Seewölfe - Piraten der Weltmeere 664. Fred McMason

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 664 - Fred McMason


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er Wasser silbrig aufblitzen – eine schier endlose Fläche, die direkt in den Dschungel zu führen schien.

      Die Kugeln schlugen ein. Er hörte es überlaut krachen und bersten. Eine Palme wurde abrasiert wie ein langer Mast, als sei sie mit einem gewaltigen Schiffshauer umgesäbelt worden. Für den Bruchteil einer Sekunde stand sie bewegungslos in der Luft, ehe sie mit Getöse in die Mangroven krachte und alles plattwalzte.

      Schlammsäulen stiegen wie Geisterfinger aus dem morastigen Untergrund, den die Schüsse wild aufwühlten. Luftwurzeln flogen umher.

      Auf der Schebecke zogen sie die Köpfe ein.

      „Feuer!“ schrie Garcia mit sich überschlagender Stimme. Die Durchfahrt war jetzt ganz nahe, und die Seewölfe pullten unverdrossen und kaum sonderlich beeindruckt weiter.

      „Diese Bastarde!“ stöhnte er. In unglücklicher Haltung, mit vorgerecktem Hals, stand er auf dem Achterdeck. Aus seinen Augen sprühten kleine Blitze, die Zunge fuhr nervös über die Lippen hin und her. „Diese Bastarde entwischen noch im letzten Augenblick. Das kann nicht wahr sein.“

      Der Erste Offizier sah den Haß in den Augen seines Capitáns. Er selbst blieb kühl und gelassen, doch der despotische Garcia ereiferte sich immer mehr. Er tat zwei schnelle Schritte nach vorn, als könne er dadurch die Schebecke an ihrer Flucht hindern. Molina fiel auf, daß sogar – seine Hände vor Aufregung zitterten.

      Drei brüllende Abschüsse waren zu hören. Der Qualm drang in einer dichten Wolke bis aufs Oberdeck.

      Garcia wedelte mit der Hand durch die Luft und stürzte ans Schanzkleid. Dann riß er ganz plötzlich die Arme hoch und stieß einen unterdrückten Schrei des Triumphes aus.

      Zwei Kugeln rasten über die Köpfe der Ruderer, die instinktiv das Genick einzogen. Die dritte Kugel traf. Sie schlug ins Schanzkleid ein und ließ einen wilden Splitterregen hochfliegen.

      „Volltreffer!“ brüllte Garcia. „Jetzt ist es aus mit den Bastarden! Sie fahren zur Hölle!“

      „Kein Volltreffer, Capitán“, korrigierte der Erste mit kühler Sachlichkeit. „Es ist nur ein unbedeutender Schaden entstanden.“

      „Wollen Sie mich etwa belehren, Molina?“

      „Ich stelle lediglich eine Tatsache fest, mehr nicht.“

      Garcia winkte ärgerlich ab. Am Schanzkleid drehte er sich um und sah zur „Ghost“ hinüber, während im unteren Batteriedeck zwei schwere Stücke losböllerten.

      „Dieser hirnlose Idiot von einem Engländer!“ tobte er. „Der Kerl ist absolut unfähig zum Handeln. Statt uns zu unterstützen, wie es besprochen war, drückt sich dieser Mensch in einer Ecke herum, wo er absolut nichts zu suchen hat. Sehen Sie sich das mal an!“

      Die „Ghost“ bot einen jämmerlichen Anblick, als sei sie in der Bucht gestrandet. Dadurch, daß sie Heckberührung mit dem Ufer hatte, war sie aus dem Ruder gelaufen. Das Focksegel bewegte sich nicht mehr und hing schlaff von der Rahrute. Das restliche Tuch bewegte sich zwar noch, aber zu leicht, um noch Vortrieb zu erzeugen. Er konnte die „Ghost“ abschreiben, denn die war so gut wie manövrierunfähig.

      Die Rohre brüllten noch einmal auf, aber Treffer waren nicht zu verzeichnen. Die Schüsse lagen zu kurz und schlugen wiederum in die Mangroven ein, die allmählich zu Kleinholz verarbeitet wurden.

      Garcia mußte sich selbst eingestehen, daß er sich den Überfall völlig anders vorgestellt hatte, als er jetzt ablief. Er hatte mit keinen Widrigkeiten gerechnet. Auf gar keinen Fall hatte er miteinkalkuliert, daß es in der Bucht ein Schlupfloch gab, durch das der Seewolf entwischen konnte.

      Es schien so, als habe dieser das Schlupfloch auch erst viel später entdeckt und es vergrößert. Was dahinter lag, das wußte Garcia nicht. Es konnte eine sumpfige Bucht oder ein weiterer Nebenarm des Tapti sein. Er hatte das dumpfe Gefühl, als würde er es auch nie mehr erfahren. Das war so eine dunkle Ahnung tief in seinem Inneren.

      „Der kann uns nicht mehr helfen“, sagte Molina nach einem schnellen Blick und meinte damit Ruthland und seine Männer, die nicht wußten, was sie tun sollten. Die meisten standen an Deck herum und starrten hilflos auf die Planken. Oder sie sahen zur Schebecke, die jetzt mit den Mangroven zu verschmelzen schien.

      Ruthland selbst brüllte zwar Befehle, doch in dem krachenden Donner der Abschüsse verloren sie sich oder wurden nicht verstanden.

      An Bord der Kriegsgaleone ging es noch diszipliniert und relativ ruhig zu. Alle Männer waren auf ihren Posten. Doch das änderte sich von einem Augenblick zum anderen, als auf der Schebecke der Seewölfe etwas Eigenartiges geschah.

      „Was tun die da?“ fragte Garcia seinen Ersten. „Sie rennen auf dem Achterdeck, wie aufgescheuchte Hühner rum. Können Sie etwas erkennen, Molina?“

      Durch den wabernden Rauch, vermischt mit dünnen Nebelschwaden, war nicht viel zu sehen. Wie ein schwacher Schleier hing der Qualm vor der Galeone und trübte den Blick auf das Geschehen.

      Der Erste bemühte sich, etwas zu erkennen. Auf dem Achterdeck der Schebecke kokelte es.

      „Nicht genau, Capitán. Es scheint, als qualme dort etwas stark – oder glimme sogar. Mehr kann ich nicht sehen. Aber etliche Männer haben sich um die Stelle geschart.“

      „Durch unseren Treffer wird ein Feuer ausgebrochen sein“, bemerkte Garcia zufrieden. „Jetzt versuchen sie es zu löschen.“

      Auf der Galeone wurde nachgeladen. Garcia wollte noch eine günstigere Schußposition erreichen, deshalb ließ er das Feuer für einen Augenblick einstellen, obwohl noch etliche Rohre feuerbereit waren.

      Undeutlich sah er, wie auf der Schebecke ein paar Männer eilig auseinandergingen und sich von der glimmenden und qualmenden Stelle in auffallender Hast entfernten.

      Garcia stierte regelrecht zu der Schebecke hinüber. Sein Griff an den etwas faltig wirkenden Hals war typisch für ihn. Das tat er immer, wenn er über etwas im unklaren war. Molina hatte das häufig beobachtet. Es schien eine Geste der Hilflosigkeit zu sein.

      Drüben wurde die Rauchentwicklung stärker. In der Luft lag ein eigentümliches Zischen. Mit fauchenden Geräuschen stieg etwas von dem Achterdeck des englischen Schiffes in den Himmel auf.

      Dieses Etwas knatterte und pfiff und stieß schrille Heultöne aus, die entsetzlich laut über die Bucht hallten.

      Die Spanier starrten wie gebannt nach oben, als das Etwas rasend schnell in die Morgenhimmel stieg. Hinter sich zog es einen leuchtenden und qualmenden Schweif her. Das Ding erreichte eine erstaunliche Höhe, bevor es sich langsam senkte. Es schien jetzt in großer Höhe genau über der Galeone zu schweben.

      Garcia verspürte trotz der morgendlichen Schwüle und Wärme ein Frösteln über seinen Körper laufen.

      Sehr fahrig und mit offenem Mund griff er wieder an seinen Hals.

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