einen Arm aus, um ihn hinter Fay auf die Lehne der Bank zu legen, sodass sie seine Körperwärme in ihrem Rücken spürte. Der Mann wusste definitiv, wie man eine Frau in Flammen setzte. Und wie gut er roch! Nach einem orientalischen Duft. Womöglich Weihrauch und … Rose?
Ohne den Blick von ihr zu wenden, raunte er: »Drachen haben sich einfach eine Partnerin gesucht, die gesund aussah und in der Blüte ihres Lebens stand. Schließlich musste sie sein Kind bekommen und aufziehen können. Oft haben Drachenmänner aber auch die Jungfrauen genommen, die ihnen geopfert wurden. Falls sich die beiden verliebten, machte das natürlich vieles einfacher.« Er schien ihre Lippen zu fixieren, aber seine Brauen schoben sich leicht zusammen, als würde er über etwas nachdenken. »Die Frau durfte jedoch nie wieder zu ihrer Familie zurückkehren und auch keinen Kontakt zu ihr haben, damit die Geheimnisse der Drachen gewahrt blieben.«
»Welche Geheimnisse?«, hakte Fay nach und schluckte. Wenn sie sich nur ein kleines Stück zu ihm lehnte, würde sie in seinem Arm liegen. Noch ein Stück weiter, und sie könnte ihn küssen. Seine Nähe, sein Duft, ach, seine ganze verdammte Ausstrahlung zog sie magisch an!
»Diese Geheimnisse waren so geheim, dass sie leider nicht überliefert wurden«, murmelte er und hob den Blick, sodass er ihr nun wieder direkt in die Augen sah.
Plötzlich wirkte er für wenige Sekunden einsam und verloren, und hinter seinen dunklen Pupillen schien eine unergründliche Sehnsucht zu flackern. Zudem spürte sie erneut diese seltsame Dunkelheit in ihm.
Fay straffte sich und wollte zurückweichen, aber sie konnte nicht. Die ungewöhnliche Farbe seiner Iris hielt sie gefangen. Um die Pupillen herum erstrahlte sie in einem intensiven Smaragdgrün und ging nach außen in ein warmes Braun über. Wunderschön.
Unwillkürlich stellte sich Fay vor, Loan würde sie kidnappen, mit zu sich nach Hause nehmen und dort auf sehr lustvolle Art und Weise foltern.
Als sie ihre Stimme wieder fand, fragte sie: »Haben die Frauen niemals versucht, zu fliehen?«
»Natürlich«, erwiderte er leicht rau. »Dann musste der Drache sie töten. Oder er hat sie für immer in seiner Behausung weggesperrt.«
Nun wich sie doch ein wenig mit dem Oberkörper zurück. »Wie schrecklich! Das klingt, als seien Drachen brutale Biester ohne Herz gewesen.«
»Vielleicht waren aber auch die Menschen die Biester«, murmelte er, zog seinen Arm von der Lehne und verschränkte beide Arme vor seiner breiten Brust.
»Weil sie die Drachen getötet haben?«
Er warf ihr einen nachtschwarzen Blick zu. »Menschen töten alles, wovor sie Angst haben oder weil sie es nicht kennen.«
Da er plötzlich ungehalten wirkte – und sich seine Aura noch mehr verdüstert zu haben schien – fragte Fay schnell: »Woher wissen Sie so viel über diese Legende, Loan?«
»Ich besitze eine riesige Bibliothek mit uralten Büchern, in denen viele solcher Geschichten stehen.«
Die würde sie zu gerne einmal sehen. Hatte ihre Vision sie vielleicht deshalb in dieses Kaff geführt, damit sie Loan und seine Büchersammlung kennenlernte? Möglichst unschuldig fragte sie: »Machen Sie … Führungen durch Ihre Bibliothek?«
Da grinste er wieder und wackelte mit den Brauen. »Interessieren Sie sich wirklich für alte Bücher, oder …«
»Ja, ich stehe total auf alte Bücher!«, warf sie schnell ein, wobei ihr Gesicht glühte. »Das stimmt!«
Nun mussten sie beide lachen.
Loan wusste gewiss, dass er ihr gefiel, sie sendete schließlich unverkennbare Signale an ihn. Fay musste zugeben, dass er genau ihrem Beuteschema entsprach und sie es liebte, mit ihm hier zu sitzen, zu reden und zu flirten. Vielleicht sollte sie auf diesem Kurs bleiben. Womöglich ergab sich ja eine heiße Affäre, und zusätzlich kam sie bei ihren Nachforschungen weiter. In den letzten Monaten war es auf allen Ebenen überwiegend scheiße für sie gelaufen und der schnucklige Gargoyle Caleb ging auch keinen